Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
teilten.
    Harry trat von der Leiche zurück, während Sakai und Osito einen schwarzen, schweren Plastiksack mit einem Reißverschluß in der Mitte entfalteten. Als der Leichensack offen war, hoben die Leute des Coroners Meadows an und legten ihn hinein.
    »Sieht aus wie dieser verdammte Rip Van Winkle«, sagte Edgar, als er näher kam.
    Sakai zog den Reißverschluß zu, und Bosch sah, daß ein paar von Meadows’ grauen Locken darin eingeklemmt waren. Meadows wäre es egal. Er hatte Bosch einmal gesagt, eines Tages würde er in einem Leichensack enden. Wie alle anderen auch, sagte er.
    Edgar hielt in einer Hand ein kleines Notizbuch, einen goldenen Füller in der anderen.
    »William Joseph Meadows, 21. 7. 50. Hört sich das gut an, Harry?«
    »Ja, das ist er.«
    »Na, du hattest recht, es gab mehrfach Kontakt. Aber nicht nur Junkiezeugs. Wir haben einen Bankraub, versuchten Raub, Besitz von Heroin. Wir haben Landstreicherei hier oben am Damm vor einem Jahr oder so. Und tatsächlich ein paar Verfahren wegen Drogen. Das eine in Van Nuys, von dem du gesprochen hast. Was war er, dein Informant?«
    »Nein. Hast du eine Adresse?«
    »Wohnt im Valley. Sepulveda, oben bei der Brauerei. Schwierig, in der Gegend ein Haus zu verkaufen. Wenn er also kein Informant war, woher kennst du den Mann?«
    »Ich kannte ihn nicht … jedenfalls nicht in letzter Zeit. Ich kannte ihn in einem anderen Leben.«
    »Was heißt das? Wann kanntest du ihn?«
    »Das letzte Mal hab’ ich Billy Meadows vor gut zwanzig Jahren gesehen. Er war … es war in Saigon.«
    »Tja, das dürfte etwa zwanzig Jahre her sein.« Edgar ging zu den Polaroids hinüber und sah sich die drei Aufnahmen von Billy Meadows’ Gesicht an. »Kanntest du ihn gut?«
    »Eigentlich nicht. So gut wie man jemanden da unten eben kennengelernt hat. Du vertraust den Leuten dein Leben an, und dann ist es vorbei, und du merkst, daß du die meisten von ihnen gar nicht gekannt hast. Ich hab’ ihn kein einziges Mal getroffen, nachdem ich wieder hier war. Letztes Jahr haben wir telefoniert, das war alles.«
    »Wie hast du ihn erkannt?«
    »Hab’ ich zuerst gar nicht. Bis ich die Tätowierung an seinem Arm gesehen habe. Da kam mir das Gesicht bekannt vor. Wahrscheinlich erinnert man sich an Leute wie ihn. Ich jedenfalls.«
    »Wahrscheinlich …«
    Sie ließen das Schweigen etwas wirken. Bosch versuchte, einen Entschluß zu fassen, wie es weitergehen sollte, konnte sich aber nur über den Zufall wundern, daß er an einen Tatort gerufen wurde, an dem er Meadows fand. Edgar störte seine Nachdenklichkeit.
    »Würdest du mir erzählen, was deiner Meinung nach hier faul sein soll? Donovan da drüben sieht aus, als wenn er sich wegen der Arbeit, die du ihm aufhalst, gleich in die Hosen macht.«
    Bosch erzählte Edgar von den Problemen, dem Fehlen erkennbarer Spuren im Rohr, dem Hemd, das über den Kopf gezogen war, dem gebrochenen Finger und daß kein Messer zu finden war.
    »Kein Messer?« sagte sein Partner.
    »Er brauchte irgendwas, um die Dose in zwei Teile zu schneiden, damit er eine Pfanne hatte … falls die Pfanne seine war.«
    »Er könnte sie mitgebracht haben. Möglich, daß jemand drinnen war und das Messer mitgenommen hat, als der Mann schon tot war. Falls da überhaupt ein Messer war.«
    »Ja, könnte sein. Es gibt keine Spuren, die uns irgendwas verraten könnten.«
    »Na ja, aus seiner Akte wissen wir, daß er ein ausgebrannter Junkie war. Als du ihn kanntest, war er da auch so?«
    »Bis zu einem gewissen Grad. Konsument und Verkäufer.«
    »Na, da hast du es doch, Langzeitabhängiger, man kann nie sagen, was sie als nächstes tun, ob sie von dem Scheißzeug loskommen oder wieder anfangen. Das sind Verlorene, Harry.«
    »Aber er war weg davon … wenigstens glaube ich das. Er hat nur einen einzigen frischen Einstich im Arm.«
    »Harry, du hast gesagt, du hast diesen Mann seit Saigon nicht mehr gesehen. Woher willst du wissen, ob er drauf war oder nicht?«
    »Ich hab’ ihn nicht gesehen, aber mit ihm gesprochen. Er hat mich einmal angerufen, irgendwann im letzten Jahr. Juli oder August, glaube ich. Eine Streife hatte ihn wegen seiner Einstichspuren aufgegriffen und nach Van Nuys geschafft. Irgendwoher, vielleicht aus der Zeitung oder so – es war etwa zur selben Zeit wie die Dollmaker-Sache – hat er erfahren, daß ich Bulle bin und rief mich im Morddezernat an. Rief aus dem Van-Nuys-Gefängnis an und fragte, ob ich ihm nicht helfen könnte. Er hätte nur etwa dreißig Tage
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher