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Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Titel: Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)
Autoren: Chris Wooding
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anzügliches
Grinsen legte sich auf seine Züge. »Ich vermisse ihre Lippen. Lisindas Lippen. Weich wie … weich wie Kissen.«
    Auf einmal erhob er sich taumelnd, blieb schwankend stehen und versuchte, seinen Blick scharf zu stellen. »Ich geh pissen«, erklärte er und stolperte durch die Menge von dannen.
    Malvery ließ den Kopf mit einem dumpfen Laut auf den Tisch sinken. »Kann sein, dass ich ihm den Schädel einschlagen muss, wenn er uns weiter mit der verdammten Braut nervt«, sagte er verzweifelt.
    »Nur zu«, sagte Frey ohne große Begeisterung. Er schien sich an diesem Abend für gar nichts begeistern zu können. Nicht einmal für die hübsche Rothaarige, die von ihrem Platz inmitten einer Gruppe von Freunden aus immer wieder zu ihm herüberschaute. Frey kannte diesen Blick. Er hielt sich für einen ziemlichen Experten in Sachen »Gelegenheit macht Liebe«. Aber irgendwie brachte er momentan einfach nicht die Energie auf, sich dafür zu interessieren. Der Alkohol hatte ihn melancholisch gemacht.
    »Glaubt ihr, dass sie überhaupt existiert?«, fuhr Malvery fort. Er trank einen Schluck aus seinem Krug und wischte sich Bierschaum von seinem weißen Schnurrbart. »Ich meine, wie lange ist das jetzt her? Jahre! Jahre, in denen er ständig von seiner verdammten Liebsten gefaselt hat, und das Einzige, was ich jemals von ihr zu sehen bekommen habe, ist diese Ferrotypie, die er mit sich rumschleppt.« Er rückte seine Brille zurecht und schnaubte. »Ich sage, es gibt sie gar nicht.«
    Freys Blick ging in die mittlere Entfernung, während er seinen Becher Grog austrank. Es war eine Theorie, die er schon viele, viele Male von Malvery gehört hatte.

    »Was ist denn, Käpt’n?«, erkundigte sich Malvery. »Sie machen schon den ganzen Abend ein Gesicht wie ein Darmtumor.«
    »Ich bin einfach nicht in der Stimmung, Doc«, sagte Frey. »’tschuldigt mich.«
    Er stand vom Tisch auf und ging davon, durch eine Tür und einen Korridor entlang. Dort war ein ruhigerer, von der Wirtsstube aus nicht einsehbarer Raum, in den sich die meisten älteren Gäste zurückgezogen hatten, um dem wüsten Gesang zu entgehen, der später kommen würde. In der Ecke spielte ein Gitarrist, und die Lampen waren heruntergedimmt.
    Die Stadtbewohner sahen Frey missbilligend an, als er eintrat. Er ignorierte sie und suchte sich einen Hocker am Tresen. Der dürre, junge Barkeeper musterte ihn skeptisch.
    »Grog«, sagte Frey und ließ ein paar Shillies auf den Tresen klackern.
    Hinter der Bar hing ein von Zigarrenqualm beschlagener Spiegel. Frey betrachtete sich darin, während er auf seinen Drink wartete.
    Er sah noch genauso gut aus wie eh und je, auf gaunerhaft ungepflegte Weise. Er hatte dunkle Augen, aus denen der Schalk sprach. Frauen fuhren auf diese Augen ab. Sein Haar war schwarz und schien stets so zu fallen, wie er es wollte. Wangen und Kinn waren von genau der richtigen Menge grauer Bartstoppeln gesprenkelt. Das gute Aussehen war ihm in die Wiege gelegt worden – zum Glück, denn ansonsten war seine Grundausstattung ziemlich beschissen gewesen. Als Baby auf den Stufen eines Waisenhauses ausgesetzt, mit einem Minimum an Bildung in einer verwahrlosten Stadt in der Provinz Lapin aufgewachsen. Nicht der beste Start ins Leben.

    Da er recht gut mit Worten umgehen konnte, hatte man ihm Schreiben beigebracht. Aber das Lesen interessierte ihn nicht. Geschichten kamen ihm sinnlos vor; sie waren nicht real. Stattdessen hatte er sein Talent für Charme und Lügen genutzt. Er lernte früh, wie man den Zorn eines Erwachsenen mit den richtigen Worten in nachsichtiges Schmunzeln verwandeln konnte. Später lernte er, wie er eine Frau dazu bringen konnte, mit ihm ins Bett zu gehen.
    Seither hatte es viele Frauen gegeben, aber nur eine, die ihm etwas bedeutete.
    Der Barkeeper stellte einen Becher vor ihn hin. Er nahm ihn und trank daraus. Sein Blick zuckte unwillkürlich zum Spiegel.
    Er musste sich vergewissern, dass er noch da war.
    Was ist los mit mir?
    Es hatte kurz nach der Landung in Thornlodge Hollow begonnen. Anfangs hatte er gedacht, er wäre nur ein bisschen durcheinander. Er hätte die Ketty Jay beinahe gegen eine Talwand gesetzt; so etwas musste jeden erschüttern. Doch auch Tage später fühlte er sich noch immer genauso. Er war dem Tod auch früher schon nur um Haaresbreite entronnen, und es hatte ihm nicht besonders viel ausgemacht. Was war diesmal anders?
    Es lag an dem Gedanken, der ihm in jenem Moment, als er wirklich geglaubt hatte,
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