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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr
Autoren: Eric van Lustbader
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»Ich wollte, ich hätte ihn damals besser gekannt. Er wünschte sich etwas für mich, was mir nicht paßte. Seinetwegen habe ich es versucht, aber ich war kein guter Heilkundiger. Ich war auf Geld und Macht scharf und hatte an spirituellen Dingen kein Interesse. Er wußte es und hat mich deshalb nicht getadelt.« Bennie zog erneut an seiner Zigarre. »Das Problem ist, daß ich sauer auf ihn war. Er ist sehr hart mit mir umgesprungen, und ich habe nicht verstanden, weshalb. Ich habe ihn für einen hartherzigen Hurensohn gehalten.«
    »Wie Antonio.« Croaker hatte Bennie einiges von dem erzählt, was Antonio ihm anvertraut hatte. Aber nicht alles. Geheimnisse mußten bewahrt bleiben.
    Bennie nickte. »Ja, ich nehme an, daß das für jeden Jungen so ausgesehen hätte, der in
Hetá I
unterwiesen wurde. Jetzt, im Blick zurück, erkenne ich erst, was er für uns tun mußte. Glaub mir,
A
migo
‚ ich denke mit Reue an den Tag zurück, wo ich ihm den Rücken zugewandt habe.« Sein Gesichtsausdruck wurde ungewöhnlich düster. »Es ist Es ist, als hätte ich mich selbst davon überzeugt, daß ich den Mord an ihm hätte verhindern können, wenn ich dort geblieben wäre.«
    »Wie kannst du das wissen? Wahrscheinlicher ist, daß man dich auch getötet hätte.«
    Bennie zuckte die Achseln. »Möglich ist alles,
A
migo
.« Aber sein Tonfall verriet, daß er sich die Schuld gab. Er gestikulierte mit seiner Zigarre. »Eine gute Idee, alle Menschen einzuladen, die du liebst.«
    »Familie«, sagte Croaker. Er dachte an Antonios Worte: Als ich sie zum erstenmal traf, habe ich einen Blick auf den Grund Ihrer Seele geworfen. Ich sah einen Mann, der genau wie ich selbst von seiner Vergangenheit abgeschnitten war.
    »Verwandlung« ist nur ein anderes Wort für »Heilung«, dachte Croaker.
    »Wo wir gerade davon reden«, sagte Bennie.
    Croaker wandte sich um. »Wovon?«
    »Von Familie.« Bennie nahm die Zigarre aus dem Mund. »Ich kehre am Sonntag nach Asunción zurück.«
    »Für wie lange?«
    »Willst du die Wahrheit hören? Ich weiß es nicht.« Er klopfte Croaker auf den Rücken. »Zieh kein langes Gesicht,
A
migo
. Du hattest bei meiner Entscheidung die Hand mit im Spiel. Als du mir
Humaitás
Gebeine gegeben hast, habe ich begriffen, daß ich sie nach Paraguay zurückbringen muß.«
    »Wirst du sie im Fluß beisetzen?«
    Bennie blickte aufs Meer hinaus. »Das war mein erster Gedanke, aber dann habe ich es mir anders überlegt. Sie sind ein zu wertvolles Geschenk.« Er wandte sich Croaker wieder zu und lächelte. »Verstehst du, es ist mir klargeworden, daß ich nicht so weitermachen kann wie bisher. Es ist zuviel passiert, um dort wieder anzuknüpfen. Zuerst habe ich nur geglaubt, daß ich eine Pause brauche, aber jetzt weiß ich es besser. Ich bin nicht mehr der Bennie von vor sechs Wochen. Die Dinge, auf die ich früher scharf war ….« Er zuckte die Achseln. »Ich habe mich gefragt, was ich jetzt tun soll, und dann wurde mir klar, daß die Antwort auf der Hand liegt.«
    Er winkte ihn zu sich, und sie gingen zusammen in die Kabine. Croaker sah einen alten abgestoßenen und verschrammten Lederkoffer unter einer Bank. Bennie zog ihn hervor, öffnete ihn und nahm einen großen Oberschenkelknochen heraus. Er wirkte glatt und freundlich, und das gelbliche Sonnenlicht verlieh ihm die Farbe von Elfenbein.
    »Als ich seine sterblichen Überreste zum erstenmal berührt habe, haben sie mir meine Frage beantwortet, ganz so, als würde mein Großvater noch leben.«
    Er verstaute den Knochen ehrfurchtsvoll wieder in dem Koffer und schloß die Blechschnalle. Dann wandte er sich Croaker zu. »Ich gehe zurück, um zu lernen, und seine Gebeine werden mir dabei helfen. In ihnen ist eine ganze Bibliothek des Wissens enthalten. Ich werde einen
sukia
finden und
Hetá I
studieren.«
    »Das hat sich
Humaitá
immer gewünscht.«
    »Nein‚
Amigo
.« Bennie dirigierte Croaker wieder auf das Deck hinaus. »Ich wünsche es mir.«
    Croaker hörte, daß Gideon auf der Gitarre ein Lied zu spielen und dazu zu singen begonnen hatte. Er erkannte den Song ›Fumbling Towards Ecstasy‹ von Sarah McLachlan.
    Er blickte durch das Fenster. Im Westen lagen die Everglades. »Warum besuchen wir nicht Stone Tree noch mal, bevor du abreist?« fragte Croaker. »Ich glaube, daß er es schätzen würde,
Humaitás
sterbliche Überreste sehen zu dürfen.«
    »Heilkundige unter sich, was,
Amigo
?« Croaker sah, daß sein Vorschlag Bennie gefiel. »
Bueno
«, sagte Bennie. »Ich
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