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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod
Autoren: Harry Thürk
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beginnen.
    Ich erhob mich, noch bevor Hana Teoro den Refrain mit dem geschluchzten Aloha als Zugabe wiederholte. Hinter der Bühne sah es genau so aus, wie sich ein Laie das Showgeschäft und das Leben der Stars nie vorstellen würde. Da verteilte ein Halbwüchsiger Cheeseburger an die Hula-Mädchen, einer der Bambusstangen-Hüpfer hielt seine Füße in einen Kübel mit kaltem Wasser. Ein anderer schlief, auf dem Rücken im Schatten liegend. Mädchen frischten vor Spiegeln ihre Bemalung auf, und eine Gehilfin aus der Kostümbranche reparierte einen Hula-Bastrock, während die Trägerin im blauen Slip danebensaß und den Vorgang beobachtete.
    Die Zweikämpfer rauchten gelangweilt. Ein junger Mann in bemerkenswert amerikanisch anmutender Jeanskleidung, mit einem stilbrechenden weißen Sonnenhut auf dem Kopf, sprach gerade etwas in das Mikrofon einer japanischen Dame, wobei ihn deren männlicher Begleiter mit einer Videokamera filmte.
    Draußen auf der Bühne verebbte langsam der Beifall, und Hana Teoro erschien, ging zu einem Tisch, griff sich einen Plastikbecher mit Limonade, trank ausgiebig und blickte mich verdutzt an, als ich mich vorstellte, ganz Gentleman aus Hongkong, in Geschäften.
    Â»Sie gestatten, ich bin Clifford Jones vom Musikvertrieb Hong-kong-Records. Ich brauche nur eine Minute, um Ihnen zu erklären, daß Sie die unverwechselbarste Stimme des Pazifik sind und ich Sie bis weit ins chinesische Festland hinein, bis Indien und Australien populär machen möchte. Vorausgesetzt, Sie haben keinen Ausschließlichkeitsvertrag mit einer hiesigen Firma. Dann wäre immerhin noch eine Übernahme möglich, wenngleich mit etwas eingeschränkten finanziellen Bedingungen, aber Ihre Popularität würde sozusagen in ganz Asien keine Grenzen mehr kennen, und deshalb ist Ihnen zu raten, Überlegungen anzustellen, bevor Sie mich abweisen ...«
    Ich hatte mich entschlossen, als Plattenproduzent aufzutreten, weil ich überhaupt noch nicht begriff, wie sich in diesem seltsamen Fall des Verschwindens eines Mannes die Verbindungslinien eigentlich kreuzten. Hana Teoro, das war eine Vermutung von mir, konnte von der Sache mehr wissen, als sie gegenüber Laureen durchblicken ließ. Ich würde dahinter kommen, wenn ich mich nicht von vornherein als der Mann zu erkennen gab, der Licht in Zusammenhänge bringen wollte, in die sie vielleicht selbst verwickelt war.
    Â»Wie heißt die Firma?« fragte Hana Teoro auch gleich zurück.
    Es gibt vermutlich keine Sängerin auf der Welt, gut oder schlecht, die nicht sofort aufhorcht und freundlich lächelt, wenn jemand etwas von Schallplatten sagt.
    Â»Hong-Kong-Records. Platten, Kassetten, CD’s. Wir arbeiten stark für das Mutterland mit. Und wir gestalten ganze Musikprogramme für Sender. Ebenfalls häufig im Mutterland. Können wir ins Geschäft kommen? Ich möchte mich einstweilen mit einer prinzipiellen Zusage zufrieden geben, alles andere könnte später besprochen werden.«
    Sie dachte nach. Ein Gentleman würde sagen, sie zog mein Angebot wohlwollend in Erwägung. Jedenfalls sah es so aus. Dabei grübelte sie angestrengt, was am günstigsten für sie wäre. Auch das vermeinte ich ihr anzusehen. Sängerinnen sind so. Glaube ich. Oder diejenigen, die ich kenne, sind keine typischen Exemplare ihrer Gattung.
    Als sie mir zu lange schwieg, schob ich nach wie ein Mann, der ein Feuer nicht ausbrennen lassen will: »Ich habe die Labels Ihrer hiesigen Platten gesehen. Wäre es Ihnen recht, wennn ich mit dem Direktor von Aloha Records über die Sache reden würde?«
    Der Haken war ausgeworfen. Und ich erlebte die erste große Überraschung, als sie seelenruhig vorschlug: »Ja, mit Mister Blair zu sprechen, das wäre schon unbedingt erforderlich ...«
    Kein Wort darüber, daß Mister Blair verschwunden war, was sogar in den Zeitungen gestanden hatte. Ich schluckte die Verblüffung herunter. Warum wollte sie nicht wissen, daß man schon allein wegen seines Verschwindens nicht mit ihm sprechen konnte? Wenigstens nicht im Augenblick!
    Sie sah mich aus ihren erstaunlich hellblauen Augen so arglos an, als wisse sie tatsächlich überhaupt noch nichts von der traurigen Geschichte.
    Nun bin ich ein Mann, der einer schönen Dame nicht gleich böse ist, nur weil sie gelegentlich lügt. Dafür ist das Lügen auf der Welt, besonders bei
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