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Schwarzbuch ÖBB

Titel: Schwarzbuch ÖBB
Autoren: Weiss Hans
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S-Bahn-Verkehr in Wien und NÖ und 70 Zügen für den Regionalverkehr in OÖ und der Steiermark getroffen.
    Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker erklärte in einem Gespräch mit dem Autor Ende Juni 2013, die bestellten Züge seien keineswegs von schlechter Qualität – es handle sich dabei um das übliche Gerede von Konkurrenten, die nicht zum Zug gekommen seien. Alle notwendigen Instanzen der ÖBB hätten das genau überprüft.
    Und die ÖBB erklärten: »Wir haben den besten Zug zum besten Preis nach intensiven Verhandlungen mit Siemens gekauft. Die Züge wurden aus einer bestehenden Rahmenvereinbarung abgerufen. Diese Rahmenvereinbarung wurde im Zuge einer EU -weiten Ausschreibung rechtskonform an Siemens vergeben.«
Preisabsprachen im Güterverkehr
    Der Güterverkehr scheint besonders korruptionsanfällig zu sein. Derzeit gibt es in Österreich zwei Verfahren wegen des Verdachts verbotener Preisabsprachen, an denen auch ÖBB -Firmen beteiligt gewesen sein sollen.
Speditionskartell
    Anfang der 1990er Jahre schlossen sich mehr als vierzig österreichische Speditionsfirmen zu einem Kartell zusammen, um Preisabsprachen vorzunehmen. Auch die ÖBB spielten da irgendwie mit. Ein auf Wettbewerbsrecht spezialisierter Anwalt erklärte in einem Gutachten, bei diesem Kartell sei rechtlich alles in Ordnung. Auch das nationale Kartellgericht entschied 1996, alles sei im Einklang mit österreichischem Recht. Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde sah das jedoch anders und erhob Einspruch.
    Im Juni 2013 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, das österreichische Kartellgericht habe übersehen, dass 1996 bereits europäisches Recht gegolten habe und die ursprünglich gefällte Gerichtsentscheidung daher falsch war. Laut einem Bericht in der Tageszeitung Der Standard vom 10. Mai 2010 drohen den ÖBB Strafen bis zu 500 Millionen Euro. Die ÖBB schätzen dieses Risiko jedoch als sehr gering ein.
Die EU veranlasst Hausdurchsuchungen
    Wegen des Verdachts auf Preisabsprachen beim »Balkanzug« von Zentraleuropa nach Griechenland führte die EU -Kommission im Juni 2013 in mehreren europäischen Ländern Hausdurchsuchungen durch. Dies berichteten Die Presse und weitere österreichische Medien. Betroffen war unter anderem die »Express Interfracht« – eine Tochterfirma der ÖBB -Gütersparte RCA .

9. Lokführer-Tagebuch
    Die folgenden Vorfälle machen deutlich, was einen Lokführer während der Arbeit erwartet:
    nicht durchgeführte Reparaturen, die als »repariert« eingetragen werden, plötzliche Zwangsbremsungen durch Störungen des Zug-Sicherungssystems, Zusammenstöße mit Schafherden, flüchtende Graffiti-Sprayer, unzumutbare Zimmer zum Übernachten, arrogante Vorgesetzte und Mitarbeiter, ausfallende Funkgeräte, verschmutzte Züge, ein verletztes Pferd auf einem Bahngleis, stumme Disponenten/Fahrdienstleiter, nicht durchgeführte Reinigungsarbeiten, ignorante Manager, Anschläge auf Züge und vieles mehr.
    All das kann man, wenn man Zugang hat, im ÖBB -internen Internetportal »Tfzf-Meldungen« nachlesen. Das ist die Abkürzung für »Triebfahrzeugführer«. Umgangssprachlich würde man Lokführer sagen.
    Dieses Material – insgesamt etwa 5000 Seiten umfassend – macht deutlich, dass der Unmut mancher ÖBB -Mitarbeiter über die innerbetrieblichen Zustände sehr groß sein muss. Insgesamt ergibt sich dadurch ein ungeschminktes Sittenbild der ÖBB . Und zwar nicht von außen, sondern von innen. Einige wenige Meldungen sind weder skandalös noch gereichen sie den ÖBB oder den Mitarbeitern zum Vorwurf. Sie vermitteln aber einen vollständigeren Eindruck von der Beschaffenheit dieses Materials.
1300 Problem-Meldungen im Monat
    Allein im Mai 2013 verfassten die Lokführer und -führerinnen in chronologischer Ordnung etwa 1300 »Meldungen« über diverse Vorfälle. Die Zahl schwankt von Monat zu Monat, manchmal ist sie höher, manchmal niedriger.
    Es handelt sich um subjektive Eintragungen. Ob sie in jedem Detail stimmen, konnte nicht überprüft werden. Jedenfalls handelt es sich dabei um ein kollektives Tagebuch von etwa 4000 Lokführern und -führerinnen, in dem eine ganz eigene Sprache gesprochen wird. Dabei werden zahlreiche Abkürzungen und Codes benützt.
    Um das als Außenstehender zu verstehen, benötigt man einen Führer aus dem Inneren der ÖBB , der einem hilft, sie zu entschlüsseln.
Entschlüsselung von »Tfzf-Meldungen«
    Abgesehen von bahnspezifischen Abkürzungen enthalten die
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