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Schwarz

Schwarz

Titel: Schwarz
Autoren: Aufbau
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ohne zu bedenken, dass viele der amerikanischen Unternehmen, die im Irak Millionen Dollar scheffelten, Kunden seines Arbeitgebers waren. Zu allem Übel war er auch noch im Polizeiarrest gelandet und wegen gewaltsamen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt worden. Natürlich hatte er sich nicht heraushalten können, als die Bereitschaftspolizei und die Demonstranten aneinandergerieten. Sein Job als Datenanalytiker beim britischen Nachrichtendienst fand ein jähes Ende, als er seiner Vorgesetzten mitten in der wöchentlichen Besprechung der Gruppe, die Feldforschung betrieb, eindeutig zu verstehen gegeben hatte, sie könne ihn mal am Allerwertesten … Das bereute er allerdings nicht, denn die Frau hatte Untersuchungsergebnisse ihrer Mitarbeiter gefälscht. Kara befand sich also bereits mit vierunddreißig Jahren in seinem Berufsleben gewissermaßen in der Verlängerung. Wenn man ihn beim UNODC feuerte, bliebe ihm nur eine Arbeit beim Straßenbau, falls es da überhaupt noch freie Stellen gab.
    Kara überquerte die Brücke, die von Omdurman nach Khartoum führte, und schaute hinunter auf den Zusammenfluss von Weißem und Blauem Nil, wo die Tuti-Insel im Sonnenlicht badete.
    Welchem Verbrechen war Ewan wohl auf die Spur gekommen? Was hatte der Schmuggel von Marschflugkörpern mit dem Sudan zu tun? Möglichkeiten gab es jedenfalls genug: Im Sudan lebten jede Menge radikale Islamisten und Anhänger von Terrorgruppen, und Khartoum war eines der Zentren des afrikanischen Waffen- und Sklavenhandels. Und im UNODC beschäftigte man sich mit der organisierten Kriminalität, also auch dem Menschenhandel, und ebenso mit dem Terrorismus.
    ***
    Ewan Taylor wusste nicht, dass er zum letzten Mal jemandem die Hand gab. Er verabschiedete seinen Informanten so höflich, wie es sich für einen britischen Gentleman gehört, und setzte sich dann wieder an den Ecktisch im Restaurant »Amwaj«. Nun war es sicher, er würde am nächsten Tag Ruslan Sokolow treffen, den »Witwenmacher«, den berüchtigtsten Waffenhändler der Welt. Schon jetzt war er gespannt. Morgen würde sich herausstellen, ob seine schlimmsten Befürchtungen und sein Verdacht begründet waren.
    »Im ›Amwaj‹ speisen heute aber viele Einheimische«, dachte Taylor, als er einen gebeugten Mann in einer weißen Galabija mit einer Frau hereinkommen sah. Sie hatte schöne Augen und trug ein Toab-Gewand, das aus auffällig gemusterten Stoffstreifen zusammengesetzt war. Gewöhnlich aßen in den Restaurants der modernen Stadtteile von Khartoum nur Ausländer und die reiche Oberklasse des Sudan. Taylor wählte auf seinen Reisen in der Regel Gaststätten, die von den Ortsansässigen bevorzugt wurden, aber in Khartoum waren die für seinen Geschmack einfach zu heiß und zu schmutzig. Das klimatisierte »Amwaj« hingegen war ziemlich sauber und frei von unangenehmen Gerüchen, und sudanesische Gerichte bekam man hier auch. Er bröckelte Käse mit Chilipulver in sein Saubohnenpüree »Foul Mudammas« und verscheuchte ein paar Fliegen, die so groß wie Käfer waren.
    Im Sudan musste sich jeder genau überlegen, was er in den Mundsteckte, nahezu alle besonders schrecklichen Krankheiten der Welt nisteten im größten Staat des afrikanischen Kontinents. Selbst in der Hauptstadt Khartoum war es angebracht, nur in Restaurants zu gehen, die vom örtlichen UN-Hauptquartier empfohlen wurden. Er würde niemals vergessen, wie entsetzlich Janet Wilkinson von der Antikorruptionsabteilung ausgesehen hatte, nachdem sie vergangenen Sommer in Äthiopien an Leishmaniose erkrankt war, die durch von der Sandfliege übertragene Parasiten ausgelöst wurde. Die Narben der tiefen Geschwüre auf Janets Haut würden nie wieder verschwinden.
    Taylors Gedanken schweiften ab. Wenn es ihm gelänge, die vom Witwenmacher organisierten illegalen Geschäfte mit Marschflugkörpern aufzudecken, dann würde man ihn garantiert befördern. Das käme nicht einen Augenblick zu früh, denn er arbeitete schon viele Jahre im UNODC. Alle seine Kollegen, die mit ihm zusammen zur gleichen Zeit dort angefangen hatten, waren schon ein- oder zweimal befördert worden. Ihn jedoch hatte man als Experten mit unterschiedlichen Aufgaben betraut und erst vom Wiener Hauptquartier des UNODC ins Länderbüro auf den Philippinen geschickt, dann nach Guatemala und schließlich in das Regionalbüro für Afrika und den Nahen Osten nach Kenia.
    Mit Ausnahme der leichten Rebellion in den Jahren auf der Internatsschule hatte Ewan Taylor
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