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Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius

Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius

Titel: Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
Autoren: Unbekannt
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starrte. Sie war den Blicken der Vampire ausgeliefert, und einmal mehr wurde ihr bewusst, wo sie sich befand: auf einem Anwesen, für dessen Bewohner sie nicht mehr war als ein Snack für zwischendurch. Sie war die Nahrung, und nur ihre Gabe, vererbte Erinnerungen zu besitzen, bewahrte sie vor einem unschönen Tod.
    Darion grinste und lehnte sich auf seinem Plastikstuhl vor. „Wir haben nicht vor, dich aufzufressen. Entspann dich.“
    Sie legte ihre Hände unter dem Tisch ineinander und wünschte sich, man würde ihr die Angst nicht überdeutlich ansehen. Vermutlich rochen die Vampire die winzigen Schweißperlen, die aus ihrer Haut traten.
    „Warum bin ich vor das Tribunal bestellt worden?“
    Die Frau im violetten Kleid ergriff das Wort. Ihre Stimme war lieblich. Obwohl sie leise sprach, verstand Amalia jedes Wort, als würde die Fremde in ihr Ohr flüstern. „Ich bin Madlene. Eine Nachfolgerin von Tatjena, die Aurelius fand. Und du, Amalia, bist vor das Tribunal geladen, damit du siehst, dass wir nicht ohne dich über dein Schicksal entscheiden und du mehr bist als ein Objekt unserer Lust.“ Sie warf Gracia einen scharfen Blick zu. „Wir sind an deiner Mitarbeit interessiert, denn nur gemeinsam mit dir kann es einem von uns gelingen, Lairas letzte Ruhestätte in deinen Erinnerungen zu finden. Leider ist Hekae tot und kann das nicht mehr übernehmen. Deshalb haben ich, Sybell, Darion und Tartus bestimmt, dass Gracia diese Aufgabe übernehmen wird.“
    Die anderen Vampire nickten zustimmend – alle, bis auf Aurelius. Amalia krampfte ihre Finger in ihrem Schoß zusammen und versuchte, ruhig zu atmen. Der Eisklumpen in ihrem Magen breitete sich aus und hüllte sich wie eine zweite frostige Haut über Brust und Rücken. Es fühlte sich an, als müsse ihr Herz in einer zusammengepressten Faust schlagen.
    „Warum ausgerechnet Gracia?“, fragte sie rau und sah dabei das kleine, triumphierende Lächeln, das sich in Gracias Gesicht abzeichnete. Der Vampirfürstin schien die bevorstehende Aufgabe zu gefallen. Sicher freute sie sich vor allem auf die Demütigungen, mit denen sie Amalia ohne Zweifel überschütten würde.
    Der Vampir, den Madlene Tartus genannt hatte, lehnte sich vor. „Gracia gehört zu den ältesten Vampiren in diesem Klan. Sie kann Gedanken meisterhaft manipulieren und hat die größte Erfahrung. Du wirst mit ihr zusammenarbeiten, bis wir das Geheimnis gelüftet haben.“
    In Gedanken sah Amalia Gracia, wie sie vor Jahrhunderten Mägde gequält und gefoltert hatte. Mit Gracia „zusammenarbeiten“ bedeutete, Gracias Lustspielzeug zu sein und auf Abruf bereitzustehen, wenn die Vampirfürstin das Verlangen überkam. Dazu kam ihre Gabe, Menschen geistig zu beeinflussen. Amalia würde keinen eigenen Willen mehr haben. Der Gedanke lähmte sie. Sie wollte Gracia nicht dienen und die perversen Lüste dieses Monsters erfüllen, das schön wie ein Engel war. Aber was sollte sie dagegen tun? Den sieben ranghöchsten Vampiren des Klans widersprechen? Das war aussichtslos.
    Einen Hoffnungsschimmer gab es noch. Sie atmete tief ein und suchte in sich nach der Kraft, Gracia zu begegnen. Ihr Blick traf den der Vampirfürstin.
    „Das wird leider nicht gehen.“
    Alle sieben Augenpaare verengten sich. Gracia legte den Kopf schief. Ihre Stimme war ein höhnisches Zischen. „Was soll das heißen?“
    „Wie Madlene angedeutet hat, bin ich für dich, Gracia, nur ein Lustspielzeug. Du kannst nicht mit mir zusammenarbeiten und die Hände von mir lassen. Das aber ist ein Verstoß gegen die Klanregeln, weil ich Aurelius' Anwärterin bin.“
    Es wurde totenstill im Raum. Einzig das Geräusch ihres eigenen Atems und das Ticken der beiden Standuhren waren zu hören. Gracia presste ihre Lippen aufeinander. Es schien sie unendliche Kraft zu kosten, den Mund zu öffnen. „Ist das so?“ Ihr Blick durchbohrte Amalia. „Und wo habt ihr das erste Ritual vollzogen?“
    „Auf der Fahrt von Leipzig nach Frankfurt“, sagte Amalia ohne Zögern. Sie betete, dass keiner im Raum ihre Gedanken lesen konnte. Die Vorstellung, sich Gracia hingeben zu müssen, war ihr unerträglich, und jede Lüge erschien gnadenreich, wenn sie diesem Schicksal entkam. Sie warf einen Blick zu Aurelius. Würde er das Spiel mitspielen? Oder würde er ihr jetzt beweisen, dass er sie nicht liebte und seine Treue einzig seinem Klan galt? Sie konzentrierte sich auf das Band zwischen ihnen. Auf das tiefe Gefühl von Zugehörigkeit, das durch alle Zeiten
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