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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse
Autoren: Tom Sharpe
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gefaßt.
    »Wir sind heute morgen hierhergekommen, um Ihnen mitzuteilen, daß der Rektor verstorben ist«, sagte der Dekan.
    Skullions Gesicht blieb unbewegt und gerötet. In den Augen der drei Fellows war seine augenfällige Selbstbeherrschung ein gutes Zeichen für die Zukunft.
    »Auf seinem Totenbett benannte Sir Godber Sie als seinen Nachfolger«, sagte der Dekan langsam. Skullion hörte zwar die Worte, doch seine Erwartungen beraubten sie ihres Sinns. Was im ersten Moment dem Dekan und dem Obertutor undenkbar erschienen war, war für Skullion unvorstellbar. Er starrte den Dekan verständnislos an.
    »Er ernannte Sie zum neuen Rektor von Porterhouse«, fuhr der Dekan fort. »Wir sind hier, um Sie im Namen des Collegerates zu bitten, diese seine Ernennung anzunehmen.« Er machte eine Pause, damit der Pförtner über den Vorschlag nachdenken konnte. »Wir verstehen natürlich, daß dies für Sie ebenso überraschend kommen muß wie übrigens auch für uns, doch wir würden Ihre Antwort gern so schnell wie möglich erfahren.«
    Während der auf diese Bekanntgabe folgenden Stille ging eine schreckliche Veränderung mit Skullion vor. Ein Zittern überlief seinen Körper, und sein ohnehin schon blaurotes Gesicht lief noch dunkler an. Er rang mit der Unlogik dieser ganzen Sache. Er hatte den Rektor ermordet, und sie boten ihm das Amt des Rektors an! Es gab einfach keine Gerechtigkeit auf Erden, nur aberwitzige Verdrehungen der Ordnung, auf die er sich verlassen hatte. Einen Augenblick lang schien es, als würde er verrückt.
    »Wir warten auf Ihre Antwort«, sagte der Dekan. Skullions Körper geriet außer Kontrolle, als ihn der Anfall überkam. Sein Kopf nickte hektisch.
    »Dann dürfen wir davon ausgehen, daß Sie annehmen?« fragte der Dekan. Skullions Kopf nickte pausenlos. »Dann möchte ich gern der erste sein, der Ihnen gratuliert, Magnifizenz«, sagte der Dekan, ergriff Skullions Hand und schüttelte sie krampfhaft. Der Prälektor und der Obertutor folgten seinem Beispiel.
    »Der arme Bursche war ganz überwältigt«, sagte der Dekan, als sie wieder in den Wagen stiegen. »Es hatte ihm offenbar die Sprache verschlagen.«
    »Das überrascht mich nicht, Herr Dekan«, sagte der Prälektor. »Mir fällt es auch jetzt noch schwer, meine Gefühle in Worte zu fassen. Skullion als Rektor von Porterhouse. Daß es so weit kommen mußte.«
    »Wenigstens werden beim Festmahl keine Reden mehr gehalten«, sagte der Obertutor.
    »Das spricht wohl für seine Ernennung«, sagte der Prälektor. Im Wohnzimmer seines alten Hauses lag der neue Rektor von Porterhouse unbeweglich in seinem Sessel und glotzte stumm das Linoleum an. Im Chaos der vergangenen Minuten war ein neuer Frieden über Skullion gekommen. Jetzt gab es keine Widersprüche mehr zwischen richtig und falsch, Rektor und Pförtner, nur noch ein sonderbares Unvermögen, seine linke Körperseite zu bewegen.
    Skullion hatte einen Schlaganfall erlitten, den berüchtigten Porterhouse Blue.

Kapitel 21
    »Eigentlich ein Glücksfall«, sagte der Dekan beim Essen nach der formellen Zeremonie im Ratsssitzungsraum, bei der der neue Rektor den Vorsitz geführt hatte, ehe ihn Arthur in das Rektorhaus zurückgeschoben hatte.
    »Ich muß gestehen, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Dekan«, sagte der Prälektor angewidert. »Falls Sie sich auf die Erkrankung des Rektors beziehen ...«
    »Ich versuchte lediglich, Ihre Aufmerksamkeit auf die Vorteile der Lage zu lenken«, sagte der Dekan. »Schließlich führt der Rektor ein recht sorgenfreies Leben, und wir ...«
    »Genießen die Verwaltung des Colleges?« schlug der Obertutor vor.
    »So ist es.«
    »So kann man es wohl auch sehen. Jedenfalls wurden Sir Godbers Reformen vereitelt. Meiner Meinung nach hat sich Lady Mary sehr schofel benommen.«
    Der Dekan seufzte. »Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Liberale zu Überreaktionen neigen. Eine progressive Einstellung scheint schon per se etwas Hysterisches zu haben«, sagte er. »Dennoch gibt es keinerlei Entschuldigung dafür, die Polizei der Unfähigkeit zu bezichtigen. Es gab nichts Absurderes als ihre Behauptung, Sir Godber sei ermordet worden. Es fehlte nicht mehr viel, und sie hätte auch noch den Obertutor und meine Wenigkeit beschuldigt.«
    »Er war betrunken, nehme ich an«, sagte der Prälektor. »Nicht laut Befund des Leichenbeschauers«, sagte der Schatzmeister.
    Der Dekan rümpfte die Nase. »Gegenüber der Meinung von Experten war ich schon immer skeptisch. Ich habe seinen
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