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Schutzengel mit ohne Flügel

Schutzengel mit ohne Flügel

Titel: Schutzengel mit ohne Flügel
Autoren: Arto Paasilinna
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kommen würden, in deren Taschen vielversprechend die Nusstüten knisterten.
    In der Mechelininkatu angekommen, wandte sich Aaro Korhonen in Richtung Töölö und hoffte, nach den morgendlichen Toten bald auf lebendigere Menschen zu stoßen. Die frischen Düfte des Frühlings lockten ihn in ein kleines Café, dessen Eingangstür einladend offen stand. Eine Tasse Tee wäre jetzt genau richtig.
    Im Café Väisänen war eine junge Frau in Trauerkleidung damit beschäftigt, den Fußboden zu wischen. Ihr Hinterteil zeigte abweisend zur Straße, Schweiß glänzte auf ihrer besorgten Stirn.
    »Ist das Café etwa geschlossen?«
    »Ja, ist es.«
    Wie sich zeigte, war das Lokal wegen eines bedauerlichen Todesfalles geschlossen, ja es stand sogar zum Verkauf, und sobald die einstige Betreiberin Hilma Katariina Väisänen um elf Uhr sachgemäß verbrannt worden wäre, müsste die Serviererin Viivi Ruokonen hier ihre Zelte abbrechen und sich nach einer anderen Arbeit umsehen. Doch zuvor musste sie noch einiges erledigen, zum Beispiel, im Hinblick auf potenzielle Käufer, die Geschäftsräume reinigen. Die Wohnung der Verstorbenen im Obergeschoss hatte sie bereits vor der Obduktion sauber gemacht. Das Inventar würde in der kommenden Woche auf einer Auktion versteigert werden und der Erlös in den Nachlass einfließen.
    Aaro Korhonen half der jungen Frau beim Wischen, und bald putzten sie auch die Fenster. Zu diesem Zeitpunkt traf der Immobilienmakler ein, und Aaro beschloss, ihm ein Kaufangebot zu machen, sowohl für das Café als auch für die Wohnung der Verstorbenen, drei Zimmer und Küche, ohne Balkon. Kein Fahrstuhl, aber sonst eine passable Behausung. Als Aaro die Wohnung inspizierte, registrierte er, dass die Inhaberin allein darin gewohnt hatte. Die Küchenschränke waren alt, aber sauber, der Kühlschrank müsste erneuert, das Bad renoviert werden. In einem der beiden Schlafzimmer waren Bücher untergebracht. Viivi Ruokonen hatte in letzter Zeit die Blumen gegossen. Es wirkte, als wäre die Inhaberin der Wohnung nur vorübergehend verreist. Hier konnte man jederzeit einziehen. Da der Kaufpreis mäßig und sowohl die Privat- wie auch die Geschäftsräume sauber und ordentlich waren, war Aaro bereit, eine Vorauszahlung zu leisten und die Schlüssel in Empfang zu nehmen. Er sagte sich, dass er günstig zu einem Café und einer Wohnung gekommen war. Gleichzeitig wunderte er sich darüber, dass er, ein sonst so ruhiger und besonnener Mann, diesen spontanen Kauf getätigt hatte. Aber ein Blick auf Viivi Ruokonen sagte ihm, dass es möglicherweise doch nicht nur eine momentane Laune gewesen war. Er brauchte ein Heim und einen Arbeitsplatz, und er sehnte sich nach weiblicher Gesellschaft. Jetzt war all das greifbar, da musste er schnell und ungeniert zuschlagen. Wenn es schiefgehen würde, könnte er ja wieder verkaufen und weiterziehen.
    Oskari Mättö meldete sich über das Mobiltelefon und erzählte, dass der Polier stilgerecht in Honkanummi begraben und beweint worden war. Wie ging es Aaro sonst so, was gedachte er in nächster Zeit zu treiben? Wo wohnte er und wovon wollte er leben?
    »Ich habe soeben ein kleines Café mit einer netten Wohnung im Obergeschoss gekauft. Ich beabsichtige zu schreiben, Bücher und so was.«
    Aaro erkundigte sich nun seinerseits, ob Oskari möglicherweise einen schwarzen Anzug hätte, denn eigentlich müsste er an der Beerdigung jener morgendlichen Toten teilnehmen, sie war nämlich die ehemalige Betreiberin des Cafés, und es war ihr Nachlass, den er gekauft hatte. Im Bestattungsinstitut gab es vermutlich schwarze Anzüge zu mieten. Oskari bot ihm seinen eigenen Anzug an, sie könnten die Kleider tauschen, er brauchte seine schwarze Kluft heute nicht mehr, auf der Fahrt in die Werkstatt könnte er genauso gut Aaros Alltagsklamotten tragen.
    Bekleidet mit Oskaris tiefschwarzem Traueranzug trat Aaro, zusammen mit der Serviererin und dem Immobilienmakler, ins Krematorium, wo der Pastor, den er bereits kannte, eine rührende Rede zu Frau Hilma Katariina Väisänens Gedenken hielt. Anwesend waren etwa fünfzig Personen, hauptsächlich ehemalige Gäste des Cafés. Blumengebinde bedeckten den schönen Sarg, der nach Abschluss der Zeremonie stilvoll den himmlischen Flammen entgegenglitt, deren Glut sogar den Teufel neidisch gemacht hätte.
     

2
DIE SPANNWEITE VON ENGELSFLÜGELN
     
    Kinder und Philosophen stellen eine Menge Fragen, ohne je eine Antwort zu erhalten. Wo beginnt das Universum, und wo
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