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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep
Autoren: Jens Schumacher
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wegen denen Dad hergekommen ist, befinden sich in einem der Nebentempel?«
    »Nein.« Pelham schüttelte den Kopf.
    »Was wollen wir dann dort?«
    »Du wirst schon sehen.«
    Die Fahrt dauerte etwa zehn Minuten. Der Weg führte nacheinander über zwei Brücken, unter denen kleine Flüsse dahinplätscherten – der Progo und der Elo, wie Pelham schwer atmend verkündete. Auch entlang des Pfads waren Touristen unterwegs, die meisten zu Fuß, einige auf Mopeds oder Fahrrädern, alles in allem jedoch deutlich weniger als beim Borobudur.
    Schließlich tauchte ein Stück voraus ein tempelartiges Gebäude auf, kaum größer als ein Wohnhaus. Es stand auf einem mehrere Meter hohen Steinsockel, zu dem ein ebenfalls von Löwen flankierter Treppenaufgang hinaufführte. Pelham stellte die Rikscha in der Nähe eines riesenhaften Baumes voller herabhängender Lianen ab und schritt die Stufen hinauf. Henry folgte ihm.
    Am Eingang, einer hohen, spitz zulaufenden Öffnung im Mauerwerk, stand ein Indonesier in Militäruniform. Über der Schulter trug er ein Gewehr. Als sich Dr. Pelham näherte, trat ein Ausdruck des Erkennens auf sein dunkel häutiges Gesicht. Bei Henrys Anblick dagegen hob er fragend die Brauen.
    »Es ist okay.« Pelham zog ein Dokument aus der Brusttasche seines Hemds und hielt es dem Mann unter die Nase. »Der Junge gehört zum Team.«
    Der Soldat überflog das Papier, musterte Henry mit prüfendem Blick und trat dann nickend zur Seite.
    »Der Tempel ist für den Publikumsverkehr geschlossen, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind«, erklärte Pelham, als sie den Wachmann passierten.
    »Wie hat Dad denn das hinbekommen?«
    »Oh, es war nicht dein Vater. Die indonesische Regierung selbst hat veranlasst, dass der Zugang bis auf Weiteres nur Wissenschaftlern gestattet sein soll. Und nur der Schnelligkeit deines Dads haben wir es zu verdanken, dass wir noch vor den einheimischen Forschern hier waren und unsere Untersuchungen aufnehmen konnten.« Pelham lachte leise. »Wie du selbst weißt, kann dein Vater Berge versetzen, wenn er erst mal Blut geleckt hat. Im Expresstempo, wenn es sein muss.«
    Das war keineswegs übertrieben. Schon seit Jahren arbeitete Donald Wilkins an seinem selbst ernannten Lebenswerk, einem Buch mit dem Titel »Vergessene Kulte und Riten«. Wann immer er die Chance witterte, irgendwo einen Blick auf bislang unentdeckte Überbleibsel eines alten Götterglaubens zu werfen, ließ er sich durch nichts und niemanden aufhalten. Gesetze, Verordnungen oder sein Lehrplan an der Universität von Toronto interessierten ihn in so einem Fall nicht im Geringsten. Und irgendwie schaffte er es stets, Gelder aufzutun, um die Kosten seiner Forschungsreisen zu decken, sei es, indem er sein Forschungsprojekt einer Uni schmackhaft machte oder indem er sich Sponsoren aus Industrie und Wirtschaft suchte.
    Sie betraten den Candi Mendut. Der Innenraum des Tempels bestand aus einer quadratischen Kammer, deren hohe Wände sich einander immer stärker zuneigten, was den Eindruck erweckte, man stünde im Innern einer hohen, schmalen Pyramide. Der Raum war leer bis auf drei steinerne Buddha-Statuen, die auf Sockeln an der hinteren, rechten und linken Wand hockten. Die größte maß gut drei Meter und war gewiss viele Tonnen schwer.
    Entlang der Wände waren Stative mit 1000-Watt-Strahlern aufgebaut. Ihr grelles Licht war auf einen Bereich in der linken hinteren Ecke des Tempels gerichtet, wo in Hüfthöhe eine gemauerte Umrandung in die Wand eingelassen war, eine Art schmales, oben gerundetes Fenster. Es handelte sich um ein Zierelement, das im Tempel öfter vorkam. Doch während die Bögen in den anderen Wänden reine Dekoration waren, befand sich in diesem Rahmen eine Öffnung.
    Auf der anderen Seite war der Schein elektrischer Lampen zu erkennen.
    »Dieser Durchgang war jahrhundertelang verschlossen«, verkündete Pelham beinahe ehrfürchtig. »Vor zwei Wochen besuchte ein niederländisches Restauratorenteam den Tempel. Wie du selbst siehst, ist hier alles mit Flechten und Pilzen überzogen, und die Regierung hatte Spezialisten aus Holland damit beauftragt, den Innenraum wieder herzurichten. Als die Arbeiter bei den Vorbereitungen einige Steine aus dem Sockel des linken Buddhas entfernten, lösten sie einen bislang unentdeckten Öffnungsmechanismus aus.«
    Staunend trat Henry näher. Verborgene Geheimtüren im Innern uralter Tempelanlagen, das klang beinahe wie in einem Indiana Jones-Film. Nur zu gut erinnerte er sich,
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