Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schule für höhere Töchter

Schule für höhere Töchter

Titel: Schule für höhere Töchter
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
gewesen sein mag, und der Umgang mit Leichen ist selbst unter idealen Voraussetzungen problematisch, soweit es so was überhaupt gibt, auch dann, wenn es sich nicht um die eigene Mutter handelt. Irene hat mir geholfen.«
    »Irene?«
    »Ja, gewiß. Sie sagte, heutzutage dürfe es keine Ismenes mehr geben.«
    Kate starrte sie an. »Du hast Irene noch nie gesehen«, sagte Kate zu Reed. »Obwohl ich keine Ahnung habe, was das damit zu tun hat. Schließlich sind ihre Eltern…«
    »Man darf nie einen Menschen in ein Schema pressen«, sagte Mrs. Banister und sprang auf, um sich noch ein Glas Wasser zu holen (»Ich trinke zwölf pro Tag«, sagte sie. »Das spült den Körper durch«); sie winkte ab, als Reed aufstehen wollte, um ihr behilflich zu sein. »Ich bin durchaus in der Lage, mir ein Glas Wasser einzugießen, danke. Elizabeth, Angelica, Patrick und Freemond machten sich auf den Heimweg. Die Jablons setzten Elizabeth und Freemond unterwegs ab. Irene und ich trugen die Leiche hinunter, nachdem alle fort waren. Ich dachte, je weniger mit der Sache zu tun haben, um so besser. Natürlich mußten wir auf der Hut sein, aber nur bis wir aus dem Haus waren. Ich hatte das Motorrad direkt davor geparkt – zum Glück war es kein Abend, an dem Andrew das Motorrad brauchte, denn mit dem Fahrrad wäre das Ganze sehr viel schwieriger geworden, aber wir hätten das sicher auch geschafft, keine Angst – und wir setzten sie auf den Soziussitz, ich davor, Irene dahinter, so daß wir sie zwischen uns festhielten. Zum Glück hatte ich zwei Reservehelme, die habe ich immer bei mir, so daß wir deswegen nicht angehalten werden konnten; außerdem verbarg der Helm, daß sie ihren Kopf nicht besonders gerade hielt. Ich bin sicher, es war das erste Mal, daß die arme Frau Motorrad gefahren ist; soweit ich weiß, hatte sie viele Phobien.« Mrs. Banister nahm einen Schluck Wasser; Kate und Reed vermieden es, einander anzusehen.
    »Ich hatte ihre Arme um meine Taille gelegt und mit dem Gürtel meines Regenmantels zusammengebunden, und Irene hielt sie aufrecht. Zum Glück war niemand auf der Straße, als wir zur Schule kamen – auf dieser Straße sind nie Leute, aber ich wußte, daß ein Elternabend stattfand, und es hätte ja sein können, daß die Eltern gerade gingen. Gott sei Dank waren wir früh genug; wir rollten sie auf dem Motorrad hinein und versteckten sie unter diesem Tuch, dieser Abdeckplane, auf der Sackkarre. Um die Wahrheit zu sagen, ursprünglich hatte ich vor, sie ins Untergeschoß zu schleppen, doch nachdem ich das Motorrad geparkt hatte, waren schon ein paar Chauffeure gekommen, und der Wächter stand draußen und unterhielt sich mit ihnen. Haben Sie ›Men in Groups‹ von Lionel Tiger gelesen, ein ungeheuer chauvinistisches Buch?«
    Kate und Reed schüttelten die Köpfe.
    »Sie sollten es lesen. Offensichtlich fühlt sich Mr. O’Hara nur in Gesellschaft von Männern wohl und konnte daher den Chauffeuren nicht widerstehen; zum Glück für uns. Ich schob sie quer durch die Halle, unter ihrer Plane natürlich – Irene hatte ich fortgeschickt, sie sollte in einem Drugstore an der Ecke auf mich warten; ich brauchte sie nicht mehr – und geradewegs in den Aufzug und fuhr mit ihr zum dritten Stock, dem Stockwerk mit dem Kunstsaal, wo die Hunde sie meiner Meinung nach einfach aufstöbern mußten.«
    »Das war gut, sonst hätte Mr. O’Hara sie vielleicht am nächsten Morgen gar nicht gefunden«, sagte Reed. »Sie haben sie gegenüber vom Alarmknopf deponiert.«
    »Das ist mir später klargeworden. Der Raum war am geeignetsten, weil er eine etwas breitere Tür hat. Die Karre habe ich dann wieder mit nach unten genommen.«
    »Warum? Wäre es nicht einfacher gewesen, sie stehenzulassen?« fragte Kate.
    »Natürlich wäre es einfacher gewesen, aber ich wollte nicht, daß jemand die Leiche in Zusammenhang mit der Karre brachte. Es sollte so aussehen, als wäre sie aus eigener Kraft hingekommen, sozusagen. Ich wollte nicht, daß die Karre überhaupt auffiel, also war es das beste, sie wieder an Ort und Stelle zu bringen. O’Hara stand noch immer glücklich in seiner Männergruppe und schenkte mir keinen einzigen Blick, als ich schnell das Haus verließ. Wahrscheinlich dachte er sich höhnisch, eine Mutter, die zu Fuß heruntergekommen ist, wird ihr gutgetan haben – falls er mich überhaupt gesehen hat, was ich bezweifle; er stand mit dem Rücken zu mir. Ich rannte um die Ecke, nahm mein Motorrad, sammelte Irene ein, und ab die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher