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Schule für höhere Töchter

Schule für höhere Töchter

Titel: Schule für höhere Töchter
Autoren: Amanda Cross
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sagte Kate, »und vergebt mir meine Hybris; wie für alles, haben die Griechen auch hierfür das richtige Wort.« Zu Patrick gewandt sagte sie: »Meine ganze Generation dankt Ihnen für den Scotch.«
    Nun ist es einer der erschreckenden, aber unbestreitbaren Aspekte der menschlichen Natur, daß wir für gewisse Leute erst dann besonders interessant werden, wenn sie uns gleichgültig geworden sind oder wir sie gar verachten. Ein Arbeitgeber wird sich immer bemühen, uns zu halten, wenn wir einen Job angeboten bekommen haben, den wir gern annehmen würden. Nie ist eine Ehefrau so attraktiv, wie wenn ein anderer sie begehrt. Darüber hinaus ist es höchst unerfreulich, wenn wir gerade beschlossen haben, jemanden nicht wiedersehen zu wollen, und derjenige uns dann sagt, er lege auf unsere Gesellschaft in Zukunft keinen Wert mehr. Kate hatte die beiden jungen Jablons kennenlernen wollen, doch ihre jetzt abweisende Haltung den beiden gegenüber katapultierte sie geradezu in deren Probleme.
    »Entschuldigung«, sagte Patrick, »aus ganzem Herzen. Ich hole Ihnen noch einen Scotch. Ich wasche mir die Füße. Ich binde mir eine Krawatte um – nein, eine Krawatte werde ich nicht umbinden. Wahrscheinlich kennen Sie diese Geschichte auch. Ich werde aufstehen, weil Sie eine Dame sind.« Mit der umwerfenden Anmut junger Männer sprang er auf.
    »Sicher haben Sie genug von mir«, sagte Angelica. »Alle haben genug von mir. Patrick war der einzige, von dem ich auch nur im Traum angenommen habe, ich könnte ihm helfen, und die Hunde haben ihn angegriffen. ›Eine Leiche, zum Fraß für die Hund’ und Vögel.‹ Das ist auch ein Zitat.« Und Angelica begann lauthals zu schluchzen.
    »Die Hunde haben mich nicht angegriffen. Ich dachte nur, sie würden es tun. Und ich bin keine Leiche. Miss Fansler, bitte bleiben Sie. Trinken Sie noch eine Tasse Tee.«
    »Großer Gott«, sagte Kate. »Himmel, Kreuz und Donnerwetter. Warum glaube ich nur immer wieder, die Wahrheit sei einfach? Und wenn Sie mir jetzt sagen, meine Generation glaube das immer, dann bekomme ich einen Anfall, das können Sie mir glauben.«
    »Noch etwas Eis?« fragte Patrick. »Angelica, hör auf zu weinen und hol Miss Fansler Eis. Ich bringe den Teewagen hinaus, bevor man ihn holen kommt. Unter welchem Sternzeichen sind Sie geboren?« fragte er Kate, die Hände auf dem Teetisch.
    »Lassen wir das«, sagte Kate, »ich bin mit meiner Vorlesung noch nicht zu Ende.«
    Nach einer Weile waren sie wieder versammelt. Patrick hatte den Teewagen hinausgebracht und ein Paar Turnschuhe angezogen, die, wenn auch kaum sauberer als seine Füße, so doch immerhin Schuhe waren. Kate hatte noch einen Drink angenommen, war zur Toilette gegangen und zurückgekehrt. Angelica hatte sich auf höchst abschließende Weise die Nase geputzt. Wie kommt es, fragte sich Kate, daß Liebe zwischen Menschen nur dort lebendig ist, wo Gefühle sind? Um wie viel besser dran waren doch die alten Männer in Piatos ›Der Staat‹. Sie nippte an ihrem Scotch und fuhr fort, als hätte es keine Unterbrechung gegeben.
    »An dem Abend, als eure Mutter starb, hatte sich die Gruppe zu einer Sitzung zusammengefunden. Freemond Oliver war zuerst hierher zu Angelica zum Dinner gekommen; ihr hattet vor, euch später bei Irene Rexton zu treffen. Die anderen trafen sich alle dort, wenn ich auch nicht genau weiß, wie viele ihr wart. Nachdem Freemond und Angelica gegangen waren, blieb Patrick mit seiner Mutter zu Hause, wenigstens für eine Weile; Mr. Jablon war schon vorher ausgegangen, um Bridge zu spielen.
    Zuerst habe ich vermutet, daß die Sitzung hier stattgefunden hätte, aber jetzt sehe ich, daß das unwahrscheinlich ist. Zum einen, weil Angelica wohl kaum das Risiko eingegangen wäre, von ihrer Mutter und ihrem Großvater belauscht zu werden. Das ist mir erst später klargeworden, als ich herauszufinden versuchte, in welchem Haus keine Erwachsenen zu Hause sein würden und kein Portier in der Eingangshalle.
    Was hier passiert ist, nachdem Angelica und Freemond gegangen waren, darüber weiß ich wenig. Laßt mich raten. Eure Mutter hat sich über irgend etwas aufgeregt und wollte wissen, wohin Angelica gegangen war.« Kate nickte Patrick zu.
    » ›Aufgeregt‹ ist gut«, sagte Patrick. »Etwas so Einfaches wie Aufregung hat sie nie gekannt; sie fing an, aus vollem Hals zu schreien und wurde immer schriller.«
    Kate konnte sich die Szene vorstellen und den Überdruß, den diese Jugendlichen ihrer Mutter gegenüber
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