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Schule der Liebe

Schule der Liebe

Titel: Schule der Liebe
Autoren: Diane Gaston
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sie inne und sahen einander lächelnd in die Augen. „Ich erinnere mich durchaus", sagte er, und für Morgana schien plötzlich die Zeit stillzustehen.
      Er öffnete die Tür. Die anderen Damen und Varney waren gerade dabei, sich zu verabschieden. Sloane führte Morgana zu ihrem Stuhl, und schließlich erschien auch Lord Cowdlin. Morgana hatte den Eindruck, dass ihr Onkel ziemlich rot im Gesicht war. Sorgfältig zählte sie die Logen ah, um herauszufinden, wen er und so viele der Männer im Theater aufgesucht hatten.
      Fünf Logen weiter saß eine in leuchtende Farben gekleidete Frau mit rotbraunem Haar, die mehrere Gentlemen um sich geschart hatte. Ihr Gewand war zwar nicht anstößig tief ausgeschnitten, aber es brachte ihren üppigen Busen dennoch vorteilhaft zur Geltung. Sie schien ein Ausbund an Eleganz und Fröhlichkeit zu sein. Die Frau bemerkte Morganas Blick und lächelte.
      „Wer ist sie?", wollte Morgana von Sloane wissen.
      Er runzelte die Stirn. „Niemand, den Sie kennen sollten, Miss Hart."
      „Wieso nicht? Ist sie eine Halbweltdame?"
      Er zog sie von der Brüstung zurück. „Sie sollten sich lieber nicht nach solchen Frauen erkundigen."
      Morgana schürzte die Lippen. „Ich bin nicht zimperlich, Mr. Sloane, wie Sie sehr wohl wissen. Ich habe beobachtet, wie mein Onkel und Lord Poltrop sie in ihrer Loge besucht haben, und würde nun gerne wissen, wer sie ist."
      Er bedeutete ihr erneut, zu schweigen, eine Geste, die sie schon als kleines Mädchen unsäglich geärgert hatte. Sie sah ihm fest in die Augen und wartete.
      Einen ungemütlich langen Augenblick lang hielt er ihrem Blickstand. Schließlich sagte er: „Das ist Harriette Wilson. Sie ist eine gefeierte Kurtisane, und keine Person, über die eine junge Dame aus Ihren Kreisen Bescheid wissen sollte."
      „Kennen Sie sie?", hakte Morgana nach.
      Ihre Blicke waren starr aufeinander geheftet. „Ich bin mit ihr bekannt", versetzte er nach einer Pause.
      Morgana öffnete gerade den Mund, um ihn zu fragen, was er damit meinte, da kam Hannah zu ihnen herüber. Ihre Freundin war gegangen, und zweifellos hatte sie bemerkt, dass ihr bevorzugter Verehrer sich vorübergehend mit einer anderen Person als ihr selbst unterhielt.
      Für Morgana war dieser kurze Wortwechsel mit Mr. Sloane anregender gewesen als alle anderen Eindrücke dieses Abends. Sie rostete sich mit dem Gedanken, dass sie noch öfters Gelegenheit zu Gesprächen mit ihm haben würde, da er sich ja höchstwahrscheinlich mit Hannah verloben würde.
      Sie spähte zu ihm hinüber. Er würde einen interessanten Freund abgeben; damit musste sie sich begnügen. Ihr Blick wanderte wieder zu Harriette Wilson. In deren Loge schenkte niemand dem Geschehen auf der Bühne auch nur die geringste Beachtung. Alle waren von Miss Wilson gefesselt, die Selbstbewusstsein und Charme ausstrahlte und darüber hinaus ihre Sinnlichkeit offen zur Schau stellte.
      Selbst Morgana konnte erkennen, wie anziehend sie wirkte. Dabei war sie keine junge Frau mehr, ja vielleicht sogar schon in den Vierzigern.
      Miss Wilson sah erneut zu ihrer Loge herüber. Diesmal allerdings galt ihre Aufmerksamkeit nicht Morgana, sondern Sloane.
      Was genau hatte Sloane damit gemeint, dass er mit der gefeierten Kurtisane „bekannt" sei?

Drittes Kapitel

    Am folgenden Nachmittag setzte Morgana einen Strohhut auf und ging zu dem kleinen Beet im Hintergarten hinaus, wo Lucy gerade Unkraut jätete.
      „Hallo, Lucy."
      Die junge Frau warf ihr bloß einen kurzen Blick zu. „Guten Tag, Miss."
      Morgana ließ sich auf einer Steinbank in Lucys Nähe nieder. Es war ein warmer Nachmittag, und milchigweiße Wolken zogen über den blauen Himmel. „Ich dachte mir, jetzt wäre ein günstiger Zeitpunkt, um uns ein wenig zu unterhalten."
      Lucy fuhr mit ihrer Arbeit fort. „Wie Sie meinen, Miss."
      Morgana seufzte. Dies würde ungefähr ebenso einfach werden, wie Zähne zu ziehen. „Ich wünschte, du würdest mir erklären, wieso du gestern mit diesem Mann davongelaufen bist."
      „Ich bin ihm begegnet, als ich einmal Besorgungen machte", erwiderte sie, ohne Morganas eigentliche Frage zu beantworten.
      „Ist er auf dich zugegangen? Was hat er zu dir gesagt?" Morgana schien es unfassbar, dass ein Mädchen so töricht sein konnte, sich von solch einem Mann ansprechen zu lassen.
      „Sie irren sich. Ich war's, ich habe ihn angesprochen. Sie werden wissen wollen, wieso, aber
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