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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Autoren: Hagen Seidel
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2014 würde, so die Argumentation, die mittelfristigen Wachstumschancen begrenzen. Und tatsächlich macht es das Urmeter des Onlinehandels, Amazon, in dieser Hinsicht kaum anders: Der US-Konzern ist zwar profitabel, begnügt sich aber mit winzigen Gewinnmargen, um weiter vor allem in die Logistik zu investieren und damit seine Claims auf den attraktiven Zukunftsmärkten der Welt abstecken zu können.
    Nur: Man muss daran glauben, dass diese mittel- bis langfristige Rechnung aufgeht und sich die Investitionen in absehbarer Zeit tatsächlich rechnen. Europäer, insbesondere viele Deutsche, haben ein Problem mit diesem eher amerikanischen Ansatz, zunächst einmal, sozusagen auf Pump, mit Vollgas gleich in mehreren Märkten gleichzeitig zu expandieren, um Positionen in einer sehr frühen Phase der Marktentwicklung zu besetzen und Konkurrenten klein zu halten. Die Gewinne kommen nach dieser Denkweise dann nach ein paar Jahren schon automatisch.
    Insbesondere deutsche Unternehmer oder Investoren dagegen bevorzugen traditionell die Strategie, vorsichtig einen Markt nach dem anderen für sich zu entwickeln und erst dann in das nächste Land weiterexpandieren, wenn sich die »älteren« neuen Märkte zumindest der Gewinnschwelle deutlich nähern. So macht es üblicherweise seit über 140 Jahren auch die Familie Haub, Eigentümerin der Tengelmann-Gruppe und früher Zalando-Investor – zumeist mit Erfolg. Diese konservative Vorgehensweise war über Jahrzehnte zumeist die richtige Kombination aus Risiko und Vorsicht. Doch ist diese Strategie dem enormen Wachstumstempo und den relativ geringen Marktzugangskriterien der Onlinewirtschaft nicht gewachsen: Ein Onlineshop lässt sich halt viel schneller und mit deutlich weniger Finanzaufwand aufbauen als eine traditionelle Ladenkette mit vielen teuer zu mietenden Geschäften. Die Konkurrenz ist Online somit potenziell deutlich größer als in der herkömmlichen Ladenwelt. Folglich liegt im Tempo bei der Besetzung neuer Märkte ein Erfolgskriterium für die Onlinehändler: Wer schon da ist und seine Marke bei der Kundschaft bekannt gemacht hat, kann sich – wenn er seine Arbeit gut macht – einigermaßen sicher vor neuer Konkurrenz sein, kann seinen Vorsprung verteidigen und ausbauen und als klare Nummer eins dann irgendwann richtig viel Geld zu verdienen. Nach dem bereits erläuterten Motto »The winner takes it all«. Oder: Wer zu spät kommt, den bestraft der Markt.
    Allerdings haben sich die Zeiten für die Unternehmens-Finanzierung verändert: Erst das Auftreten der Risikokapitalgeber macht es den Markteroberern heutiger Zeiten überhaupt möglich, mehrere Schritte auf einmal zu machen. Jedenfalls dann, wenn sie wie Zalando entsprechende Finanziers finden. Frühere Gründer-Generationen dagegen mussten erst in ihren bestehenden Märkten so viel Geld verdienen, dass sie sich den Schritt in ein neues Land leisten konnten. So dauerte es bei ihnen Jahrzehnte, was die Web 2.0-Händler wie Zalando in wenigen Jahren schaffen
    Deshalb auch erscheinen den Älteren die Jüngeren mit ihren extrem ehrgeizigen Vorstellungen vom richtigen Wachstumstempo auch bisweilen wie Größenwahnsinnige – und entsprechend fallen auch die Einschätzungen der Alteingesessenen zu den Gewinnchancen der halbwüchsigen Umsatzriesen aus.
    Die Alten aber haben zunächst einmal die Fakten auf ihrer Seite: Umsatz ist nicht Gewinn und noch hat Zalando keinen Cent verdient. Dass ihnen das immer wieder vorgehalten wird, ärgert Gentz, Schneider und Rubin Ritter. »Es hat vielleicht etwas typisch Deutsches: Wenn jemand mit einer neuen Idee oder Methode sehr erfolgreich ist, kann da aus Sicht mancher Menschen irgendetwas nicht stimmen. Dieser Haltung begegnen wir oft«, klagt Gentz. Miteigentümer Haub stimmt zu: »In Deutschland sehe ich auch bei manchen ein gewisses Maß an Neid: Wenn jemand so schnell so sehr wächst, wie Zalando, kann da doch nicht alles mit rechten Dingen zugehen. Diese Einstellung ist natürlich Unsinn. Aber sie wird sich drehen, wenn Zalando dauerhaft Ergebnisse liefert und der Erfolg für alle sichtbar wird. Und genau das wird passieren.«
    Gentz vermisst so etwas wie Stolz darauf, dass es gelungen ist, ein solches Unternehmen aus Deutschland heraus aufzubauen und hier in der Zentrale sowie in den Logistikstandorten Tausende von Jobs geschaffen zu haben. »In den USA«, sagt der Zalando-Gründer, »wäre das ganz anders«. Da wären sie vermutlich Helden.
    Schneider drückt die Skepsis, die
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