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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht
Autoren: Jack Higgins
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immer, Martin,
wirklich. Aber wir müssen endlich zur Sache kommen.«
    Fallon schüttelte den Kopf, und
wider seinen Willen huschte ein kleines Lächeln um seinen Mund.
»Du verschwendest deine Zeit, O'Hara«, sagte er und fuhr
dann fort: »Ich bin schön sicher hier. Vier starke
Wände, ein Dach, um den Regen abzuhalten, meine Schreibmaschine,
um die Rechnungen zu bezahlen, und ein guter Tropfen – das
genügt mir.«
      »So habe ich es mir vorgestellt«, brauste
der alte Mann auf. »Der Whisky soll die Leere in dir
ausfüllen!« Seine Worte überschlugen sich
plötzlich; er sprudelte: »Mann Gottes, nicht einmal die
ganze Irische See würde ausreichen, um das Loch in dir
auszufüllen!«
      Für einen kurzen Augenblick verlor Fallon die
Gewalt über sein Gesicht, und ein Ausdruck von Furcht kam in seine
Augen; doch dann gewann er wieder die Kontrolle über sich,
lächelte leicht und meinte: »Wirklich, du solltest
eigentlich Bücher schreiben; du bist besser als ich!«
      O'Hara lehnte sich zurück, und ein zufriedenes
Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Bist du jetzt endlich
bereit anzuhören, weshalb wir gekommen sind?«
      Einen Augenblick lang zögerte Fallon, dann siegte
die Neugier in ihm, und er zuckte die Achseln. »Na schön,
ich höre. Es kann ja nicht schaden.«
      O'Hara nickte, Doolan beugte sich vor und sagte mit
leiser Stimme: »Haben Sie schon mal etwas von Patrick Rogan
gehört, Mr. Fallon?«
      Fallon runzelte die Stirn. »Natürlich, ich
kannte ihn sehr gut. Ein verrückter, strohköpfiger Fanatiker.
Er wurde in einem Gefecht mit der Polizei auf den Docks von Belfast
erschossen.«
    »Er hatte einen Sohn«, setzte O'Hara ruhig hinzu.
      »Ja, er hatte einen Sohn«, stimmte Fallon
zu. »Der wurde Shamus genannt und 1945 bei einem Überfall
auf eine Polizeikaserne der unteren Grafschaft getötet. Den Namen
des Ortes habe ich vergessen.«
    »Da war aber noch ein zweiter
Sohn«, warf Doolan ein. »Wußten Sie das? Er war noch
ein kleiner Bengel, als der Vater umgelegt wurde. Lesen Sie hier
niemals die Zeitungen, Mr. Fallon?«
    »Nein, die können mir gestohlen bleiben.«
      Doolan lächelte kurz und fuhr fort: »Vor
zwei Jahren hat die Polizei in Belfast eine Großaktion
veranstaltet und die meisten Führer hochgehen lassen. Patrick
Rogan war damals gerade zwanzig und noch nicht lange dort drüben,
aber er bewährte sich bei dieser Gelegenheit und bewies, daß
er der Sohn seines Vaters war. Er übernahm die Führung der
Organisation und war so erfolgreich, daß wir ihn
schließlich in der Leitung beließen.«
      Fallon zog die Augenbrauen hoch und meinte: »Er muß doch noch ein Junge sein.«
      »Das ist er auch«, gab Doolan zu,
»aber ein Junge, den wir nicht mehr entbehren können. In
diesen letzten beiden Jahren hat er nur in Gefahr gelebt und ist
für seine Leute ein Held, eine Legende geworden.« Er machte
eine Pause, und das einzige Geräusch im Raum war das Krachen der
Holzscheite im Feuer und das Trommeln des Regens am Fenster. O'Hara
keuchte asthmatisch, und Dolían setzte schwerwiegend hinzu:
»Vorgestern haben sie ihn hochgehen lassen.«
      Wieder trat ein kurzes Schweigen ein; dann bemerkte
Fallon gleichmütig: »Es erwischt uns alle einmal. Er hat
verspielt…«
      »Wir müssen ihn herausbekommen«,
unterbrach O'Hara plötzlich. »Er darf nicht vor Gericht
kommen!«
      Fallons Augen wurden schmal; er schaute zuerst auf
Doolan, der vor ihm den Blick senkte, dann auf O'Hara und lachte kurz.
»Was wollt ihr mir eigentlich weismachen? Warum sollte er nicht
vor Gericht kommen? Ich habe auch vor Gericht gestanden. Warum ist
Rogan so etwas Besonderes?«
      Doolan seufzte und sagte dann zu O'Hara: »Wir müssen ihm die Wahrheit sagen. Es hilft nichts.«
    O'Hara nickte. »Ich wußte, daß es so weit käme. Ich glaubte
    nicht, daß er sich nur eine Minute lang etwas vormachen ließe.«
      Doolan wandte sich wieder zu Fallon. Er schien nach
Worten zu suchen und sagte dann: »Sehen Sie, Mr. Fallon, es
stimmt alles, was ich Ihnen über Rogan erzählte. Er hat
seinem Vaterland große Dienste geleistet. Er hat in Ulster sehr
gute Arbeit getan, aber…«
      »Aber er ist nicht zuverlässig«,
setzte O'Hara hinzu. »Es könnte das Ende der Organisation in
Ulster bedeuten, wenn er jemals vor Gericht kommt.«
      Fallon goß sich von neuem sein Glas voll und
meinte kühl: »Dann ginge die Arbeit von Jahren in Rauch auf,
was? Das wäre natürlich nicht sehr schön.
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