Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
eiskalt, »ich war noch ein Schuljunge, da habe
ich schon für die IRA gelebt, und als ich siebzehn war, habe ich
mich ihr zur Verfügung gestellt. Mit zweiundzwanzig war ich
Führer der Organisation in Ulster. Mein Name war im ganzen Land
bekannt. Heute bin ich vierundvierzig Jahre alt; neun davon habe ich im
Gefängnis verbracht. Ich glaube, ich habe meinen Teil für
Irland getan.«
      »Gut, gut, Martin«, meinte O'Hara
besänftigend. »Es verkennt ja niemand, was du gelitten hast.
Aber all das Vergangene sollte dich doch nur in dem Entschluß
bestärken, zu kämpfen, bis ganz Irland frei ist.«
    Fallon warf den Kopf zurück und
lachte wild. »Du lieber Himmel«, brüllte er,
»verkauft ihr immer noch diesen Klimbim? Das Land ist doch so
frei, wie es nur sein will. Wenn sie oben nördlich der Grenze
irgend etwas ändern wollen, dann erreichen sie das durch die
Regierung und durch Gesetze. Pistolen und Bomben dienen nur dazu, sie
zu überzeugen, wie viel besser sie ohne uns auskommen.«
      Doolan stöhnte und schüttelte mehrere Male
seinen Kopf. Fallon gab ihm ein Glas Whisky, das der schmächtige
Mann auf einen Zug leerte. Dann betastete er vorsichtig sein Gesicht
und meinte mit einem schiefen Lächeln: »Sie haben einen
verdammt guten Schlag, Mr. Fallon, daran läßt sich nicht
zweifeln.«
      Fallon grinste und setzte sich. »Es tut mir
leid, ich habe mich vergessen. – Aber Sie haben mich an einer
empfindlichen Stelle erwischt.«
      »Davor möchte ich jeden warnen, das zu
wiederholen«, preßte Doolan mit einem Versuch von Ironie
heraus.
      O'Hara räusperte sich und spuckte ins Feuer.
»Wir wären nicht zu dir gekommen, wenn wir jemand anders
gewußt hätten, Martin. Wir haben ein sehr schweres
Stück Arbeit vor uns, und du bist der einzige, der sie schaffen
kann. Leider ist es so.«
    »Ihr verschwendet eure Zeit.«
      Da erhob sich Doolan schwer und fragte mit einem
rätselhaften Unterton in seiner Stimme: »Soll das
heißen, daß Sie uns nicht helfen wollen, Mr. Fallon?«
    Fallon zog eine Zigarette heraus, nahm Feuer und erwiderte:
      »Genau das wollte ich sagen.« Doolan
drehte sich daraufhin hilflos zu O'Hara um, und Fallon fuhr fort:
»Der alte Bursche dort wußte ganz genau, daß ich
nicht einen Finger für euch rühren würde. Er hätte
Sie nicht hierher schleppen sollen.«
      O'Hara richtete die Augen scheinheilig zur Decke, und
Doolan entgegnete: »Aber warum wollen Sie nicht? Sie waren doch
der Größte von allen! Und Sie wurden überall verehrt,
in ganz Irland, von einer Küste zur anderen.«
    Fallon nickte und meinte leichthin:
»Ja, und am besten wäre es gewesen, wenn ich drauf gegangen
wäre. Dann hätte der Verein wenigstens noch einen
Märtyrer an mir gehabt.« Doolan wandte sich brüsk und
widerwillig ab, Fallon aber fragte ihn daraufhin ernsthaft: »Wie
alt sind Sie? Und wie oft sind Sie schon über die Grenze gegangen?
Ich habe mehr als ein Lebensalter dort verbracht – sogar mehr als
eine Ewigkeit. Ich bin kreuz und quer durch Ulster und durch England
gejagt worden. Vor fünf Jahren bin ich aus dem Gefängnis von
Dartmoor ausgebrochen. Drei Wochen lang wurde ich wie ein Tier gehetzt,
bevor ich wieder dieses Land hier erreichte. Oh, ich war nur so lange
der große Held, bis ich ihnen dort im Hauptquartier sagte,
daß ich es satt habe. O'Hara war dabei. Er weiß, was danach
geschah.«
      »Du warst ein kranker Mann, Martin«, sagte
O'Hara sanft. »Du warst nicht zurechnungsfähig.«
      Fallon lachte böse. »Ich war zum erstenmal
in meinem Leben richtig zurechnungsfähig. Ich hatte nämlich
genug Zeit gehabt, um mir alles zu überlegen.«
      »Aber Sie können die Organisation nicht
verlassen«, sagte Doolan. »Wer einmal Mitglied ist, bleibt
es sein Leben lang. Es gibt nur einen Weg auszuscheiden…«
      »Ich weiß«, sagte Fallon. »Den
Weg geht man mit den Füßen voran! Aber das können sie
mit mir nicht machen. Sie können den größten lebenden
Helden, den sie aufzuweisen haben, nicht verurteilen und über den
Haufen schießen. Wenn sie das wagten, könnten die Leute
glauben, daß irgend etwas an ihrer Sache faul sei, und die
Auflösung würde einsetzen. Nein, nein, sie müssen mich
in Ruhe lassen und zufrieden sein, wenn ich mich von selbst hier in der
Wildnis verkrieche. Wer weiß – vielleicht sind sie sogar
glücklich, wenn ich mich hier zu Tode saufe.«
      Doolan starrte ihn hilflos an, während O'Hara
ruhig antwortete: »Reden konntest du schon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher