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Schottlands Wächter (German Edition)

Schottlands Wächter (German Edition)

Titel: Schottlands Wächter (German Edition)
Autoren: Katharina Gerlach
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Läden handelte, war das Spiel nicht so spannend wie in einer Wohngegend, aber es lenkte sie von der Frau mit den Schwimmhäuten und dem Boobrie ab.
    Wieder hielt der Bus an einer Ampel. Ein braunes, faltiges Gesicht mit wilder, rotbrauner Löwenmähne und ohne erkennbare Nase sah aus einem Fenster und eine kleine, braune Hand winkte ihr zu. Es war eindeutig einer der helfenden Hausgeister, die Brownies genannt wurden. Bryanna schlug die Hände vor das Gesicht.
    „Es gibt keine Fabelwesen”, flüsterte sie mehrmals. Es war wie ein Gebet oder ein Zauberspruch, und es half. Als sie die Hände wieder sinken ließ, war der Brownie verschwunden. Besorgt betrachtete sie die Fassaden der Häuser und die großen Schaufenster der Geschäfte, sah aber keinen weiteren Brownie.
    Sie atmete erleichtert auf, während sich der Bus durch den Feierabendverkehr schob, hin und wieder durch Bauarbeiten behindert. Geschäftig wie Ameisen eilten auf den Bürgersteigen Menschen verschiedenster Rassen hin und her. Als kein weiteres Fabelwesen auftauchte, entspannte sich Bryanna und sah auf den Monitor der Überwachungskameras. Er zeigte ihr die Fahrgäste auf den Sitzen hinter ihr. Viele waren bereits ausgestiegen, und so waren die meisten blauen Sitze mit dem rot-grün-weißen Tartanmuster leer. Ein Mann auf dem Bürgersteif betrachtete die Auslage eines Comic-Shops.
    Nur noch wenige Haltestellen bis zu Bryannas Halt, und noch immer fuhr die schwarze Kutsche vor dem Bus durch den Regen. Bryanna fragte sich, wo sie wohl hin wollte. Sie war fast ein wenig enttäuscht, als der Bus zum Salisbury Place einbog und die Kutsche nicht. Ich wünschte, ich könnte sie Dad zeigen. Das würde ihm gefallen. Bryannas Magen knurrte. Gut, dass es bald Mittagessen gibt . Das gemeinsame Mittagessen in ihrem viktorianisch eingerichteten Speisezimmer war ein kleines Ritual. Sie liebte es, ihrem Vater von der Schule zu erzählen oder seiner tiefen Stimme zu lauschen, auch wenn sie seine neuesten Forschungsergebnisse nicht besonders interessierten. Ihr Vater gab ihr das Gefühl bereits erwachsen zu sein. Für ihn war sie jemand mit dem er sich über alles unterhalten konnte.
    Der Turm der Kapelle am Eingangstor des Friedhofs kam in Sicht. Bryanna nahm ihre Taschen und drückte den Knopf, der den Fahrer aufforderte, den Bus anzuhalten. Vorsichtig stieg sie die Treppe hinunter und verließ den Bus, kaum dass er hielt. Draußen zog sie die Kapuze des Regenmantels über ihre schwarzen Zöpfe und ging den schmalen Weg an der Friedhofsmauer entlang nach Hause.

    „Dad! Ich bin‘s”, rief sie in das Halbdunkel des alten Hauses, als sie den nassen Regenmantel aufhängte. Ihr Vater kam mit einem Stapel Bücher in den Armen aus dem Wohnzimmer. Mit dem Kinn hielt er das oberste Buch fest, damit ihm der Stapel nicht wegrutschen konnte. Er spitzte die Lippen und blies ihr einen Kuss entgegen.
    „Hallo mein Schatz. Ich bin gleich wieder untern, muss nur eben die Bücher nach oben bringen. Hast du an die Zeitung gedacht?”
    Bryanna wusste, dass ihr Vater sich nicht helfen lassen würde. So nickte sie nur, zog die Zeitung aus der Tasche und legte sie oben auf den Bücherstapel. Sie sah ihrem Vater nach, wie er die Treppe nach oben wankte. Oben angekommen, sah er kurz über das Geländer. Seine grauen Locken waren mal wieder zu lang und hingen ihm ins Gesicht. Er blies sie weg.
    „Holst du schon mal den Tee aus der Küche, bitte? Ich bin in einer Minute bei dir.” Er verschwand bevor Bryanna antworten konnte.
    Es läutete an der Haustür, und sie öffnete. Vor der Tür stand eine Frau mittleren Alters in einem langen, grauen Reisekleid, das schon vor hundert Jahren altmodisch gewesen sein musste. Sie kam Bryanna sonderbar vertraut vor. Wie staunte sie, als sie am Straßenrand die schwarze Kutsche warten sah. Die Frau begrüßte sie lächelnd. Ihre schwarzen Augen leuchteten, als hätten sie etwas Wunderbares entdeckt.
    „Fàilte, Bryanna McConnachie. Ich bin Morag MacDonald und kam, um deinen Vater zu sehen. Darf ich hereinkommen? Ich habe eine lange Reise hinter mir.”
    Die Stimme ließ Bryannas Herz schneller schlagen, aber sie wusste nicht warum. Sie schüttelte ihre Verwirrung ab und bat Morag einzutreten. Als die Besucherin an ihr vorbei ging, hing ein Duft nach blühendem Heidekraut in der Luft. Bryannas Herz schmerzte mit einer Sehnsucht, die sie sich schon vor langer Zeit selbst verboten hatte. Sie bekämpfte das Gefühl und führte Morag ins
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