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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Autoren: Karl Olsberg
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seine schlechte Meinung beispielsweise über ethnische Minderheiten be-stätigen. Wann immer er einen Angehörigen dieser Minderheit sieht, der sich ungebührlich oder dumm verhält, wird er dies als weitere Bestätigung seiner Sichtweise auffassen. Vielleicht wird er ein solches Verhalten sogar - bewusst oder unbewusst - provozieren. »Normale« Angehörige dieser Minderheit wird er dagegen nicht bewusst wahrnehmen, die Erinnerungen an »langweilige« Begegnungen werden einfach ausgeblendet, ebenso wie schlechtes Benehmen seiner eigenen Volksgruppe. Der Rassist wird sich mit anderen Rassisten treffen und Witze oder abfällige Bemerkungen über die Minderheiten machen. Er wird vielleicht Bücher lesen, die seine Ansichten bestätigen. Aber er wird einen Bogen um Bücher, Vorträge oder Fernsehsendungen machen, die sich für die Rechte ausländischer Minderheiten einsetzen.
    Besonders üble Mem-Kombinationen entstehen aus der Symbiose eines bösartigen mit einem eigentlich gutartigen Mem. Den Glauben an eine höhere Gerechtigkeit, an einen Gott, der uns lehrt, unseren Nächsten zu lieben, anderen zu verzeihen und seine Gebote zu achten, könnte man beispielsweise als ein positives Mem ansehen, auch wenn überzeugte Atheisten dies vermutlich bestreiten. Auf jeden Fall ist dieses Mem ein besonders häufig benutztes Einfallstor für bösartige Meme, eine Art trojanisches Pferd. In Kombination mit den Memen »Mein Glaube ist der einzig richtige« und »Jeder, der etwas anderes glaubt, verstößt gegen Gottes Gebote, deshalb gelten die Gebote der Nächstenliebe und des Friedens ihm gegenüber nicht« wird daraus jene Mischung aus Selbstgerechtigkeit und Hass, die einer der Hauptauslöser für Krieg, Terror und Gewalt in unserer Welt ist. Dabei ist es auch für nicht philosophisch gebildete Menschen leicht zu erkennen, dass die letztgenannten beiden Meme anmaßend und bösartig sein müssen.
    Leider gibt es keine allgemeingültige Methode, um gute von bösen Memen zuverlässig zu unterscheiden. Aber es gibt Symptome, an denen sich erkennen lässt, ob man selbst von einem potentiell bösartigen Mem »befallen« ist, ähnlich wie sich eine Viruserkrankung in bestimmten körperlichen Merkmalen äußert. Einige dieser Symptome sind:
    -    Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Meinung die einzig richtige ist.
    -    Wir entwickeln Ungeduld oder Zorn, wenn jemand eine andere Meinung vertritt.
    -    Wir sehen Menschen mit anderer Meinung als ungebildet, dumm oder bösartig an.
    -    Wir lesen bevorzugt Bücher, die unsere eigene Meinung bestätigen, und vermeiden den Kontakt mit Personen, die anderer Meinung sind.
    Diese Symptome sind Zeichen dafür, dass sich ein oder mehrere Meme in unserem Kopf festgesetzt haben, die sich dort gegen den Einfluss fremder Meme abschotten. Wenn wir zulassen, dass das geschieht, wenn wir uns vor dem Einfluss fremder Meinungen verschließen, dann haben wir uns zu einem willenlosen Werkzeug der Meme in unserem Kopf gemacht. Wir haben aufgehört zu selektieren und reproduzieren nur noch wie dumme Kopierautomaten.
    Um das zu verhindern, dürfen wir nie vergessen, dass es nicht nur gutartige, sondern auch bösartige Meme gibt, die sich unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt »egoistisch« auszubreiten versuchen. Wir müssen uns der Gefahr bewusst sein, dass liebgewonnene Sichtweisen in Wahrheit schädliche Meme sein könnten, die unsere menschlichen Schwächen ausnutzen wie ein Virus in unserem Geist. Dabei hilft vielleicht die Erkenntnis, dass wir von der Evolution der Meme als Lakaien benutzt und gelegentlich auch missbraucht werden.
    Auch die Gedanken in diesem Buch sind natürlich Meme - gutartige, wie ich hoffe. Sie sollen so etwas wie ein »Immunsystem« gegen die Infektion mit bösartigen Memen bilden. Indem ich Sie quasi mit der Erkenntnis Ihrer eigenen Anfälligkeit gegen bösartige Meme »impfe«, trage ich vielleicht dazu bei, dass diese sich weniger gut ausbreiten können.

3.3. Gärtner im Garten Eden
    Unabhängig davon, was und wie wir selektieren, können wir davon ausgehen, dass sich die Reproduktion, Mutation und Selektion von Memen weiter automatisieren wird. Wie aber gehen Maschinen mit der Selektion um? Können sie auch zwischen »guten« und »bösen« Memen unterscheiden?
    Prinzipiell gibt es keinen Grund anzunehmen, dass nicht auch Maschinen irgendwann so etwas wie eine Moral oder Philosophie entwickeln können. Doch solange das nicht geschehen ist, kennen sie nur
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