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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Autoren: Karl Olsberg
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anfänglichen Erfolgen - dem Rückgang der Rindersterblichkeit beispielsweise - bestärkt wurden. Sie blendeten Informationen, die ihrem Erfolgskonzept widersprachen, einfach aus, bis es zu spät war. Dörner hat seine Erkenntnisse in dem Buch »Die Logik des Misslingens« veröffentlicht -eine Pflichtlektüre für jeden, der komplexe Entscheidungen mit weitreichenden Folgen treffen muss.

    Informations- und Entscheidungsverhalten im Zeitablauf nach Dietrich Dörner (vereinfachte Darstellung)
    Man darf aus Dörners Analyse nicht den Schluss ziehen, am besten gar keine Entscheidungen mehr zu treffen, die Moros also quasi ihrem Schicksal zu überlassen. Es war im Experiment durchaus möglich, die Lebensqualität der Moros mit vorsichtigen, ausgewogenen Maßnahmen graduell zu steigern. Doch dazu mussten die Testpersonen bereit sein, die eigenen Annahmen über die Wirkungszusammenhänge ständig in Frage zu stellen. Sie mussten sogar systematisch nach Hinweisen darauf suchen, dass das eigene Gedankenmodell der Zusammenhänge nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
    Die Zukunft wird also alles andere als »einfach«, und die komplexen Folgen heutiger technischer Entwicklungen lassen sich kaum absehen. Hinzu kommt, dass wir die me-metische Evolution nicht kontrollieren, dass sie sich immer mehr verselbständigt.
    Die Spekulationen darüber, was das für unsere Zukunft bedeuten könnte, sind vielfältig. Sie reichen von Katastrophenszenarien, in denen die Menschheit wahlweise durch Atombomben, Kampfroboter, ungebremste Umweltzerstörung, sich selbst replizierende Nanomaschinen oder künstliche Killerviren ausgelöscht wird, bis zu Phantastereien von unsterblicher Glückseligkeit in unendlichen virtuellen Welten, in die wir unseren Geist »hochgeladen« haben.
    Dass die meisten Prognosen entweder sehr pessimistisch oder geradezu euphorisch klingen, liegt daran, dass sie fast immer mit einer bestimmten Absicht verbunden sind. Sie wollen uns entweder vor den Gefahren warnen, die auf dem Weg vor uns liegen - dann sind sie meistens zu negativ gefärbt. Bill Joys Essay gehört in diese Kategorie, ebenso möglicherweise auch dieses Buch. Oder sie wollen uns für Technik oder eine bestimmte Herangehensweise begeistern - dann wird die Zukunft in den schillerndsten Farben ausgemalt und prophezeit, dass ihre Segnungen uns ein unbeschwertes, sorgenfreies, gesundes, glückliches, möglicherweise gar ewiges Leben bescheren. Hierzu gehören Ray Kurzweils Utopien ebenso wie die Werbeprospekte mancher Bio- und Nanotechnologie-Unternehmen.
    Beide Sichtweisen sind äußerst unwahrscheinlich. Und zwar mit der einfachen, aber zwingenden Begründung, dass sie viel zu simpel sind. Was immer die Zukunft sein wird, sie ist ganz sicher nicht so einfach und eindimensional, wie sie meistens dargestellt wird.
    Wir haben einen freien Willen. Wir haben die Macht der Selektion. Der schlimmste Fehler, den wir machen können, wäre, diese Macht nicht zu nutzen oder allzu sorglos mit ihr umzugehen. Wir haben allerdings auch gesehen, wie schwierig es mitunter ist, zwischen »guten« und »bösen« Memen zu unterscheiden. Das Problem wird noch durch den Umstand verschärft, dass uns viele bösartige Meme zunächst positiv erscheinen - sonst würden wir sie gar nicht erst verbreiten.
    Betrachten wir als ein weiteres Beispiel ein besonders perfides Mem: die Vorstellung, dass bestimmte Völker oder menschliche Rassen anderen überlegen sind und daher das Recht haben, diese zu unterdrücken oder gar zu vernichten. Einem aufgeklärten Menschen erscheint es offensichtlich, dass es sich hierbei um einen bösartigen Parasiten in unseren Köpfen handeln muss. Und doch war dieses Mem im letzten Jahrhundert so erfolgreich, dass es den Tod vieler Millionen Menschen verursacht hat, und es hält sich immer noch äußerst hartnäckig.
    Das Rassismus-Mem benutzt dazu verschiedene Techniken, mit denen es sich als gutartig tarnt. Beispielsweise geht es eine Symbiose mit einem anderen Mem ein: der Angst vor dem Fremden. Rassismus gründet häufig in der Furcht vor der Dominanz durch eine andere Kultur oder Rasse. So entsteht der Gedanke, sich gegen eine solche Bedrohung zur Wehr setzen zu müssen.
    Dann setzt das ein, was Dietrich Dörner bei seinen Testpersonen beobachtet hat: die selektive Wahrnehmung, die gezielte Suche nach Informationen, die die eigene Weltsicht bestätigen, das Ignorieren von Hinweisen auf das Gegenteil.
    Ein Rassist wird nach Vorfällen suchen, die
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