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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine
Autoren: Terry Pratchett
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Betriebsamkeit.
    Er hatte das alles bewirkt. Und alles lief wie am Schnürchen. Dies war das Postamt. Und das alles machte überhaupt keinen Spaß mehr.
    Er ging hinunter zu den Sortierräumen, er schaute im Aufenthaltsraum der Postboten vorbei, um eine gesellige Tasse teerähnlichen Tee zu trinken, er schlenderte auf dem Kutschenhof herum und stand Leuten im Weg, die versuchten, ihre Arbeit zu machen, und schließlich stapfte er zu seinem Büro zurück, gebeugt unter der Last der Stumpfsinnigkeit.
    Zufällig schaute er aus dem Fenster, wie es schließlich jedem mal passieren kann. Der Kutscher verzehrte sein Mittagessen! Sein verdammtes Mittagessen! Er saß sogar auf einem kleinen Klappstuhl auf dem Straßenpflaster und hatte sein Mittagessen auf einem kleinen Klapptisch aufgebaut! Es handelte sich um eine große Fleischpastete und eine Flasche Bier! Er hatte sogar ein weißes Tischtuch ausgebreitet!
    Feucht stürmte wie ein wütender Stepptänzer die Treppe hinunter und durch die große Doppeltür nach draußen. Während er auf die Kutsche zueilte, dauerte es nur einen vollgepackten Moment, bis Mahlzeit, Tisch, Tuch und Stuhl zusammengeklappt in einem unauffälligen Fach verstaut waren und der Mann neben der einladend geöffneten Tür stand.
    »Was soll das alles?«, rief Feucht, nach Atem ringend. »Ich habe nicht den ganzen ...«
    »Ah, Herr Lipwig«, antwortete Lord Vetinaris Stimme von drinnen, »steig doch bitte ein. Vielen Dank, Hausmann, Frau Üppig wird warten. Beeil dich, Herr Lipwig, ich werde dich nicht fressen. Ich hatte soeben ein durchaus schmackhaftes Käsesandwich.«
    Was konnte es schaden, wenn er herausfand, was vor sich ging? Das war eine Frage, die im Laufe der Jahrhunderte viele blaue Flecken zur Folge gehabt hatte, noch viel mehr als »Es kann nicht schaden, wenn ich nur eine nehme« oder »Es ist kein Problem, wenn du es im Stehen machst«.
    Feucht stieg in die düstere Kutsche. Die Tür fiel klickend hinter ihm zu, und er fuhr plötzlich herum.
    »Also wirklich!«, sagte Lord Vetinari. »Die Tür ist nur geschlossen und nicht ab geschlossen, Herr Lipwig. Reiß dich bitte zusammen!« Neben ihm saß Drumknott mit einer großen Ledertasche auf dem Schoß.
    »Was willst du von mir?«, fragte Feucht.
    Lord Vetinari zog wieder die besagte Augenbraue hoch. »Ich? Gar nichts. Was willst du?«

»Was?«
    »Schließlich bist du in meine Kutsche gestiegen, Herr Lipwig.«
    »Ja, aber mir wurde gesagt, dass sie draußen wartet!«
    »Und wenn man dir gesagt hätte, dass sie schwarz ist, hättest du es dann für nötig gehalten, deswegen etwas zu unternehmen? Dort ist die Tür, Herr Lipwig.«
    »Aber du hast hier den ganzen Vormittag lang gewartet!«
    »Es ist eine öffentliche Straße, mein Herr«, sagte Lord Vetinari. »Jetzt setz dich endlich! Gut.«
    Die Kutsche fuhr mit einem Ruck an.
    »Du bist sehr unruhig, Herr Lipwig«, sagte Vetinari. »Du bist unvorsichtig geworden. Das Leben hat seinen Reiz verloren, nicht wahr?«
    Feucht sagte dazu nichts.
    »Lass uns über Engel reden«, schlug Lord Vetinari vor.
    »Oh ja, den kenne ich schon«, sagte Feucht verbittert. »Den habe ich schon mal gehört. Damit hast du mich gekriegt, nachdem ich gehängt wurde ...«
    Vetinari zog eine Augenbraue hoch. »Nur größtenteils gehängt, wie dir aufgefallen sein dürfte. Haarscharf am Tod vorbei.«
    »Wie auch immer! Ich wurde gehängt! Und das Schlimmste daran war, dass ich nur zwei Absätze im Kittchen-Kurier   1  bekommen habe! Nur zwei Absätze für ein Leben voller genialer, einfallsreicher und strikt gewaltloser Verbrechen? Ich hätte ein großes Vorbild für die Jugend sein können! Seite eins wurde ganz von dem legasthenischen Alphabetmörder in Beschlag genommen, und dabei hat er nur A und W geschafft!«
    »Ich muss einräumen, dass der Chefredakteur zu glauben scheint, etwas sei kein richtiges Verbrechen, wenn das Opfer nicht auf mindestens drei verschiedenen Straßen gleichzeitig gefunden wird, aber das ist nun mal der Preis einer freien Presse. Außerdem kommt es doch uns beiden entgegen, dass Albert Spanglers Abgang aus dieser Welt keinen ... allzu großen Eindruck hinterlassen hat, nicht wahr?«
    »Ja, aber mit einem solchen Leben nach dem Tode hatte ich nicht gerechnet! Muss ich jetzt für den Rest meines Lebens tun, was man mir sagt?«
    »Ich korrigiere: für den Rest deines neuen Lebens. Grob gesagt könnte man es so ausdrücken, ja«, sagte Vetinari. »Trotzdem möchte ich es etwas
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