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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod
Autoren: Josh Bazell
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Frühlingsabendluft voller Glühwürmchen und nach beschwipsten weiblichen Grillpartygästen.
    Denn ich fühle mich ganz und gar nicht schlecht.
    Ich bin in New York. Ich kann mir ein Hotelzimmer nehmen und WITSEC von da aus anrufen. Dann kann ich in ein
Museum
oder ins Kino gehen. Ich kann mit der Staten-Island-Fähre fahren. Sollte ich eher nicht, da jedes männliche Wesen auf Staten entweder ein Cop oder ein Mobster ist, aber ich kann. Ich kann mir ein verdammtes
Buch
kaufen, in ein
Cafe
gehen und lesen.
    Wie hab ich's doch gehasst, Arzt zu sein.
    Seit dem Studium war mir das zuwider. Das endlose Leiden und Sterben von Patienten, deren Leben ich in Ordnung bringen sollte, aber nicht konnte, weil es entweder niemand konnte oder ich einfach nicht gut genug war. Die Missstände und die Verlogenheit. Die zermürbenden Arbeitszeiten.
    Und besonders zuwider war mir dieser New Yorker Todesstern von einem Krankenhaus, dieses neonleuchtende Moria, das jeder ManCat nennt.
    Ich bin Arzt geblieben, solange ich konnte. Ich weiß, ich habe etwas gutzumachen, und ich bin froh, dass ich als Arzt gezwungen war, meine Schuld abzutragen, und dass jeder Tag als Arzt meine gute Tat mit sich gebracht hat, so dass ich die Gelegenheit dazu nicht erst suchen musste.
    Aber ich kann nur büßen, was ich büßen kann. Wenn ich mich jetzt, wo ich sieben Jahre wegwerfe, auch noch umbringen lasse, hilft das niemandem. Es wäre bloß Verschwendung. In diesem Beruf gibt es für mich nichts mehr zu tun.
    Das ist noch kein Weltuntergang. Wenn ich wieder neu Fuß gefasst habe, kann ich vielleicht in einer Suppenküche arbeiten. Die Kunstfehler-Versicherungsprämie dafür kann so hoch nicht sein.
    Dr. Friendlys Ausdruck - »Patient mit Schadensersatzklage« - kommt mir in den Sinn, und ich muss lachen.
    Dann fällt mir etwas anderes ein, und ich bleibe stehen, als hätte mir jemand den Fuß an den Boden genagelt. Ich kippe fast um.
    Ich gehe es in Gedanken durch, um zu sehen, wo es hakt. Ich überlege weiter. Aber es bleibt dabei.
    Ich weiß, wie ich das Bein von Osteosarkomgirl retten kann.
    In Wind und Schmodder rufe ich die Chirurgie auf meinem Handy an. Niemand meldet sich. Orthopädie. Besetzt.
    Akfal. Dvofäks Neue-Welt-Symphonie erklingt, das heißt, er ist mit einem Patienten zum Kernspin.
    Inzwischen halten am Ende des vor mir liegenden Blocks zwei Limousinen, und sechs Männer steigen aus, ohne ein Wort zu wechseln.
    Alle sechs tragen lange Jacken, um ihre Waffen zu verdecken. Ein Dunkelhaariger ist dabei und ein spanischer Typ, die vier anderen sehen nach Mittelwesten aus. Jeans und Sneakers. Faltige Gesichter von zu viel Sonnenschein auf ihren Ranchs in Wyoming und Idaho, von denen ihrer Meinung nach niemand weiß.
    Ich habe einige solcher Ranchs besucht. Geschäftlich, wenn Sie verstehen.
    Die Killer teilen sich an der Ecke, um alle Ausgänge zu blockieren. Ich blicke hinter mich. Noch zwei Wagen.
    Mir bleibt etwa eine halbe Sekunde, um zu entscheiden, ob ich die Straße überquere und verschwinde oder zurück zum Krankenhaus gehe.
    Ich bin ein Idiot. Ich entscheide mich fürs Krankenhaus.

    Ich stürme die Rolltreppe zur Operationsabteilung hoch. Wenn die Typen draußen die Ersten sind, gewinne ich damit etwas Zeit, weil sie wahrscheinlich alles von unten an durchkämmen.
Wenn.
    Ich laufe durch den Aufwachraum, wo die Intensivier immer noch vor dem Bett stehen, in dem Squillante gestorben ist und rätseln, wo sein EKG-Streifen hingekommen sein könnte. Irgendwann werden sie ihn von der IT-Abteilung neu ausdrucken lassen. In einem Monat vielleicht.
    Auf einem Flachbildschirm im Umkleideraum der Chirurgie sehe ich den OP-Zeitplan. Danach ist Osteosarkomgirls Bein vor drei Stunden amputiert worden. Das kann nicht sein, da ich sie vorhin noch gesehen habe. Wenigstens ist eine Zimmernummer angegeben, im nächsten Stock.
    Als ich hinkomme, wischt da ein Typ in OP-Kleidung mit Mundschutz den Fußboden, und sonst ist niemand da. Was
wahrscheinlich
bedeutet, dass auf dem Plan der falsche Saal angegeben ist, aber nicht unbedingt.
    »Wann ist die nächste OP?«, frage ich den Typ mit dem Mopp.
    Er zuckt bloß die Achseln. Dann, als ich mich zum Gehen wende, lässt er den Mopp fallen und wirft mir einen Draht über den Kopf.
    Sauber. Der Typ hat wahrscheinlich hier gewartet, seit er mich vor ihrem Zimmer mit Osteosarkomgirl hat reden hören. Hat es darauf ankommen lassen, um Locanos Belohnung allein zu kassieren. Und er ist ein Drahtpsycho.
    Eine
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