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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Argenti, ohne sich um den dichten Nieselregen zu kümmern, der auf seinen blauen Regenmantel prasselte. Ein stechender Schmerz in der Magengegend ließ ihn wanken. Die Umrisse der Via Guido Reni verschwammen. Sein Blick flackerte. Seit wann hatte er nichts gegessen? Er holte ein Röhrchen aus der Tasche und schluckte zwei Tabletten. Der Schwindel verging augenblicklich und an seine Stelle trat eine ungesunde Klarheit. Es war, als ob die Sinne plötzlich wieder ganz scharf geworden wären. Er hörte selbst die leisesten Geräusche, das Vorbeizischen der Reifen auf dem nassen Asphalt, das Summen der Straßenlaternen, er konnte die Leuchtspur der Scheinwerfer auf der Netzhaut festhalten … Amphetamine. Seit zwei Tagen hielt er sich mit Amphetaminen aufrecht.
    Die Dinge hatten sich überschlagen.
    Scialoja hatte Ciccio eins und Ciccio zwei einen kleinen Besuch abgestattet.
    Stalin Rossetti kam darin nicht einmal vor.
    Scialoja hatte Rocco Lepore Stalins Foto gezeigt. Der Wächter der Unterlagen schüttelte den Kopf.
    Was für einen Streich hatte ihm Vecchio gespielt?
    Scialoja hatte Camporesi beauftragt, mit den Australiern zu reden. Ich muss wissen, ob und wann Rossetti und Patrizia auf den Fidschi-Inseln gewesen sind. Wann, wann, nicht ob, die Tatsache ist bestätigt. Ich will das Datum des Flugs, den Namen des Hotels, ich will wissen, ob während ihres Aufenthalts etwas passiert ist. Ich will alles wissen. Egal, wie lange Sie dafür brauchen. So schnell wie möglich. Ich möchte alles wissen. Und zwar gestern.
    Die Jungs vom Telefonüberwachungsdienst hatten wie verrückt Patrizias Anschlüsse überprüft. Es waren zwei oder drei mögliche Hinweise aufgetaucht. Hektisch durchforsteten sie Rechnungen und Software. Dank seines ausgezeichneten Englisch hatte Camporesi sofort Antworten erhalten. Stalin Rossetti und Patrizia beziehungsweise Vallesi Cinzia hatten im August 1991 die Fidschi-Inseln besucht. Im Kataster der Pfarre Sowieso war eine Hochzeit vermerkt.
    Es war alles wahr. Schrecklich wahr.
    Stalin und Patrizia waren Mann und Frau. Wenn auch nicht vor dem Gesetz (hier bei uns gibt es keine Eintragung, ich habe am Standesamt nachgefragt, hatte Camporesi hinzugefügt), so doch vor Gott.
    Mann und Frau.
    Er. Stalin Rossetti.
    Camporesi kam mit einem Glas Whisky gelaufen. Scialoja hatte die Fassung zurückerlangt.
    Er. Er hatte sie zu ihm geschickt. Es war alles nur eine Inszenierung gewesen. Er hatte sie auf ihn angesetzt. Während sie miteinander schliefen, während allmählich die Leidenschaft in ihm wiedererwachte … war sie einem anderen treu.
    Dann hatte er sie zu lieben begonnen.
    Und sie war umgebracht worden.
    Er hatte sie umgebracht.
    Stalin Rossetti.
    Ein Mann Vecchios.
    Die Jungs vom Telefonüberwachungsdienst tauchten mit betretenen Gesichtern auf. Wir haben die Nummer. Es gab gehäufte Anrufe bei der Signorina. Wir haben die Nummer. Warum dann diese Friedhofsstimmung? Es ist eine Standleitung. Offiziell gibt es diese Nummer gar nicht. Sie entspricht keiner Realität.
    – Ich weiß sehr gut, was das bedeutet, brüllte Scialoja. Dann fügte er leise hinzu:
    – Wir waren es also. War ich es? Habe ich dich zum Tode verurteilt, Patrizia?
    Nein, nein, protestierten die Jungs. Wir sind auf Ihrer Seite, Chef. Und außerdem ist es keine Hexerei, abzuhorchen! Was abhorchen? Wer, wenn nicht ihr? Seid ihr nicht die Besten? Beziehungsweise die Einzigen? Habe ich euch nicht gerade deshalb zu mir genommen?
    Nun, nicht gerade die Einzigen. Irgendwer könnte sich rumtreiben, irgendein ausländischer Profi zum Beispiel. Da war doch diese Geschichte mit dem Blackout in der Zentrale des Palazzo Chigi in der Nacht, als die Bombe explodierte … das war bestimmt nicht unser Werk, das haben die gemacht … wir haben gewiss kein Exklusivrecht auf die Technologie …
    Und dann war da noch dieser Yanez, sagte der Älteste.
    Yanez? Wer ist Yanez?
    Ach, ein Cleverer. Aber völlig verrückt. Deshalb hat er keine Karriere gemacht. Verrückt? Was heißt verrückt? Das heißt … keine Ahnung, Chef, so haben wir zu Gladios Zeiten eben gesagt … verrückt, Yanez ist verrückt. Deshalb haben sie ihn entlassen.
    Das müsst ihr mir genauer erklären. Da gibt es einen hoch qualifizierten Techniker, der von Gladio rekrutiert und dann wieder entlassen wurde …
    Genau so. Und wo war er jetzt? Keine Ahnung. Aber wenn die Gerüchte über ihn stimmten, brauchte man nur einen Streifzug durch die Spielhöllen zu machen, um Yanez zu
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