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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift
Autoren: Val McDermid
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soll zwei Bücher besprechen, sie liegen auf dem Nachttisch. Du kannst an den Klebezetteln auf dem Umschlag sehen, welche es sind. Oh, und meinen Laptop, bitte.«
    Carol schüttelte belustigt den Kopf. »Meinst du nicht, dies könnte eine gute Gelegenheit zum Ausspannen sein? Vielleicht mal was Leichtes zu lesen?«
    Er schaute sie an, als spräche sie Isländisch. »Warum?«
    »Ich glaube nicht, dass irgendjemand von dir erwartet, dass du arbeitest, Tony. Und ich vermute, es wird nicht so leicht sein, sich zu konzentrieren, wie du es dir vorstellst.«
    Er runzelte die Stirn. »Du glaubst, ich weiß nicht, wie man sich entspannt.« Das war nur zum Teil scherzhaft gemeint.
    »Das glaube ich nicht, sondern ich weiß es. Und ich kann es verstehen, weil ich ähnlich gestrickt bin.«
    »Ich kann mich sehr wohl entspannen. Ich sehe mir Fußballspiele an. Ich spiele Computerspiele.«
    Carol lachte. »Ich hab gesehen, wie du Fußball schaust und wie du Computerspiele spielst. Die Bedeutung des Wortes ›entspannend‹ lässt sich auf solche Aktivitäten nicht anwenden, wenn du dich damit beschäftigst.«
    »Ich werde das nicht mal einer Antwort würdigen. Aber wenn du mir den Laptop bringst, kannst du mir auch Lara …« Er zwinkerte ihr zu.
    »Du armer Kerl. Wo finde ich sie?«
    »In meinem Arbeitszimmer. Auf dem Regal, das du vom Stuhl aus mit der linken ausgestreckten Hand erreichst.« Er unterdrückte ein Gähnen. »Und jetzt ist es an der Zeit zu gehen. Ich muss schlafen, und du hast ein Sondereinsatzteam zu leiten.«
    Carol stand auf. »Ein Sondereinsatzteam ohne besondere Einsätze. Aber ich beklage mich nicht«, fügte sie hastig hinzu. »Ich habe kein Problem mit einem beschaulichen Tag im Büro.« Sie tätschelte noch einmal seine Hand. »Ich komm heute Abend noch mal vorbei. Wenn du noch etwas brauchst, ruf mich an.«
    Sie ging den Korridor entlang und zog schon ihr Mobiltelefon heraus, damit sie es beim Verlassen des Krankenhauses anschalten konnte. Als sie am Schwesternzimmer vorbeikam, zwinkerte ihr die Frau zu, mit der sie vorhin gesprochen hatte. »So ist das also mit dem Katzefüttern.«
    »Was meinen Sie?«, fragte Carol und blieb stehen.
    »Seine Mutter sagte, er tut ein bisschen mehr als das für Sie.« Sie lächelte verschmitzt und warf ihr einen wissenden Blick zu.
    »Sie sollten nicht alles glauben, was Sie hören. Weiß Ihre Mutter alles über Sie?«
    Die Schwester zuckte mit den Schultern. »Aha, kapiert.«
    Carol hantierte zugleich mit Tasche und Handy und zog schließlich eine Karte heraus. »Ich komme später noch mal vorbei. Das ist meine Karte. Wenn er etwas braucht, sagen Sie mir Bescheid, und ich seh zu, was ich tun kann.«
    »Alles klar. Gute Katzensitter sind schließlich nicht so leicht zu finden.«

    Yousef Aziz sah auf die Uhr am Armaturenbrett. Es lief gut. Niemand erwartete, dass er von einer Besprechung um neun Uhr viel früher als zur Mittagszeit zurück in Blackburn sein würde. Alle kannten den Verkehr über die Pennines am Montagmorgen. Was sie aber nicht wussten, war, dass er die Besprechung auf acht Uhr vorverlegt hatte. Sicher, das hieß, dass er in Bradfield etwas früher losfahren musste, aber nicht eine ganze Stunde früher, weil er den schlimmsten Berufsverkehr vermeiden würde. Um sich abzusichern, hatte er seiner Mutter nur sagen müssen, er wolle sicher sein, sich bei diesem wichtigen neuen Kunden nicht zu verspäten. Er wusste, dass er sich hätte schlecht fühlen sollen, als sie seine angebliche Pünktlichkeit lobend als Tadel gegenüber seinem kleinen Bruder nutzte. Aber an Raj prallte das sowieso ab. Ihre Mutter hatte ihn als jüngsten Sohn verwöhnt und erntete jetzt, was sie gesät hatte.
    Das Wichtigste war, dass Yousef sich selbst einen kleinen Zeitgewinn hatte schaffen können. In den letzten Monaten hatte er sich daran gewöhnt, das zu tun, und war zum Experten darin geworden, aus dem Arbeitstag einige Stunden für sich herauszuquetschen, ohne Verdacht zu erregen. Seit … Er schüttelte den Kopf, wie um den Gedanken zu verscheuchen. Er beunruhigte ihn zu sehr. Er musste versuchen, die widersprüchlichen Elemente seines Lebens voneinander getrennt zu halten, sonst würde er sich verraten.
    Yousef hatte die Besprechung in Blackburn so kurz wie möglich gehalten, ohne zu dem neuen Kunden unhöflich zu sein, und hatte jetzt anderthalb Stunden für sich. Er folgte den Anweisungen des Navigationssystems auf der Autobahn und mitten nach Cheetham Hill hinein. Er
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