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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia
Autoren: Stephen King
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ist. »Mein Gott!«, sagte er, sah auf die Uhr und hoffte auf 17.15 Uhr, höchstens 17.30. Aber er sah, dass es zehn Minuten vor sechs war. Vor zwanzig Minuten hätte er Carolyn schon wie gewohnt eine Tasse Suppe und ein halbes Sandwich bringen sollen. Sie würde sich Sorgen machen. Bei den Blitzen und dem Donner, der durch das leere Apartment hallte, würde sie wahrscheinlich regelrecht verängstigt sein. Und wenn es tatsächlich regnete, würde sie die Fenster nicht schließen können; sie hatte fast keine Kraft mehr in den Händen.
    »Ralph?«, fragte Trigger. »Was ist denn los?«
    »Nichts«, sagte er. »Ich bin nur spazieren gegangen und habe jedes Zeitgefühl verloren. Dann ist dieser Unfall passiert, und … könntest du mich nach Hause fahren, Trig? Ich bezahle es dir.«
    »Musst mir nix zahlen«, sagte Trigger. »Liegt auf meinem Weg. Hüpf rein, Ralph. Glaubst du, die Jungs kommen zurecht? Gehn nicht aufeinander los oder so?«
    »Nein«, sagte Ralph. »Glaube ich nicht. Einen Moment noch.«
    »Klar.«
    Ralph ging zu Ed. »Alles in Ordnung? Könnt ihr euch einigen?«
    »Ja«, antwortete Ed. »Wir werden uns privat einigen. Warum auch nicht? Letztlich läuft es nur auf ein paar Glasscherben hinaus.«
    Er hörte sich an, als wäre er wieder ganz der Alte, und der große Mann im weißen Hemd betrachtete ihn fast mit
so etwas wie Respekt. Ralph fühlte sich immer noch perplex und unbehaglich angesichts des Vorfalls hier, aber er beschloss, es dabei bewenden zu lassen. Er mochte Ed Deepneau sehr, aber um Ed musste er sich diesen Sommer keine Sorgen machen, sondern um Carolyn. Carolyn und das Ding, das angefangen hatte, spätnachts in den Wänden ihres Schlafzimmers zu ticken - und in ihrem Inneren.
    »Prima«, sagte er zu Ed. »Ich muss nach Hause. Ich mache Carolyn neuerdings das Essen, und ich bin viel zu spät dran.«
    Er drehte sich um. Der schwergewichtige Mann hielt ihn mit der ausgestreckten Hand auf. »John Tandy«, sagte er.
    Er schüttelte die Hand. »Ralph Roberts. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Tandy lächelte. »Unter den Umständen bezweifle ich das irgendwie … aber ich bin echt froh, dass Sie dazugekommen sind. Einen Moment dachte ich wirklich, wir würden Tango tanzen.«
    Ich auch, dachte Ralph, sagte es aber nicht. Er sah Ed an und betrachtete mit besorgtem Blick das ungewohnte T-Shirt, das an Eds spindeldürrer Taille klebte, und den weißen Seidenschal mit den roten chinesischen Schriftzeichen darauf. Der Ausdruck in Eds Augen gefiel ihm nicht ganz, als sie einander ansahen; möglicherweise war Ed doch noch nicht ganz der Alte.
    »Sicher, dass alles okay ist?«, fragte Ralph ihn. Er wollte gehen, wollte nach Hause zu Carolyn, und doch zögerte er irgendwie. Das Gefühl, dass diese Situation etwa neun Meilen weit entfernt davon war, geklärt zu sein, blieb hartnäckig bestehen.

    »Ja, bestens«, sagte Ed hastig und schenkte ihm ein breites Lächeln, das seine dunkelgrünen Augen nicht erreichte. Sie studierten Ralph eindringlich, als wollten sie erkunden, wie viel er gesehen hatte … und an wie viel
    (Hey, hey, Susan Day)
    er sich später erinnern würde.

3
    In Trigger Vachons Lieferwagen roch es nach sauberer, frisch gebügelter Kleidung, ein Geruch, der Ralph aus unerfindlichen Gründen immer an frisch gebackenes Brot erinnerte. Es gab keinen Beifahrersitz, daher blieb er mit einer Hand am Türgriff und der anderen am Rand eines Dandux-Wäschekorbs stehen.
    »Mann, das sah vielleicht merkwürdig aus da hinten«, sagte Trigger, während er in den Außenspiegel sah.
    »Dabei weißt du nicht mal die Hälfte«, antwortete Ralph.
    »Ich kenne den Mann, der den Reiskocher gefahren ist - Deepneau ist sein Name, hat eine hübsche kleine Frau, bringt manchmal Sachen vorbei. Normalerweise scheint er ein netter Kerl zu sein.«
    »Heute war er auf jeden Fall nicht er selbst«, sagte Ralph.
    »Hatte Hummeln im Arsch, was?«
    »Ich glaube eher, das war ein ganzer Ameisenhaufen.«
    Darüber musste Trigger laut lachen und schlug auf das abgegriffene Plastik des großen Lenkrads. »Ganzer Ameisenhaufen! Schön! Schön! Das muss ich mir merken!«
Trigger wischte sich die tränenden Augen mit einem Taschentuch, das fast so groß wie eine Tischdecke war. »Hat ausgesehn, als wäre Mr. Deepneau aus der Lieferantenzufahrt des Flughafens gekommen.«
    »Das stimmt.«
    »Man braucht einen Pass dafür«, sagte Trigger. »Was meinst du, wie hat Mr. Deepneau einen Pass bekommen?«
    Ralph dachte stirnrunzelnd
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