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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail
Autoren: Venushaar
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ihn
erinnern.
    Frage: Was war
die Todesursache?
    Antwort: Weiß ich
nicht. Er war viel krank. Hat getrunken.
    Frage: Geben Sie
den Vor- und Nachnamen sowie Mädchennamen Ihrer Mutter an.
    Antwort:
***. Mädchenname weiß ich nicht. Sie ist ermordet worden.
    Frage: Wer hat
Ihre Mutter ermordet, wann und unter welchen Umständen?
    Antwort: Die Tschetschenen.
    Frage: Wann?
    Antwort: Diesen
Sommer. Im August.
    Frage: An welchem
Tag?
    Antwort: Das weiß
ich nicht mehr genau. Kann sein, am neunzehnten oder am zwanzigsten. Weiß ich
nicht mehr.
    Frage: Wie wurde
Ihre Mutter ermordet?
    Antwort: Erschossen.
    Frage: Geben Sie
Ihren letzten Wohnsitz vor der Ausreise an.
    Antwort:
***. Das ist ein kleines Dorf in der Nähe von Shali.
    Frage: Geben Sie
die genaue Adresse an: Straße, Hausnummer.
    Antwort: Adresse
gibt es nicht, da war nur eine Straße und unser Haus. Das steht nicht mehr.
Abgebrannt. Vom ganzen Dorf ist nichts übrig.
    Frage: Haben Sie
Verwandte in Russland? Geschwister?
    Antwort: Einen
Bruder hatte ich. Einen großen Bruder. Er wurde getötet.
    Frage: Wer hat
Ihren Bruder getötet, wann und unter welchen Umständen?
    Antwort: Die
Tschetschenen. Auch da. Zusammen mit der Mutter.
    Frage: Sonst noch
Verwandte in Russland?
    Antwort: Sonst
keine.
    Frage: Haben Sie
Verwandte in Drittländern?
    Antwort: Nein.
    Frage: In der
Schweiz?
    Antwort: Nein.
    Frage: Welcher
Nationalität gehören Sie an?
    Antwort: Russe.
    Frage: Konfession?
    Antwort: Wie?
    Frage: Religion?
    Antwort: Ja.
    Frage: Orthodox?
    Antwort: Ja, ja.
Ich hatte nicht richtig verstanden.
    Frage: Führen Sie
kurz die Gründe aus, weshalb Sie um Gewährung von Asyl in der Schweiz bitten.
    Antwort: Zu uns
kamen immerzu Tschetschenen und wollten, dass mein Bruder mit ihnen in die
Berge geht und gegen die Russen kämpft. Sonst würden sie ihn töten. Meine
Mutter hat ihn versteckt gehalten. Als ich an dem Tag nach Hause kam, hörte ich
aus dem offenen Fenster Schreie. Ich versteckte mich beim Schuppen im Gebüsch
und sah, wie im Zimmer drinnen ein Tschetschene mit dem Gewehrkolben auf meinen
Bruder einschlug. Es waren mehrere, alle mit Kalaschnikows. Den Bruder konnte
ich nicht sehen, er lag schon am Boden. Und dann hat sich meine Mutter mit dem
Messer auf sie gestürzt. Dem kleinen Küchenmesser zum Kartoffelschälen. Einer
von denen hat sie gegen die Wand gestoßen, das Gewehr gegen ihren Kopf gehalten
und abgedrückt. Dann sind sie rausgekommen, haben das Haus mit Benzin aus
einem Kanister begossen und angezündet. Dann standen sie da und haben
zugeguckt, wie es brannte. Mein Bruder hat noch gelebt, ich habe ihn schreien
hören. Ich hatte Angst, dass sie mich sehen und auch umbringen.
    Frage: Reden Sie
weiter, erzählen Sie, was dann geschah.
    Antwort: Dann sind
sie weggegangen. Und ich hockte da, bis es finster wurde. Ich wusste nicht, was
tun und wohin. Ich bin dann zu einer russischen Wachpostenstelle an der Straße
nach Shali. Ich dachte, die Soldaten könnten mir irgendwie helfen. Aber die
haben selber bloß Angst, sie jagten mich weg. Ich wollte ihnen erklären, was
passiert war, aber sie schossen in die Luft, damit ich mich verzog. Ich hab die
Nacht draußen in irgendeinem zerstörten Haus verbracht. Mich anschließend nach
Russland durchgeschlagen. Und von da nach hier. Dort möchte ich nicht leben.
    Frage: Sind damit
alle Gründe genannt, weshalb Sie um Gewährung von Asyl bitten?
    Antwort: Ja.
    Frage: Beschreiben
Sie Ihren Reiseweg. Durch welche Länder sind Sie gekommen und mit welchen
Verkehrsmitteln?
    Antwort: Je
nachdem. Mit Zügen. S-Bahn und Eisenbahn. Über Weißrussland, Polen,
Deutschland.
    Frage: Hatten Sie
Geld, um Fahrkarten zu erwerben?
    Antwort: Woher
denn? Ich bin schwarzgefahren. Hab mich von den Kontrolleuren ferngehalten. In
Weißrussland bin ich einmal geschnappt und während der Fahrt aus dem Zug
geschmissen worden. Ich hatte Glück, dass der Zug gerade langsam fuhr und dass
da eine Böschung war. Ich bin gut gefallen, ohne mir was zu brechen. Hab mir
nur an Glasscherben das Bein aufgeschlitzt.
    Hier,
sehen Sie. Dann hab ich auf dem Bahnhof übernachtet, eine Frau gab mir
Pflaster.
    Frage: Welche
Dokumente haben Sie beim Grenzübertritt vorgewiesen?
    Antwort: Keine. Ich
bin immer nachts zu Fuß rüber.
    Frage: Wo und auf
welche Weise haben Sie die Schweizer Grenze überschritten?
    Antwort: Hier in...
wie heißt das noch mal...
    Frage: Kreuzungen.
    Antwort: Ja. Ich
bin ganz normal an der Polizei vorbei. Die kontrollieren nur
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