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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden
Autoren: Lisa Kleypas
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das Zimmer verlassen, während ich die Patientin untersuche?«, forderte er Grant auf.
    Noch bevor Grant reagieren konnte, ging eine Schauder durch Vivien und sie stöhnte auf. Sie rieb sich die Augen und starrte in das ihr unbekannte Gesicht von Dr. Linley. Grant spürte sofort wie sie in Panik verfiel. Mit drei Schritten war er an ihrem Bett und nahm ihre zitternde Hand in die seine. Seine Kraft schien sie zu beruhigen.
    »Grant«, sagte sie mit schwacher Stimme und blickte flehentlich zu ihm auf.
    »Der Doktor hier wird sich um Sie kümmern«, sagte er sanft. »Ich werde draußen warten, bis er Sie untersucht hat.
    Fühlen Sie sich dafür stark genug?«
    Es vergingen einige Sekunden, ehe sie kaum merklich nickte und seine Hand losließ.
    »So ist’s gut«, sagte Grant und strich ihr zärtlich eine Locke hinters Ohr.
    »Sie haben sich aber schnell angefreundet«, bemerkte Linley.
    »Mein Schicksal bei den Frauen«, sagte Grant. »Sie können mir einfach nicht widerstehen.«
    Linley zog eine Grimasse. »So was. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Sie Charme haben.«
    Da mischte sich überraschend Viviens zerbrechliche Stimme in die Unterhaltung ein. »Weil … Sie keine Frau sind.«
    Grant lächelte sie wie gebannt an. Selbst wenn sie halb tot war, verspürte sie den Drang zu flirten. Und bei Gott, es wirkte bei ihm. »Nett, dass Sie mich verteidigen«, sagte er und streichelte mit den Fingerspitzen leicht über ihre Wangen. »Ich werde mich später dafür erkenntlich zeigen.« Jetzt errötete Vivien sogar. Grant hatte den verführerischen Unterton seiner Worte gar nicht bemerkt, aber dafür den schrägen Blick von Linley.
    Abrupt stand Grant auf und verließ den Raum. Im Gang stand er an die Wand gelehnt und atmete tief durch.
    »Verdammt, Vivien …«, murmelte er.
    Es war so leicht gewesen, Vivien zu ignorieren, als er sie noch als oberflächliche, eitle und selbstsüchtige Frau gekannt hatte. Und hätte sie nicht nach ihrer ersten Begegnung jene Lügen über ihn verbreitet, hätte er wohl nie mehr einen Gedanken an sie verschwendet. Grant hätte sie sogar gehasst, doch Vivien war damals dieses starken Gefühls nicht würdig gewesen.
    Doch es gab Zeiten, in denen der Mensch verwundbar und hilflos war, so wie jetzt Vivien. Hatte sie wirklich ihr Gedächtnis verloren oder gab sie das nur vor? Und wenn sie sich tatsächlich an nichts erinnern konnte … dann vielleicht auch nicht an all die Masken, hinter denen sie immer ihr wahres Ich verborgen hatte. Wie viele Männer hatten die wahre Vivien schon gesehen? Sicher nicht ein einziger, darauf würde Grant sein Leben verwetten.
    Ein Gentleman würde natürlich diese Situation niemals ausnutzen – aber er war kein Gentleman.
    Grant hatte geschworen, dass Vivien eines Tages für ihre Lügen über ihn bezahlen würde. In der Tat das würde sie, mit Zins und Zinseszins. jetzt da sie in seiner Gewalt war, würde sie nicht eher gehen, bis seine Ehre wiederhergestellt wäre. Er würde sich mit ihr amüsieren, solange er wollte oder bis ihre Erinnerung zurückkehrte.
    Er grinste zufrieden, der wehmütige Schmerz in seiner Brust schien langsam zu verfliegen.
    Einige Zeit später öffnete Dr. Linley die Tür und bat Grant wieder herein. Vivien war erschöpft, aber ruhig. Ihr Gesicht war so weiß wie das Laken auf dem sie lag. Sie lächelte unsicher, als sie Grant sah.
    »Also?«, sagte Grant während Linley seinen Arztkoffer schloss.
    Linley blickte auf. »Miss Duvall hat eine leichte Gehirnerschütterung erlitten, offensichtlich verursacht durch einen Schlag auf den Kopf. Sie wird einige Wochen an Übelkeit und Schwäche leiden. Und sie wird noch einige Zeit verwirrt sein, sich an vieles nicht erinnern können.«
    »Wie sieht die Behandlung aus?«
    »Da kann ich leider nicht viel mehr machen, als absolute Ruhe zu verordnen. Ich glaube ehrlich gesagt nicht dass Miss Duvall irgendwelche bleibenden Schäden davontragen wird, aber die nächsten Tage wird sie sich noch schlecht fühlen. ich lass Ihnen noch etwas zum Einnehmen und Salbe für die blauen Flecke da. Es ist jedenfalls nichts gebrochen.« Er tätschelte Viviens Hand. »Schlafen Sie, das ist das Beste, was Sie tun können.«
    Dr. Linley nahm seine Tasche und ging mit Grant zur Tür. Seine ernsten grauen Augen sahen Grant an, während er leise sagte: »Sie hat Würgemale am Hals. Ich nehme an, dass Sie dem nachgehen werden, oder?«
    »Sicher.«
    »Miss Duvalls Gedächtnisschwund wird Ihre Untersuchungen erschweren. Ich
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