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Scheidung auf Griechisch

Scheidung auf Griechisch

Titel: Scheidung auf Griechisch
Autoren: Michelle Reid
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traurig. “Immer hatte er etwas an mir auszusetzen, ganz egal, ob es um meine Kleidung oder mein Verhalten ging. Jetzt soll er mit eigenen Augen sehen, dass ich durchaus in der Lage bin, mich so gesittet zu kleiden und zu benehmen wie jede andere Frau auch – jedenfalls solange man mich nicht zu etwas zwingen will, was ich nicht bin.”
    Silvia brauchte ihrer Tochter nur in die Augen zu sehen, um Gewissheit zu haben, dass diese sich etwas vormachte. Genauso sicher war, dass Leandros einen ganz anderen Eindruck haben würde, wenn Isobel ihm in dieser Aufmachung gegenübertrat.
    In diesem Moment klopfte es an der Tür. “Das wird Lester Miles sein”, sagte Isobel und stand auf, um ihren Rechtsanwalt zu begrüßen.
    “Pass bitte auf dich auf, Kleines”, mahnte Silvia sie und hielt ihre Hand fest umklammert. “Er hat dir wirklich genug wehgetan.”
    Der unvermittelte Gefühlsausbruch ihrer Mutter machte Isobel zutiefst betroffen. “Vielleicht hat er das wirklich”, gestand sie. “Aber eins ist sicher. Absichtlich hat er mir nie wehgetan. Dafür hat er mich viel zu sehr geliebt, Mum.”
    Normalerweise nannte sie ihre Mutter beim Vornamen, und dass sie nun “Mum” sagte, bewies Silvia mehr als alles andere, wie aufgewühlt ihre Tochter innerlich war.
    Was ist bloß in mich gefahren? fragte sich Isobel, als Silvia endlich ihre Hand losließ. Wie komme ich dazu, einen Mann in Schutz zu nehmen, der sich Dinge herausgenommen hat, die auch nach so langer Zeit noch unverzeihlich sind? Insofern war Silvias Angst, dass Leandros ihr wehtun könnte, völlig unbegründet. Schlimmer als das, was er ihr vor drei Jahren angetan hatte, konnte es gar nicht werden.
    Erst als es erneut klopfte, erinnerte Isobel sich daran, dass es höchste Zeit wurde, sich auf den Weg zu machen. “Es dauert sicher nicht lange”, versicherte sie ihrer Mutter, während sie zur Tür ging.
    “Meinetwegen brauchst du dich nicht zu beeilen”, erwiderte Silvia überraschend. “Clive hat ein Auto gemietet und will mit mir eine Stadtrundfahrt machen.”
    Offenbar bleibt mir heute nichts erspart, dachte Isobel bitter, als ihr klar wurde, dass ein weiteres Problem der Lösung harrte.
    Clive Sanders war ein Nachbar und seit Jahren ein guter Freund – und wenn es nach ihm gegangen wäre, auch mehr. Bislang hatte sie sich gegen seine Annäherungsversuche erfolgreich zur Wehr setzen können. Das hatte ihn allerdings nicht davon abhalten können, “zufällig” zur selben Zeit nach Athen zu reisen – was er ohne Silvias ausdrückliche Ermunterung kaum gewagt hätte.
    Isobel hatte erst davon erfahren, als Clive und sie sich im Foyer des Hotels förmlich in die Arme gelaufen waren. “Freust du dich denn gar nicht?”, hatte er gefragt, als sie ihn mit großen Augen angesehen hatte.
    Doch nichts lag ihr ferner. Auch so mischten sich schon zu viele Menschen ungefragt in ihr Leben ein. Auch so meinten schon zu viele Menschen, besser als sie selbst zu wissen, was gut und richtig für sie war.
    “Versprich mir, dass du dir nicht zu viel zumutest”, ermahnte sie ihre Mutter, als sie die Tür erreichte.
    “Clive wird schon auf mich aufpassen”, erwiderte Silvia. “Schließlich ist er ausgebildeter Physiotherapeut.”
    Als Isobel die Tür öffnete, zuckte Lester Miles förmlich zusammen, ehe er sie von Kopf bis Fuß musterte. Es war ihm unschwer anzusehen, dass auch er ihren Aufzug für unpassend hielt. Und wenn schon, dachte sie trotzig. Leandros sollte eine Lektion bekommen, die er sein Lebtag nicht vergessen würde, und dafür war das Lederkostüm genau richtig.
    “Sind Sie so weit?”, fragte sie Lester und ging los, ohne eine Antwort abzuwarten. Sie war plötzlich so entschlossen, dass sie sich fragte, warum sie überhaupt einen Anwalt hinzugezogen hatte. Andererseits konnte es nichts schaden, wenn jemand in der Nähe war, der ihr die richtigen Stichworte geben konnte. Denn sie hatte nicht weniger vor, als sich für all die Kränkungen und Demütigungen zu rächen, die Leandros ihr angetan hatte.
    Geld interessierte sie nicht im Geringsten, und sie selbst besaß nichts, was eine “gütliche Einigung” erforderte, von der im Brief des Anwalts die Rede war – es sei denn, Leandros wollte den goldenen Ehering zurückhaben oder den Schmuck, den er ihr zum Entsetzen seiner gesamten Familie geschenkt hatte.
    “Dass ausgerechnet du die Juwelen trägst, ist ja wohl ein schlechter Witz”, hatte seine Schwester Chloe gespottet, als sie sie mit den
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