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Schaut nicht weg

Schaut nicht weg

Titel: Schaut nicht weg
Autoren: Stephanie Zu Guttenberg
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genauer unter die Lupe nehmen. Haben die vielen Missbrauchsskandale an Einrichtungen der katholischen Kirche und Reformschulen wie der Odenwaldschule wirklich das Potenzial, auf politischer Ebene Veränderungen herbeizuführen? Was muss da noch getan werden? Und trägt nicht auch unsere Mediengesellschaft eine Mitschuld daran, dass heute viele Kinder und Jugendliche immer weniger in der Lage sind, ihre persönlichen Grenzen zu wahren? Es liegt also noch vieles im Argen. Was Innocence in Danger e.V. dagegen tut und was wir alle – Eltern, Lehrer, Erzieher und auch Politiker – dagegen tun können, möchte ich auf denkommenden Seiten zeigen. Natürlich wird es sexuellen Missbrauch immer geben, da müssen wir uns nichts vormachen. Dass betroffene Kinder aber mit ihren schrecklichen Erfahrungen nicht alleine bleiben müssen – daran können wir gemeinsam arbeiten! Und dazu soll dieses Buch beitragen.

Teil I – »Ich habe ihm doch vertraut«: Was wir gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern tun können
    Teil I
    »Ich habe ihm doch vertraut«:
Was wir gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern tun können

Kapitel 1 – »Täter erkennen, Kinder schützen«: Was sexueller Missbrauch ist und welche Präventionsmöglichkeiten es gibt (Fachliche Beratung: Sabine Dietrich)
    Kapitel 1
    »Täter erkennen, Kinder schützen«:
Was sexueller Missbrauch ist und welche Präventionsmöglichkeiten es gibt
    In meiner Funktion als Präsidentin von Innocence in Danger e.V. erhalte ich viele Briefe. Mir schreiben Männer und Frauen jedweden Alters, die als Kinder Opfer sexueller Gewalt wurden. In ihren Briefen erzählen sie mir ihre Geschichten und beschreiben, wie ihr Leben aufgrund des Missbrauchs verlaufen ist. Die meisten von ihnen sind auch heute noch stark geprägt von ihren kindlichen Erlebnissen. Viele haben das Gefühl, ihr Leben infolge der Taten nicht so führen zu können, wie sie es sich aufgrund ihrer Begabungen vielleicht gewünscht hätten. Eine große Anzahl gibt auch an, unter Bindungsstörungen zu leiden, arbeitsunfähig oder auch schwer krank zu sein. Und doch verlangen diese Briefeschreiber nicht von mir, dass ich mich ihres Schicksals annehme oder mich bei ihnen melde – nein, sie wollen lediglich erzählen, was ihnen zugestoßen ist. Denn bis heute haben viele dieser Menschen noch mit niemandem über ihre Kindheitserlebnisse gesprochen. Oft aus Angst, dass ihnen noch immer keiner glaubt, wie damals als Kind. »Ich wünsche mir so, dass ich jemanden wie Sie an meiner Seite gehabt hätte. Jemanden, der mir glaubt, der mir zuhört, der weiß, wovon ich rede. Der sich für mich einsetzt und mich unterstützt«, schrieb mir eine Frau in ihren Zwanzigern. Anfang dieses Jahres etwa erhielt ich sogar einen Brief von einer 87-jährigen Frau, fein säuberlich mit der Schreibmaschine getippt. Sie hatte in der Zeitung einen Artikel übereinen Vortrag von mir gelesen. »Da kam das ganze Drama wieder hoch, was mir als 7-jähriges Kind sexuell angetan wurde«, schrieb sie. »Sprechen konnte ich über die Untat aber mit niemandem. Doch mit 87 steh ich jetzt praktisch am Rande des Grabes und konnte mir das nun von der Seele schreiben. Bei ihnen ist es gut aufgehoben. Weil ich mich noch immer schäme, obwohl ich ja nichts dafür konnte.« Diese Briefe stimmen mich zugleich traurig und froh. Traurig, weil diese Menschen Furchtbares durchgemacht haben und noch heute seelisch so beschädigt sind. Froh, weil ihre Unterstützung eine riesengroße Ermutigung ist, unsere Arbeit bei Innocence in Danger e.V. weiterhin mit voller Kraft voranzutreiben. Denn junge Opfer sexuellen Missbrauchs brauchen dringend unsere Hilfe – eben damit sie nicht wie viele meiner Briefeschreiber dazu verdammt sind, lebenslang unter den Folgen der Gewalt zu leiden.
    Laut Statistik einer renommierten deutschen Beratungsstelle macht etwa jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge mindestens einmal vor seinem 18. Lebensjahr eine sexuelle Gewalterfahrung, die der Gesetzgeber als sexuellen Missbrauch, exhibitionistische Handlung, Missbrauch von Schutzbefohlenen, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung unter Strafe gestellt hat. Doch was genau ist überhaupt sexueller Missbrauch? Der Begriff ist spätestens seit den vielen Skandalen in Bildungseinrichtungen hierzulande wieder in der Öffentlichkeit. Die Medien schreiben häufig darüber und auch in Talkshows wird immer wieder mit dem Begriff hantiert. Doch was sexueller Missbrauch
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