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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
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Humpen festhielten, als sollte deren Inhalt bis zum Einbruch der Dunkelheit reichen. Er bat sie höflich, die Krüge anzuheben, schnappte sich den Tisch und riß ihm ein Bein aus. Das warf er mir zu. Dann pflückte er noch eins für sich selbst, drehte den Rest um und benutzte ihn als Schild. Als die beiden hereinkamen, schlug er dem Zwerg den Schädel ein und klemmte den Riesen zwischen Tischplatte und Türrahmen fest. Ich behandelte seine Nase mit meinem Tischbein.
    Eine Armbrust war noch heil. Ich schnappte sie mir, legte den Bolzen ein, stürmte aus der Tür und feuerte auf das nächste Ziel. Ich schoß vorbei und traf dafür einen Zwerg, der etwa dreißig Meter weiter weg stand. Er quietschte, und seine Leute brachten sich schleunigst in Sicherheit.
    »Du würdest nicht mal mit einer drei Meter langen Stange ein Scheunentor treffen, selbst wenn du direkt davor stehst«, knurrte Eierkopf. Während ich noch darüber nachdachte, packte er den Riesen, der ungefähr so groß war wie er selbst, und schüttelte ihn. Aber er kam nicht zur Besinnung. Als Geisterbeschwörer ist mein alter Kumpel Eierkopf eine echte Niete.
    Bei dem Zwerg versuchte er es erst gar nicht. Sein Schlag hatte den sowieso nicht gerade langen Kerl noch um einen Kopf kürzer gemacht. Also stand Zarth einfach nur da und staunte. Ich fand das eine tolle Idee, also tat ich es ihm nach. Die ganze Zeit beschwerte sich der Barkeeper über den Schaden, während seine Gäste versuchten, Löcher in die Bohlen zu bohren, damit sie sich darin verstecken konnten.
    »Was jetzt?« frage Eierkopf schließlich.
    »Ich hab keinen blassen Schimmer.« Ich spähte hinaus.
    »Sind sie weg?«
    »Sieht so aus. Die Leute kommen langsam wieder aus den Löchern.« Das war ein sicheres Zeichen dafür, daß die Aufregung vorbei war. Sie würden kommen, die Leichen zählen und sich gegenseitig Lügengeschichten darüber auftischen, daß sie die ganze Show gesehen hätten. Wenn dann die Obrigkeit auftauchte, falls sie sich überhaupt dazu herabließ, würde das einzige Wahre an den Geschichten sein, daß jemand gestorben war.
    »Wir sollten Tinnie fragen.«
    Das klang wie ein echter Geistesblitz.
     
     

 
3. Kapitel
     
    Tinnie Tate war alles andere als eine verhuschte Stubenhockerin, deren aufregendstes Erlebnis ein Besuch auf dem Marktplatz war. Aber sie war auch keine Frau, die mit Messerstechern herumtollte und sich mit Typen abgab, die im Sechserpack herumliefen und mit Armbrüsten auf Passanten schossen. Sie lebte bei ihrem Onkel Willard. Willard Tate war Schuhmacher. Schuster machen sich normalerweise keine Feinde, die Leute durchlöchern. Wenn der Schuh mal drückt, zicken sie vielleicht herum, beschweren sich und wollen ihr Geld wiederhaben. Aber sie rufen nicht gleich nach dem mobilen Killerkommando.
    Während ich dahinschlenderte, dachte ich darüber nach. Es ergab keinen Sinn. Der Tote Mann sagt immer: Wenn etwas keinen Sinn ergibt, hast du nicht alle Stücke des Puzzles oder versuchst, sie falsch zusammenzusetzen. Ich vertröstete mich damit, abzuwarten, was Tinnie mir sagen konnte. Die Möglichkeit, daß sie es vielleicht nicht mehr könnte, akzeptierte ich einfach nicht.
    Tinnie und ich hatten eine merkwürdige und sehr schwierige Beziehung. Wir konnten nicht miteinander und nicht ohne einander leben. Es gab viel Streit. Obwohl die Beziehung nirgendwohin führte, war sie sehr wichtig für mich. Vermutlich hielten die Versöhnungen sie am Leben. Es waren zweihundertprozentige Versöhnungen, und sie waren heißer als kochender Stahl.
    Noch bevor ich mein Haus erreichte, wußte ich, daß es nicht wichtig war, was Tinnie gemacht hatte und in welche Geschichte sie hineingeraten war. Wer sie verletzt hatte, würde zahlen, und zwar mit Zinsen, die selbst einen Kredithai vor Neid erblassen ließen.
    Der alte Dean hatte aus dem Haus eine Festung gemacht. Vermutlich hätte er nicht mal die Tür geöffnet, wäre der Tote Mann nicht wach gewesen. Doch er war wach. Ich spürte seine Berührung, während ich wie wild gegen die Vordertür hämmerte.
    Dean machte auf. Er wirkte zehn Jahre älter und ausgezehrt. Ich war schon durch den Flur und in das Zimmer des Toten Mannes gestürmt, bevor Dean hinter Eierkopf den Riegel vorgeschoben hatte.
    Garrett!
    Die sanfte geistige Berührung des Toten Mannes war wie ein Schlag. Ich blieb wie angewurzelt stehen und hätte am liebsten geschrieen! Das konnte nur eins bedeuten …
    Sie lag auf dem Boden. Ich sah nicht hin. Ich schaffte es
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