Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
der knickerigsten.
    »Sie haben eine Minute, Garrett.« Offenbar plagte ihn wieder sein Hexenschuß. Oder irgend etwas anderes. An mir konnte seine miese Laune wohl kaum liegen.
    »Dann komme ich sofort zur Sache. Tinnie wurde niedergestochen.«
    Er sah mich ungefähr eine halbe Minute reglos an. Dann legte er sein Werkzeug zur Seite. »Sie haben Ihre Fehler, aber Sie würden das nicht sagen, wenn es nicht wahr wäre. Reden Sie.«
    Ich erzählte es ihm.
    Eine Weile sagte er nichts, sondern starrte nur. Nicht auf mich, sondern auf irgendwelche Geister, die hinter mir lauerten. Sein Leben lang hatte er herbe Verluste erlitten. Seine Frau, seine Kinder, sein Bruder … sie alle waren vorzeitig gestorben.
    Es überraschte mich, daß er mir nicht sofort Vorwürfe machte. »Haben Sie den Schuldigen erwischt?«
    »Er ist tot.« Ich schilderte ihm kurz die Vorgänge.
    »Ich wünschte, ich hätte ein Stück von ihm.« Er läutete eine Glocke, und einer seiner Neffen erschien. »Laß Doktor Meddin kommen. Und trommle ein halbes Dutzend Männer zusammen, die Mr. Garrett nach Hause begleiten.« Jetzt war ich plötzlich ›Mister‹ Garrett.
    »Jawohl, Sir.« Der Junge trat militärisch zackig ab.
    »Noch etwas, Mr. Garrett?«
    »Vielleicht können Sie mir erzählen, warum jemand Tinnie umbringen will.«
    »Weil sie sich mit Ihnen eingelassen hat. Um Sie zu treffen.«
    »Es gibt eine Menge Leute, die mich nicht mögen.« Anwesende eingeschlossen. »Aber keiner von ihnen arbeitet auf diese Weise. Wollten die meine Haut, würden sie mein Haus niederbrennen. Mit mir drin.«
    »Dann muß es ein sinnloses Attentat gewesen sein. Willkürliche Gewalt oder vielleicht eine Verwechslung.«
    »Sind Sie sicher, daß sie nicht in irgendwas verwickelt war?«
    »Das einzige, worin sie verwickelt ist, sind Sie.« Er sagte es nicht, aber ich konnte fast hören, wie er dachte: Hoffentlich ist ihr das eine Lehre. »Sie hat dieses Haus nur verlassen, um Sie zu besuchen.«
    Ich nickte. Zweifellos ließ er sie beschatten.
    Ich hätte gern geglaubt, daß es bloße Willkür gewesen war. TunFaire ist überbevölkert und von Armut geplagt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht jemand einen anderen mit einem Beil verstümmelt oder plastische Chirurgie mit einem Hammer ausführt. Ich hätte es auch geglaubt, wären da nicht die Jungs gewesen, die mir und Eierkopf den heißen Tanz geliefert hatten.
    »Als wir ihn erwischt haben, sagte der Bursche noch: ›Das Buch‹, bevor seine Freunde ihn umlegten.« Falls es seine Freunde waren. »Sagt Ihnen das etwas?«
    Tate schüttelte den Kopf, so daß sein unordentliches Haar umherflog.
    »Dachte ich mir. Mist. Wenn Ihnen was einfällt, lassen Sie es mich wissen. Ich halte Sie auf dem laufenden.«
    »Tun Sie das.« Die Minute war lange verstrichen. Er wollte wieder an die Arbeit.
    Der Neffe kam zurück und berichtete, daß er eine Schwadron zusammengestellt hatte. »Tut mir leid, Sir«, sagte ich. »Ich wünschte, es hätte mich getroffen.«
    »Ich auch.« Das kam aus vollem Herzen. Da ist man einmal nett zu jemandem …
     
     

 
5. Kapitel
     
    Ich ließ mich in den Sessel fallen und erstattete dem Toten Mann Bericht, während die Tate-Jungs Tinnie einsammelten. Sie hatten einen Wagen da, mit dem sie sie nach Hause bringen wollten. Dort wartete bereits die beste medizinische Hilfe, die für Gold zu bekommen war. Ich konnte jetzt nichts weiter für sie tun.
    Nichts gewonnen, sendete der Tote Mann, nachdem ich meinen Bericht beendet hatte.
    »Ich denke, daß Tate ins Schwarze getroffen hat. Sie haben die falsche Frau erwischt. Du treibst dich doch schon länger hier rum.« Etwa eine halbe Ewigkeit. »Bist du sicher, daß bei der Erwähnung eines ›Buches‹ keine Glocken läuten?«
    Absolut keine. Es gibt Bücher und Bücher, Garrett. Und auch welche, für die jemand töten würde, wenn man ihre Seltenheit oder ihren Inhalt bedenkt. Aber ich lehne Spekulationen ab. Wir können im Moment nicht einmal sicher sein, daß der Mann überhaupt ein richtiges Buch gemeint hat. Vielleicht meinte er ein Buch von einem Buchmacher oder ein persönliches Notizbuch, mittels dessen jemand angezeigt werden könnte, Wir wissen es nicht. Versuch dich zu entspannen. Iß etwas. Akzeptiere die Situation und laß sie hinter dir.
    »Hat keiner nach dem Toten gefragt?« TunFaires Wache ist nicht direkt eine Polizei. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, auf Feuer achtzugeben oder Bedrohungen gegen unsere Herren im Keim zu ersticken.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher