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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
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herab, unser Flehen zu erhören?«
    Um diese Zeit ist Dean schon wacher, als ich jemals werde. Er glaubt tatsächlich, daß es eine Tugend ist, vor Sonnenaufgang aufzustehen. Der arme, verwirrte Kerl. »Ihre versuchte Leichtfertigkeit wird zur Kenntnis genommen, Mr. Garrett. Zur Kenntnis genommen und abschlägig beschieden. Ich schlage vor, wir legen sie auf die Couch und decken sie zu. Dann sollten Sie frühstücken. Sie sind Ihren jugendlichen Phantasien weniger ausgeliefert, wenn Ihr Blutkreislauf auch in Ihrem Oberkörper zirkuliert.«
    »Die spitze Zunge einer Schlange ist nichts im Vergleich mit der eines undankbaren Dieners.«
    Er wußte, daß ich ihn nicht meinte. Dean war kein Diener. Er war ein zum Haushalt gehöriger Arbeitskollege.
    Er packte die Knöchel der Frau, und ich bekam das schwere Ende. Vielleicht war er verwirrt, weil diese Frau reichhaltig bei der Verteilung der natürlichen Gaben bedacht worden war. »Rothaarig ist sie auch noch«, knurrte ich. »Ist das nicht hübsch?« Ich bin verrückt nach Rothaarigen. Allerdings bin ich auch dafür bekannt, daß ich verrückt nach Blondinen, Schwarzhaarigen und Brünetten bin.
    Dean würde sagen, daß ich einfach verrückt bin. Vielleicht hat er nicht ganz unrecht.
    Wir trugen sie in das kleine Wohnzimmer und legten sie auf die Couch. Sie hielt krampfhaft ihr Päckchen fest. Nachdem wir es ihr gemütlich gemacht hatten, ging ich in die Küche. Zögernd. Ich fand, ich sollte da sein, wenn sie aufwachte. Für den Fall, daß sie sich jemandem in die Arme stürzen und getröstet werden wollte.
    Dean füllte mich mit seinem Frühstück ab. Als ich fertig war, kam Eierkopf, um meine Leibesübungen zu überwachen. Oder meine Krämpfe, je nach dem. Wir plauderten ein wenig bei einem Schälchen Tee, und ich vergaß vollkommen, die Nackte zu erwähnen. Würden Sie einem Piraten erzählen, wo der Schatz begraben war? Dann gingen wir hinaus und machten uns an unsere Übungen. Diesmal schaffte ich ihn. Ihm gingen die Finger aus, bevor mir die Puste ausging.
    Keuchend und japsend und schmerzverzerrt vergaß ich meinen geheimnisvollen Gast. Keuchen und Japsen ist ein Ganztagsjob.
     

 
7. Kapitel
     
    Die letzte Runde. Ich konnte das Bier schon riechen. Mit Volldampf, das bedeutete anderthalbfaches Schrittempo, ließ ich die Zauberzeile hinter mir, schnaubte wie ein angeschossener Büffel und schwankte von einer Seite zur anderen, wie ein Schiff, das aus dem Ruder gelaufen ist. Nur die Tatsache, daß meine Nachbarn in den Fenstern hingen, hinderte mich daran, einfach zusammenzubrechen und die letzten hundert Meter auf allen vieren zurückzulegen.
    Ich hatte vergessen, wie viele Runden ich geschafft hatte. Eierkopf hatte mir zuliebe ein paar Runden extra gezählt.
    Das war mir erst jetzt klargeworden. Sollte ich überleben, würde ich mich revanchieren, und wenn es das letzte war, was ich tat. Sollte ich dafür joggen müssen, würde es tatsächlich das letzte sein.
    Ich lief mit gesenktem Kopf. Eigentlich sollte man das nicht tun, aber ich mußte meine Füße im Auge behalten. Sonst gaben sie vielleicht auf. Inzwischen versuchte ich auszurechnen, um wieviel Runden Zarth mich betrogen hatte. Ich hatte den Überblick verloren, weil jede Runde gleich wirkte. Keiner konnte mir die richtige Zahl nennen, aber es war klar, daß Eierkopf es gemacht hatte.
    Ich erreichte humpelnd und keuchend die Treppe vor meinem Haus, griff nach dem Geländer und zog mich zu dem Krug hinauf, der mir helfen würde, das ganze Elend zu vergessen.
    »Ist das der Typ, nach dem ich suche?« Die Stimme kannte ich nicht.
    »Das ist er.« Das war Eierkopfs Baß.
    »Sieht nicht nach besonders viel aus.«
    »Dafür kann ich nichts. Ich bin nicht seine Mutter.«
    Mein guter Kumpel. Ich hob den Kopf. Keuchend. Eierkopf war nicht allein. Soviel hatte ich dank meiner Brillanz schon herausgekriegt. Aber mir war nicht aufgefallen, daß er mit einer Frau redete. Falls es denn eine war.
    Auf den ersten Blick wirkte sie wie Zarths große Schwester. Vielleicht hatte sie auch einen kleinen Teil Gigant in sich. Sie war etwa drei Zentimeter größer als ich und hatte strähniges blondes Haar, das ganz hübsch sein könnte, wenn sie es waschen oder kämmen würde. Im Prinzip war alles an ihr ganz nett und am richtigen Platz, nur eben sehr groß. Außerdem war sie schlampig. Und sah verdammt hart aus.
    »Ich heiße Winger, Garrett«, sagte sie. »Ich bin Jägerin.« Ihre Haltung warnte mich, sie wie eine Lady zu
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