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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher
Autoren: Matthew Sturges
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Gebäude der Stadt - das Kolosseum, die Villa des Penn, die Tempel - bestanden allesamt aus Marmor, doch mit der Zeit verfielen etliche der Bauwerke und wurden durch Backsteingebäude ersetzt. Allein der Obelisk auf dem Großen Markt, der Romwlls Nadel genannt wird, überstand die fünfzehn Jahrhunderte unbeschadet.
    Es heißt, dass zwei Thaumaturgen in einem steinernen Raum unter dem Obelisken zu seiner Erhaltung unablässig Bindungszauber sprechen. Denn man glaubt, dass wenn die Nadel fällt, auch Blut von Arawn niedergehen und ganz Annwn zu Staub zerfallen wird.
    - Stil-Eret, »Das Licht in Annwn«,
    aus Reisen daheim und unterwegs

FÜNF JAHRE ZUVOR
    Kurz nach Mitternacht blitzten die ersten Hexenlichter am Horizont auf. Und so ging es die ganze Nacht, wobei das Flackern stündlich näher kam.
    Paet hastete durch die gescheckte Dunkelheit und scherte sich nicht weiter um den Himmel.
    Der Angriff war keine Überraschung gewesen, doch Mabs Armee hatte selbst die Vorhersagen der Pessimisten und Bangemacher noch übertroffen. Und so gipfelte die Rettung und Vernichtung der Dokumente in der Seelie-Botschaft - eine Vorsichtsmaßnahme, die vor drei Tagen noch recht entspannt ihren Anfang genommen hatte - zuletzt in einer überaus hektischen Aktion. Hastig wurden Taschen gepackt, Wertgegenstände in die Säume der Kleidung eingenäht, leere Kerosinfässer mit Akten vollgestopft und in Brand gesteckt.
    Nichts davon kümmerte Paet.
    Blut von Arawn war eine alte Stadt. Vielleicht nicht so alt wie ihre Seelie-Gegenstücke, doch erschien sie aufgrund einer gewissen, sich durch alle Jahrhunderte ziehenden Unschlüssigkeit hinsichtlich ihrer Erbauung und Instandhaltung deutlich betagter. Das Pflaster in den Straßen war buckelig, teilweise löchrig, und Paet konnte Karren und Fuhrwerke über den holprigen Fahrweg rumpeln hören, der jenseits der dunklen Gasse lag, durch die er gerade lief. Auch hörte er aufgeregte Stimmen und gelegentliche Schreie; ein Teil der Stadtbewohner schien sich des schlechten Rufs der hereinbrechenden Eroberer durchaus bewusst und hatte wohl beschlossen, die Flucht anzutreten. Paet konnte es ihnen nicht verübeln; das Leben unter Unseelie-Herrschaft würde für jene, die geblieben waren, sicherlich kein Zuckerschlecken werden.
    Eine Gruppe Chthoniker-Mönche, es mochte etwa ein Dutzend von ihnen sein, kam hinter Paet die Straße hinauf. Ihre Mienen strahlten nichts als Ruhe aus, ihr sprichwörtlicher Gleichmut stand ihnen in dieser Nacht gut zu Gesicht. Die Säume ihrer safrangelben Kutten strichen beim Laufen über das Kopfsteinpflaster, die Glöckchen, die in den Stoff eingenäht waren, bimmelten leise. Als inoffizielle Staatsreligion würde es den Chthonikern erlaubt sein, auch weiterhin ihren Glauben auszuüben, solange sie Mab als Göttin anerkannten, die noch über ihren eigenen Göttern stand. Es war zu vermuten, dass sich die Chthoniker gern auf diesen Handel einlassen würden; man würde Mab öffentlich preisen und sie ansonsten ignorieren. Ihre eigenen Götter waren vor Äonen unterworfen worden und dürften sich über dieses Abkommen wohl kaum beschweren. Wie dem auch sei, Paet für seinen Teil hatte nichts übrig für Religion.
    Am Himmel flammte ein Blitz auf. Gleich darauf erbebte der Boden, und Paet geriet ins Straucheln. Er blieb stehen und lauschte dem dumpfen Grollen der reitischen Explosionen, das in der Gasse widerhallte. Die ersten Hitzewellen von der tobenden Schlacht vor den Toren rollten bereits über die Stadtmauern hinweg, noch bevor Paet die Botschaft verlassen hatte. Jetzt war es in der Stadt so stickig wie in einer Tavernenküche, und so roch es auch. Überall stank es nach Schweiß und vergammeltem Essen. Paet spürte, dass auch er unter seinem schweren Leinenwams schwitzte. Er rannte weiter.
    Die einzelnen Bezirke der Stadt wurden Kollws genannt. Kollws Vymynal erhob sich auf dem kleinsten der sieben Hügel von Blut von Arawn. Das Osttor befand sich am Fuß des Viertels, womit es der Schlacht jenseits der Stadtmauer am nächsten lag. Hier konnte Paet das Waffengeklirr wie auch das Geschrei der Pferde und Kämpfer vernehmen, das sich mit dem Geräusch donnernder Hufe und reitischer Explosionen vermischte.
    Wann hatte er die Botschaft verlassen? Seine innere Uhr sagte ihm, dass es kaum zwanzig Minuten her war. Das gab ihm gerade genug Zeit, Jenien zu retten und sich mit ihr zur Port-Herion-Plattform durchzuschlagen, bevor die Meister das Ding dichtmachten und sie in Annwn
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