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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz
Autoren: Rose Gerdts
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Atem anzuhalten.
    Zitternd richtete sich Möller von seinem Sitz auf. Bei der lauten Detonation hatte sich sein Körper so stark zusammengezogen, dass sein ganzer Rücken verkrampft war. Steif stieg er aus dem Wagen. Seine rechte Hand fand tastend Halt am Dach des Fahrzeugs. Vergeblich versuchte Möller zu begreifen, was er vor sich sah.
    Dies hatte nichts mit seiner Arbeit zu tun. Die Explosion gehörte in Bürgerkriege, aber nicht in sein Revier!
    Der hintere Teil des Anhängers war zerfetzt. Überall lagen verbogene Holz- und Metallteile auf dem Rasen. Ein Trümmerfeld. Aber Möller fühlte nichts. Er starrte auf den Krater, ohne zu begreifen, was er sah. Tief in sich drin wusste er, dass er jetzt Befehle geben und das Chaos ordnen musste. Er war der stellvertretende Revierleiter. Wer, wenn nicht er, musste jetzt reagieren.
    Doch Martin Möller blieb stehen und starrte nur weiter auf den zerstörten Anhänger und den umgestürzten Pritschenwagen.
    Plötzlich rannte von links ein junger Polizeibeamter in sein Sichtfeld. Knapp 40 Meter trennten den Mann noch von dem Unglücksort. Ein zweiter Polizist folgte ihm in einigen Metern Abstand.
    Endlich erwachte Möller aus seiner Erstarrung.
    «Stopp! Bleibt sofort stehen!»
    Die Männer gehorchten nur zögernd. Bereit, sofort wieder loszustürzen, um dem verletzten Arbeiter zu helfen. Erst jetzt hörte Möller, dass jemand schrie.
    Mit aller Kraft brüllte Möller seine Befehle gegen die lauter werdenden Schmerzensschreie des Gärtners an. Aber in seinen Ohren klang es bloß wie ein schwaches Krächzen: «Keiner nähert sich dem Tatort! Oder ihr riskiert, alle selber in die Luft zu fliegen.»
    Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Die beiden Polizisten blieben wie angewurzelt stehen. Möller griff nach dem Funkgerät, das auf dem Beifahrersitz lag. Seine rechte Hand zitterte so stark, dass er Mühe hatte, es zu bedienen.
    Sofort war der Notrufsprecher aus dem Lagezentrum dran.
    Möller riss sich zusammen. «Im Park am Neustadtscontrescarpe ist eine Bombe hochgegangen. Direkt am Kindergarten. Vermutlich zwei Schwerverletzte. Wir brauchen Notarztwagen, Verstärkung und Delaborierer.» Er merkte nicht, dass er ins Funkgerät schrie. «Und, verdammt, beeilt euch!»

[zur Inhaltsübersicht]
    05
    Frank Steenhoff sah schon von weitem die Blaulichter. Er hatte seinen Wagen in einiger Entfernung stehengelassen und musste jetzt dem Notarztwagen ausweichen, der den Radweg durch den Park benutzte, um so schnell wie möglich zurück zur Hauptstraße zu kommen. Als das Fahrzeug auf gleicher Höhe war, fuhr es durch eine Pfütze. Steenhoff sprang zur Seite, aber die Schlammspritzer verteilten sich über seine Hose und die schwarze Lederjacke. Fluchend drehte er sich nach dem Einsatzfahrzeug um. Doch Steenhoff hatte keine Zeit, sich um seine verdreckte Kleidung zu kümmern. In der Ferne sah er zwei weitere Rettungsfahrzeuge. Vermutlich waren noch nicht alle Verletzten transportfähig.
    An einer der Absperrungen nickte er einer jungen, zierlichen Beamtin zu, hielt das Absperrband hoch und wollte gerade darunter durchschlüpfen, als sie sich ihm in den Weg stellte. Energisch fuhr die Polizistin ihn an. «Sie können hier nicht durch. Der Park ist gesperrt!»
    Steenhoff winkte ab. «Ich weiß. Ich bin ein Kollege. Mordkommission.»
    Ohne die Frau weiter zu beachten, ging er auf die von Scheinwerfern beleuchtete Stelle im Park zu. Doch er kam nicht weit.
    «Weisen Sie sich bitte aus», herrschte ihn die Beamtin an und baute sich erneut vor ihm auf. Langsam wurde sie lästig.
    «Mensch, sperr die Ohren auf: Ich arbeite beim selben Verein wie du!»
    Zwischen den Bäumen tauchte ein zweiter Beamter auf. Steenhoff kannte ihn aus früheren Einsätzen im Stadtteil.
    «Lass gut sein, Sylvia», sagte der Mann. «Der ist von der Kripo.»
    Steenhoff unterdrückte einen Fluch. Das Gespräch mit Ira hing ihm nach. Sie hatten wie vereinbart frühmorgens miteinander telefoniert. Sie wäre den ganzen Tag über eingespannt. Am Abend wollte sie mit einem Kunden essen gehen. Als er sich erkundigte, wann sie wieder nach Bremen zurückkommen würde, reagierte sie gereizt.
    «Das habe ich dir jetzt schon dreimal erzählt, Frank. Ich werde noch gut zwei Wochen unterwegs sein. Wie ernst nimmst du eigentlich meine Arbeit? Ich habe den Eindruck, du hörst mir gar nicht richtig zu.»
    Er wollte widersprechen. Aber Ira schien müde und nicht in Stimmung weiterzureden. Nach wenigen Minuten war ihr Gespräch
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