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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg
Autoren: Andreas Saumweber
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Tellern, mit Schneidbrettern und Essbesteck. Rußende Fackeln befanden sichan den Balken und tauchten die Halle in rötliches Licht und tanzende Schatten. Die Luft war angefüllt vom Geruch nach Zwiebelsuppe und gebratenem Fisch. Frauen in Kleidern und Schürzen aus derber Wolle eilten umher, um Bier und Wasser nachzuschenken und die Teller gefüllt zu halten. Ein Barzh 1 saß abseits an einer Harfe und zupfte eine melancholische Melodie.
    Ronan saß am Kopfende der mittleren Tafel. Er war tief in Gedanken versunken. Sein Kinn war auf die linke Hand gestützt, die Rechte spielte abwesend mit einer Strähne seines langen braunen Haars. Besorgniserregende Dinge hatten sich in den letzten Tagen und Monaten ereignet, Dinge, die ein Druide seines Ranges nicht unbeachtet lassen konnte. Und dieses Mal betrafen sie nicht
irgendwelche
Kelten ein paar Dutzend oder hundert Meilen weit weg, sondern die Bretonen, Ronans eigenen Stamm. Als Stellvertreter des Häuptlings war es seine Pflicht, sich darüber Sorgen zu machen.
    Um Ronan herum saßen seine engsten Vertrauten: links die eigenen Gefolgsleute, mit seinem Bannerträger Fagan und seinen wichtigsten Hauptmännern Gireg, Luner und Meogon. Ihnen gegenüber saß der glatzköpfige Seog mit seinen eigenen Männern. Seog war neben Ronan der einzige Druide unter den Fischern Bagbegs und diente somit als Ronans rechte Hand.
    Die Stimmung war gedrückt. Zwei Tage lang hatte ein wüster Sturm vor der Küste Norwegens getobt und die Fischer am Auslaufen gehindert. Von denen, die bei Anbruch des Wetters draußen gewesen waren, waren längst nicht alle zurückgekehrt. Ronan hatte seit seiner eigenen Rückkehr stundenlang an der Hafeneinfahrt gestanden und hatte nach seinen Männern Ausschau gehalten, doch noch immer wurde ein gutes Dutzend Boote vermisst. Bestimmt hatten ein paar von ihnen irgendwo anders im Romsdalsfjord Schutz gefunden, aber gewiss nicht alle.
    Der Sturm war von einer übernatürlichen Qualität gewesen. Ronan war nicht der Einzige, der darin die Handschrift der Schattenzu erkennen glaubte. Stürme dieser Art waren in den letzten Wochen häufiger geworden, und
immer
wurden im Anschluss Boote vermisst. Der stärkste von ihnen hatte sich jedoch in der Außenwelt ereignet und war so stark gewesen, dass er eine komplette Ölplattform verschlungen hatte. Sturm- und Meeresgeister, die Ronan um Rat und Hilfe gebeten hatte, waren in Aufruhr und berichteten, dass etwas Fremdartiges in die tieferen Ebenen der Geisterwelt eingedrungen war und dort Jagd auf sie machte. Alles schien auf ein Phantom hinzudeuten, ein von den Schatten verdorbener Geist. Ein
mächtiges
Phantom. Woher die Schatten jedoch nach all den Jahren Ruhe plötzlich die Fähigkeiten und Ressourcen besaßen, ein Phantom solcher Kraft zu beschwören, war ein Rätsel, dessen Lösung Ronan bisher entgangen war.
    Seog leerte mit einem kräftigen Zug seinen Bierkrug. Nachdem er sich mit dem Ärmel über den Mund gefahren war, erklärte er: »Die Stürme rücken immer näher, Herr. Beim nächsten oder übernächsten Mal haben wir das Phantom im Romsdalsfjord direkt vor unserer Haustür. Dann, mögen uns die Götter gnädig sein, haben wir ein weitaus größeres Problem als nur ein paar vermisste Boote!«
    Ronan nickte langsam. Er hatte inzwischen selbst eingesehen, dass das Problem zu groß geworden war, um es weiter zu ignorieren. »Ich habe bereits mit Häuptling Nerin gesprochen.«
    Seogs Augen blitzten kampfeslustig auf. »Und? Was werden wir unternehmen?«
    »Kongar wird zusammen mit Nerin auf Otrøy einen Wächterling beschwören. Wir hoffen, dass das das Phantom abhält, in den Fjord einzudringen.«
    »Und das ist alles?«, fragte Seog mit zusammengezogenen Augenbrauen. »Ihr wollt es da draußen weiter sein Unwesen treiben lassen?«
    »Nein«, beantwortete Ronan die Frage mit einem Seufzer. Er hatte den Einwand bereits kommen sehen. Seogs Baumzeichen war die Kiefer, ein kriegerisches Zeichen, und so war sein Pfad der des Kriegers. Der junge Druide litt darunter, dass in seinem GefolgeMänner waren, die bereits an großen Schlachten teilgenommen hatten, während er selbst noch nicht einmal einen Kampf auf Leben und Tod gefochten hatte. Er brannte darauf, endlich selbst seinen Wert beweisen zu können. »Aber im Moment«, versuchte Ronan ihn zu bremsen, »können wir es nicht angreifen.«
    »Wieso können wir es nicht angreifen? Ich bin bereit, mit meinen Männern in jeden dieser verfluchten Stürme hinauszusegeln
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