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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten
Autoren: Lynn Flewelling
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Er betrachtete Kassaries gebieterisches Gesicht im Kerzenschein und erwog die Chance, lebend von diesem Dach herunterzukommen. Es sah nicht gut aus.
    »Ich habe wenig Vertrauen in Eure Gastfreundschaft«, erwiderte er, um Zeit zu gewinnen. Denk, Mann, denk! Es muß doch eine Lücke geben zwischen dem Pöbel! Wie weit ist es zur Turmtür?
    »Du hast mir für diese Nacht genug Ärger bereitet«, zischte Kassarie, die ihre Geduld verlor. »Sieh dich um! Du kannst dir den Weg nicht freikämpfen. Dort geht es tausend Fuß in die Tiefe. Teukros hörte nicht auf zu schreien, bis er unten ankam! Mal sehen, ob du genauso schreien wirst!«
    Seregil hörte Alec neben sich leise aufstöhnen. Vielleicht hatten sie den Hauch einer Chance, wenn sie sich ergaben …
    Springt, meine Lieben!
    Nysanders Ruf belebte sie wie ein Schlachtruf, obwohl sie offensichtlich die einzigen waren, die ihn vernahmen.
    »Meine Lady verlangt, daß Ihr Euch ergebt«, bellte Illester.
    »Hast du gehört?« zischte Seregil.
    »Ich kann nicht!« flüsterte Alec zurück. Er war weiß vor Angst, und seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
    »Genug jetzt«, knurrte Kassarie, die sie mit wachsendem Mißtrauen betrachtete.
    »Du mußt!« flehte Seregil, dessen eigener Magen bei dem Gedanken an einen solchen Sprung schwach wurde.
    »Nein …«
    Seregil, Alec, springt! Es muß jetzt sein!
    »Packt sie!« befahl Kassarie. »Ich will sie lebend!«
    »Alec, jetzt!«
    »Ich kann nicht …«
    Jetzt, Seregil, bei der Liebe Illiors!
    »Jetzt!« brüllte Seregil. Er warf sein Schwert von sich, packte Alec um die Mitte und hob ihn mit Schwung über die Brüstung. Er versuchte, Alecs Schrei zu ignorieren und setzte hinterher in die Tiefe, Kassaries höhnendes Lachen in den Ohren.
    Einen gräßlichen Augenblick lang fiel er mit fest geschlossenen Augen ins Nichts.
    Dann umfing sie die Magie.
    Kurz zerrte etwas an seinem Körper, als würde ihm die Seele entrissen. Danach kam die Leichtigkeit. Er öffnete die Augen, vor ihm strahlten glitzernde Sterne, er zerrte sein Hemd vom Körper und entfaltete seine …
    Flügel!
    Wundervolle, mächtige gestreifte Flügel schnitten durch die Luft und ließen ihn auf dem Luftstrom gleiten. Er blickte in die Tiefe und sah dort einen weiteren Vogel wild mit den Flügeln schlagend auf ihn zuflattern. Seregil hätte es nicht für möglich gehalten, eine Eule mit entsetztem Gesichtsausdruck zu sehen, aber Alec, der nun vor ihm flatterte, belehrte ihn eines Besseren. Ihre Kleider flatterten in die Dunkelheit, als sich die beiden Nachtvögel über die Burg erhoben.
    Kassarie war an die Brüstung getreten und blickte zur Seite der Straße hinunter, wo ein Trupp Reiter auf die Burg zustürmte. Fackellicht tauchte den Burghof in unstetes Licht, als ihre Leute sich rüsteten, um sich den Angreifern zu stellen.
    Der Wind fuhr wohltuend durch ihr Gefieder, als Alec und Seregil abwärts kreisten, um sich den Reitern anzuschließen.
    Alec stieß einen weiteren überraschten Schrei aus, als seine scharfen Augen das Banner ausmachten und das Wappen der königlichen Reitergarde erblickten. Klia führte den Trupp an, und ihr zur Seite ritten Myrhini und Micum.
    Seregil näherte sich dem Trupp und flog neben Micum her.
    »Seregil, bist du das?«
    Seregil landete auf Micums ausgestrecktem Arm, seine Klauen gruben sich in die groben Glieder des Kettenhemds.
    »Ist er es?« fragte Klia, als die große Eule, mit den Flügeln schlagend, sich um Gleichgewicht bemühte.
    Seregil nickte und zwinkerte ihr mit einem der großen gelben Augen zu.
    »Er ist es!« rief Micum aus. »Ist Alec bei dir?«
    Seregil nickte wieder, als Alec vorbeiflog.
    »Flieg zu Nysander«, sagte Micum. »Er ist weiter hinten auf der Straße mit Thero und Beka. Warte, was hast du da?«
    Micum nahm den Ring zwischen die Finger, der um den Hals des Uhus hing. Die Schlinge hatte gehalten, und für den großen Vogel war das Gewicht des Ringes kein Problem. Micum steckte ihn ein, und Seregil breitete seine großen Flügel aus, um sich Alec anzuschließen.
     
    Eine kurzes Stück Weg entlang der Straße entdeckte Alec bald ein kleines Feuer. Nysander und Thero saßen dort, beschützt von einigen uniformierten Reitern.
    Das Landen stellte sich als weitaus schwieriger heraus als das Fliegen. Nach einigen erfolglosen Versuchen, so weich und elegant wie Seregil zu landen, kullerte Alec schließlich als Federball zu Füßen eines Soldaten.
    »Alec?« hörte er eine vertraute Stimme
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