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Schatten ueber Broughton House

Titel: Schatten ueber Broughton House
Autoren: Candace Camp
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wusste selbst nicht genau, warum er heute Abend hierhergekommen war. Wahrscheinlich hatte er sich einfach nur gelangweilt und war ruhelos gewesen, wie so oft in letzter Zeit, sodass er schließlich seinen Stapel mit Einladungskarten durchgegangen war, den er ansonsten tunlichst nicht beachtete, und sich letztlich für Lady Rutherfords Veranstaltung entschieden hatte.
    Sobald er hier eingetroffen war, sollte er seine spontane Entscheidung auch schon bereuen. Da er ständig von kokettierenden Frauen jeglichen Alters belagert worden war, hatte er sich bald nach oben in das Kartenzimmer geflüchtet. Selbst dessen Reize verblassten allerdings nach einer Weile, und so war er nun  hier gelandet und blickte verdrossen auf den weitläufigen Tanzboden hinab.
    „Lord Raine, welch eine Überraschung“, ließ sich eine sinnliche Stimme hinter ihm vernehmen.
    Theo unterdrückte ein leises Stöhnen und drehte sich langsam um. „Lady Scarle.“
    Besagte Dame war eine der Schönheiten Londons, und das schon seit Jahren. In ihrer ganzen Farbenpracht stand sie vor ihm, mit pechschwarzem Haar und tiefblauen Augen, milchig weißer Haut und rosig strahlenden Wangen. Sollte das Rot ihrer Wangen nicht gänzlich der Natur geschuldet sein und musste hin und wieder das eine oder andere graue Haar ausgezupft werden - nun denn, davon wusste nur ihre Kammerzofe, und diese wurde gut dafür bezahlt, Geheimnisse zu wahren. Die meisten Männer hatten ohnehin Mühe, ihr Augenmerk über Lady Scarles weiß schimmerndes Dekollete hinaus zu richten, welches sich auch heute wieder üppig über dem tiefen Ausschnitt ihres violetten Abendkleides wölbte.
    „Aber, aber“, sagte sie und lächelte neckisch, als sie Theo ihre Hand auf den Arm legte, „ich glaube, wir kennen einander gut genug, als dass Sie mich Helena nennen können.“
    Theo wand sich unbehaglich und bedachte sie mit einem unbestimmten Lächeln. Er hatte es nie sonderlich gut verstanden, mit derart begierigen Frauen umzugehen. Damen wie Lady Scarle fielen ihm sogar noch mehr auf die Nerven als kichernde Debütantinnen.
    Als er zu seiner letzten Expedition aufgebrochen war, war Lady Helena Scarle noch mit dem tatterigen alten Lord Scarle verheiratet gewesen, und wenngleich sie mit Theo geflirtet hatte, so war sie doch nur an einer unverbindlichen Affäre interessiert gewesen - einem Ansinnen, dem er sich schleunigst zu entziehen gewusst hatte.
    Bei seiner Rückkehr nach London musste er dann erfahren, dass Lord Scarle seine Gemahlin derweil zur Witwe gemacht hatte - einer Witwe, die sehr daran interessiert war, sich einen neuen Gemahl zuzulegen, solange ihr dies einen abermaligen gesellschaftlichen oder finanziellen Aufstieg bescherte. Zu Theos großem Bedauern erfüllte er beide Anforderungen.
    Und so kam es, dass Lady Scarle ihn sich zur Beute erkoren hatte.
    „Ich war sehr enttäuscht, Sie gestern nicht bei Lady Huntingtons Musikabend anzutreffen“, fuhr Lady Helena mit samtweicher Stimme fort.
    „Hmm. Nicht unbedingt mein Geschmack“, erwiderte er und sah sich um, in der Hoffnung, eine Gelegenheit zu entdecken, wie er der Situation entkommen könne, ohne allzu unhöflich zu wirken. Allerdings ließ sich Lady Scarle, so hatte er bereits herausgefunden, von kleinen Unhöflichkeiten nicht abschrecken.
    „Oh, meiner auch nicht“, gurrte sie und zwinkerte kokett. „Aber ich hatte gehofft... nun, nachdem wir letzte Woche darüber gesprochen hatten, dass wir uns bei dem Musikabend vielleicht begegnen würden ... “
    „Haben wir das?“, unterbrach Theo sie verdutzt. Er erinnerte sich durchaus daran, Lady Scarle irgendwann letzte Woche gesehen zu haben, als er im Park ausgeritten war. Bevor er ihr wieder entkommen konnte, hatte sie eine Weile auf ihn eingeplappert, aber er hatte ihren Worten kaum Beachtung geschenkt. „Dann werde ich es wohl vergessen haben. Ich muss mich entschuldigen.“
    Kurz blitzten ihre blauen Augen zornig auf - sie war es nicht gewohnt, dass ein Mann sie vergaß -, aber sie verbarg es rasch, senkte den Blick und schaute dann verführerisch durch ihre langen Wimpern hindurch zu Theo auf. „Nun haben Sie mich zutiefst verletzt, Raine. Das werden Sie nur wiedergutmachen können, indem Sie am Dienstag zu meinem Empfang kommen.“ „Ich ... hmm ... ich bin mir fast sicher, dass ich an diesem Tag bereits eine Verabredung habe. Meine ... hmm ... Kyria!“ Er hatte auf einmal seine Schwester entdeckt und winkte ihr zu.
    Kyria lächelte wissend und kam sogleich
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