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Schatten im Park

Schatten im Park

Titel: Schatten im Park
Autoren: Walter Thorwartl
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sie zu. Er war klein und untersetzt. Als er die drei Jungen sah, stutzte er, sein Mund wurde zu einem harten Strich. Der Weißhaarige fragte: „Na, wie geht’s voran, Otto?“
    „Wir werden schneller fertig sein als geplant. Das Ganze war von Laien zusammengeschustert, das merkt man deutlich. Dass diese Hütte jemals genehmigt worden ist …“, bemerkte der Mann abfällig.
    „Gut so! Morgen noch, und am Montag seid ihr fertig! Die Anlage ist Mitte kommender Woche da.“ Otto nickte knapp und starrte Benji aus schmalen Augen kurz an, bevor er sich umdrehte. Der Weißhaarige sagte freundlich: „Habt ihr genug gesehen? Das Gelände ist derzeit wirklich gefährlich. Lasst uns wieder ein Stück weiter weg gehen.“
    Wie zur Antwort krachte ein Teil des Daches zu Boden, ein Arbeiter fluchte lautstark. Ihr Begleiter drehte sich um, sofort kam die Entwarnung: „Alles okay. Nichts passiert.“
    Sie sahen den Arbeiten vom Rand des Parks aus zu.
    „Nicht umsonst will man dabei keine Kinder in unmittelbarer Nähe haben. Dieses Gebäude ist – war sehr unberechenbar. Aber ich kann euch beruhigen: In wenigen Tagen ist alles vorbei. Und dann könnt ihr aus der Nähe zuschauen, wie die neue Kletteranlage montiert wird. Ihr seid zwar schon etwas zu alt dafür …“ Der Mann grinste. „Ich hab euch noch gar nicht gefragt, wie ihr heißt. Mich werdet ihr vielleicht kennen. Ich habe eine Buchhandlung in der Stadt und bin hier in eurem Ort geboren und aufgewachsen. Ich heiße Eugen Hotter. Und du?“ Er nickte Moritz zu.
    Der wurde ein wenig rot. „Moritz Karner. Und ich war schon ein paar Mal in Ihrer Buchhandlung. Echt coole Bücher!“
    „Danke! Und wer bist du?“
    „Micha Pachern. Aber bitte sagen Sie meinen Eltern nichts davon, dass ich auf der Baustelle war.“
    Der Buchhändler lachte: „Du bist der Sohn von Frau Dr. Pachern? Ja, die kenne ich natürlich. Und ich verspreche dir, dass sie von mir nichts erfährt. Und du, mein Freund?“
    Benji sah verlegen zur Seite. „Benjamin Illek.“
    „Hab ich von dir nicht in der Zeitung gelesen?“, fragte der Buchhändler nachdenklich. Er schaute von einem zum andern und lächelte. „Eins, zwei, drei. Seid ihr nicht normalerweise zu viert?“
    „Ja, Issi, Isabella, aber die ist heute krank!“, sagte Moritz eifrig. Benji dachte sich nur: „Morz, du Idiot!“
    Eugen Hotter hob die Hände. „Ich habe mich gefreut, euch zu treffen. Und hoffentlich“, er drohte scherzhaft mit dem Zeigefinger, „sehe ich euch alle öfter in meiner Buchhandlung. Ihr braucht nichts zu kaufen, ihr sollt euch nur umschauen und schmökern. Bücher sind die besten Freunde. Bis dann!“ Er drehte sich um und ging zur Baustelle zurück.
    „ ‚Hoffentlich sehe ich euch alle öfter in meiner Buchhandlung.‘ Tschüss, Alter!“, spottete Benji.
    Moritz meinte nur: „Was willst du, der ist eh nett!“
    „Warum weiß er, dass wir sonst zu viert unterwegs sind?“ Benji ärgerte sich. Über Morz, über den Buchhändler, über einfach alles.
    „Das weiß jeder im Ort. Stimmt’s, Micha?“
    Micha nickte stumm.

„Mich gibt’s gar nicht!“
    Issi kam auch am Freitag nicht in die Schule. Am späten Nachmittag nahm Benji all seinen Mut zusammen und rief auf dem Festnetz an. Ihre Mutter war am Apparat. „Ja, bitte?“ Nach einer winzigen Pause nannte er seinen Namen. Die Mutter legte gleich los: „Hallo, Benji! Leider ist Issi noch immer krank, vielleicht hat sie sich im Wald verkühlt. Sie hat leichtes Fieber. Es ist besser, du besuchst sie noch nicht. Am Montag kommt sie aber sicher wieder in die Schule. Liebe Grüße an deine Mama!“ Das war’s. Abgewiesen. Benji fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Ihre Eltern wollten nicht, dass er sich mit Issi traf.
    Das tiefe Sonnenlicht, das die Hügellandschaft gelb färbte, machte Benji traurig. Vorgestern, mit Issi, war es auch so gewesen. Er schlenderte parallel zur Hauptstraße dahin und kam auf die obere Straße. Vor ihm ragte der düstere Block der alten Autowerkstatt, daneben die verfallene Mauer, vom Park dahinter zeigten sich einige Baumkronen, teils in der Dämmerung, teils im goldenen Licht. Es schadete nichts, hinüberzugehen und durch die Lücken in der Mauer einen Blick auf die Reste des Pavillons zu werfen. Die Parkwiese lag bereits in tiefem Schatten. Dort, wo das alte Lusthaus gestanden war, gab es nur mehr den Zaun, der eine verwitterte Betonplatte mit ein paar Holzresten einschloss. Es war alles bedrückend und düster. „Wo soll es
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