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Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit
Autoren: Martin Delrio
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und Hallen mit Matten, Sprossenwänden und Spiegeln, in denen die Soldaten des Regiments die verschiedensten Disziplinen trainieren konnten, vom Fechten bis zum Volkstanz.
    Countess und Präfektin Tara Campbell von Northwind und Paladin Ezekiel Crow hielten sich in einem der kleineren Trainingsräume auf. Sie waren allein. An den Wänden der Halle saßen weder Zuschauer noch andere Athleten. Nur die Taschen mit Wasserflaschen und Sportgerät, die Crow und die Countess mitgebracht hatten, standen auf den Bänken. Um keine Gerüchte aufkommen zu lassen, hatte Tara Campbell die Tür der Halle offen gelassen.
    Die Gräfin, eine zierliche Frau mit platinblondem Haar, trug eine weite weiße Trainingshose und eine von einem schwarzen Gürtel gehaltene Kampfsportjacke. Der Paladin war ähnlich gekleidet. Die Steppjacke, die ihn im Freien gegen die Novemberkälte schützte, hatte er nun ausgezogen, die dünnen Lederhandschuhe allerdings noch nicht. Das dunkle Hemd und die schwarze Hose, die er unter der Jacke getragen hatte, waren weit genug geschnitten, um volle Bewegungsfreiheit zu gewähren, konnten aber zur Not als legere Alltagskleidung durchgehen.
    Nur gab sich Crow niemals leger, dachte Tara. Seine einfache Kleidung trug keine offensichtlichen oder versteckten Hinweise auf Fähigkeiten oder die Ausbildung in bestimmten Disziplinen. Und sie hatte den starken Verdacht, dass er sie auch genau deshalb gewählt hatte. Er würde kaum versuchen, damit einen Mangel an Kenntnissen zu überspielen, denn niemand brachte es bis zum Paladin der Sphäre, ohne bewaffnet ebenso wie unbewaffnet seinen Mann stehen zu können. Also war er vermutlich ein Könner.
    Ein Könner - und verschlagen dazu.
    Tara entschied, dass ihr das gefiel. Sie hatte selbst schon die Masche »Schlag mich nicht, ich bin süß und harmlos« bei Gegnern angewandt, die dumm genug waren, darauf hereinzufallen. Sie lächelte Crow an.
    »Ich muss Ihnen dafür danken, dass Sie hierzu be-reit waren. Ich brauche die Übung, und es ist nicht leicht, jemanden zu finden, der in der Lage ist, für die Dauer des Trainings zu vergessen, dass ich die Präfektin und Countess bin. Jedenfalls lange genug, um mir einen vernünftigen Kampf zu liefern.«
    »Ich habe selbst zu lange auf ein Training verzichten müssen«, erwiderte Crow und lockerte sich mit ein paar Drehbewegungen. »Und das aus ähnlichem Grund. Sie tun mir also auch einen Gefallen. Was meinen Sie? Fünf Minuten? Erster Sturz oder über die Linie?«
    »Über die Linie.« Mit einem trockenen Grinsen fügte Tara hinzu: »Angesichts der Last von Rang und Position werde ich in der vorhersehbaren Zukunft wohl keine andere Option haben.«
    Crow verbeugte sich leicht. »Sie wissen es wohl am besten. Und wo ist die Linie?«
    Tara versuchte mit aller Gewalt teilnahmslos dreinzublicken. Innerlich jedoch strahlte sie. Crows Antwort zeigte ihr, dass er sich - wie erhofft - in dem bevorstehenden Zweikampf nicht aus fehlgeleiteter Höflichkeit zurückhalten würde.
    »Ne hm en wir doch diese Fliesenreihe«, schlug sie vor und deutete mit dem Fuß auf die dekorative Abgrenzung in der Mitte der Trainingshalle. »Der Erste, der sie überschreitet...«
    »Zahlt einen Preis nach Wahl des Gewinners«, beendete der Paladin den Satz. »Es ist immer gut, wenn es um etwas geht.«
    »Soll mir recht sein. Regeln?« Wären sie in derselben Tradition ausgebildet worden, hätte sie sich diese Frage sparen können, aber auch das war eine Information, die Crows ungewöhnliche Sportkleidung verheimlichte.
    »Nichts, was zu einer dauerhaften Verletzung oder zu einer Reduktion unserer Fähigkeiten führen könnte, Northwind zu verteidigen.«
    Tara nickte. »Klingt vernünftig. Das heißt also... Keine Angriffe auf die Augen, aber in die Ohren beißen ist erlaubt.«
    »Falls die Countess of Northwind den Wunsch verspürt, mich ins Ohr zu beißen, darf sie das gerne versuchen«, antwortete Crow, und Tara hatte den Eindruck, dass er dabei sanft lächelte. »Fangen wir an?«
    Sie erwiderte das Lächeln. »Aber sicher.«
    Wieder verbeugte sich Crow. Diesmal setzte er die Bewegung zu einer Rolle vorwärts fort, aus der er kurz vor ihr wieder hochkam, allerdings noch außerhalb ihrer Reichweite.
    »Netter Zug«, lachte sie und wirbelte mit einem waagerechten Tritt nach vorne, der ihn aus der Reserve locken sollte.
    Er fiel auf das Manöver nicht herein - sie wäre auch überrascht gewesen, hätte es geklappt -, sondern zog stattdessen einen Handschuh aus
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