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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes
Autoren: Bergius C.C.
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er wieder versöhnlich. »Wirst du nachher 'ne Barschtsch spendieren?«
    »Klar doch! Ist ja 'ne Dienstfahrt. Ich freue mich schon auf die Pastetchen, die es zur Roterüben-Suppe gibt.«
    Auf den paar Metern vom Fuhrwerk zum Geschäft wurden Tadeusz Minka die Beine mit einem Mal schwer. Ihm stellte sich plötzlich die Frage, was der Uhrmacher, der ihm sagen sollte, ob die Steine echt oder unecht seien, von ihm denken würde, wenn er ihm, gewissermaßen aus heiterem Himmel, einen Beutel voller Pretiosen vorlegte. Mußte man ihn nicht für einen Dieb halten? Er hatte das nicht bedacht und würde auf der Stelle kehrtgemacht und sich die Sache nochmals gründlich überlegt haben, wenn der Bauer Jósef nicht hinter ihm auf dem Wagen gesessen hätte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als in das Geschäft einzutreten.
    Eine silberne Glocke ertönte beim Öffnen der Tür. Unwillkürlich nahm der Büttel seine Czapka vom Kopf und wünschte: »Guten Morgen!«
    »Dzien dobry!« antwortete eine eigenartig hohe Stimme aus dem Hintergrund.
    Tadeusz schloß die Tür und trat an den Ladentisch. Er kam sich wie in einem Wunderland vor. An den Wänden hing eine tickende Uhr neben der anderen, und in Vitrinen, deren facettartig geschliffene Scheiben bläulich schimmerten, waren kostbare Silberkannen, Dosen und Kerzenleuchter ausgestellt. Eine gnomenhafte Gestalt mit übergroßem Kopf und zu kurz geratenen Armen und Beinen trat hinter einem Vorhang hervor und stieg mit seltsam eckigen Bewegungen auf eine Erhöhung, die offensichtlich geschaffen war, um ihr die Möglichkeit zu geben, über den Ladentisch hinweg bedienen zu können. »Sie wünschen?«
    Der Büttel räusperte sich und blickte unschlüssig auf das verschnürte Päckchen. »Nu. ich bin gekommen … Ich hab' da nämlich …« Ein rettender Gedanke kam ihm. »Uhrmacher haben doch eine Lupe, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich.«
    »Da hab' ich mir gedacht … Verstehen Sie, ich möchte gerne wissen, ob etwas echt oder unecht ist. Mit einer Lupe müßte man das doch feststellen können, oder?«
    Das alt wirkende Gesicht des zweifellos noch jungen Mannes ließ Interesse erkennen. »Um was geht's denn?«
    »Nu …« Tadeusz Minka legte seine Czapka auf den Ladentisch. »Ich hab's hier.« Er begann das Päckchen aufzuschnüren. »Denken Sie aber nichts Schlechtes von mir. Ich hab' es wirklich gefunden. Nein, das stimmt nicht«, korrigierte er sich. »Es hing heute morgen an meiner Haustür.«
    Der mit Glasperlen bestickte Seidenbeutel kam zum Vorschein.
    Die Miene des Uhrmachers wurde abweisend.
    Tadeusz sah ihn wie hilfesuchend an. Auf seiner Stirn perlte Schweiß. Er lockerte die Kordel, die den Beutel geschlossen hielt. »Sie werden sich vorstellen können, wie betroffen ich war, als ich … Das ist das Werk des Teufels, dachte ich, als ich da hineinschaute.« Er öffnete den Beutel. »Sehen Sie sich das an! Hing einfach an meiner Haustür!«
    Der Uhrmacher warf einen Blick in den Beutel und erstarrte. Sein Gesicht wurde ausdruckslos. Dann aber bewegten sich seine Augen plötzlich wie flinke Wiesel. Gehetzt wanderten sie zwischen den Steinen und dem Mann hin und her, der wie ein Hüne vor ihm stand, das Herz eines Hasen zu haben schien und bei aller Unsicherheit und Ungeschicklichkeit doch einen durchaus vertrauenerweckenden Eindruck machte. »Moment«, sagte er und sprang von der Erhöhung herunter. Seine kurzen Arme schaufelten grotesk durch die Luft. Er eilte zur Ladentür und schob mit energischem Ruck einen Riegel vor. Dann verschwand er mit flatternden Händen hinter dem Vorhang und kehrte gleich darauf mit einer vor das Auge geklemmten Lupe und einem Samttuch zurück, das er auf den Ladentisch warf und glattstrich. Die erwartungsvolle Freude aber, die schon zu erkennen gewesen war, wich schlagartig, als er den Beutel auf das Samttuch leerte. »Um Himmels willen!« rief er bestürzt. »Damit will ich nichts …« Er stockte und griff nach einem Diamanten, der obenauf lag. »Das ist ja …« Schnell hielt er ihn vor die Lupe. »Ohhh …! Das ist phantastisch!« Er drehte den Stein. »Welch ein Feuer! Dieser Brillant dürfte mindestens vier bis fünf Karat haben!« Begeistert wandte er sich an Tadeusz Minka. Seine Augen glühten. Doch dann brach plötzlich wieder alles in ihm um. Finster und abweisend sagte er: »Nein, damit will ich nichts zu tun haben. Sehen Sie«, er nahm einen roten Stein auf, »der Wert dieses Rubins zum Beispiel …« Überwältigt verstummte
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