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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf
Autoren: Andreas Föhr
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müsse ja nicht wieder bis Mittag im Bett liegen, nur weil Sonntag sei.
    Wallner war ohnehin aufgewacht. Denn Manfred hatte die Angewohnheit, in den Telefonhörer zu schreien. Sie hätten auf dem Riederstein einen erschossen, berichtete er seinem Enkel.
    Wallner kam spät zum Tatort. Manfred hatte darauf bestanden, ihm ein Frühstücksei zu kochen, das Ei aber hart werden lassen, so dass er noch eins kochen musste, obwohl Wallner gesagt hatte, er werde auch das harte Ei essen. Aber mit Manfred war nicht zu reden. Ein neues Ei wurde aus dem Kühlschrank geholt, schaffte es aber nicht bis zum Kochtopf, denn Manfred war jetzt unter Druck, fing an zu zittern und ließ das Ei auf den Küchenboden fallen. Die anschließenden Aufräumarbeiten, weitere Diskussionen über die Notwendigkeit eines Frühstückseis sowie Zubereitung und Verzehr des dritten Eis führten dazu, dass Wallner eine halbe Stunde später als beabsichtigt das Haus verließ. Die Ermittlungsarbeiten waren schon einige Zeit im Gang, als Wallner um kurz nach acht den Parkplatz erreichte, von dem der Fußweg zum Riederstein seinen Anfang nahm. Die Polizei hatte den Parkplatz für Privatfahrzeuge gesperrt. Wallner musste seinen Wagen stehen lassen und wurde mit einem Dienstwagen zur Galaun hochgefahren.
    Auf dem Weg nach oben begegneten sie etlichen Wanderern, die die Polizei wieder nach unten geschickt hatte. Das Gelände um den Riederstein war großflächig abgesperrt worden, denn der Umkreis von einem Kilometer um den Berg galt als potenzieller Standort des Todesschützen. Die Wirtsleute des Gasthauses Galaun am Fuße des Riedersteins waren wenig erfreut, dass die Polizei die Gäste an einem Oktobersonntag wegschickte. Ein gewisser Ausgleich wurde dadurch geschaffen, dass die meisten der dreißig im Einsatz befindlichen Beamten noch nicht gefrühstückt hatten und das jetzt auf der Terrasse des Gasthauses nachholten.
    Als Wallner auf der Galaun ankam, waren dort mehrere Streifenwagen und Zivilfahrzeuge geparkt. Die Terrasse des Wirtshauses war voll von Beamten, die Karten studierten, telefonierten oder Laptops bedienten. Wallner trat auf die Terrasse und begrüßte einige der Beamten, die meisten kannte er beim Namen. Die junge Kripokollegin Janette stand an einem Tisch und zeichnete etwas in eine Landkarte ein. Wallner bat sie, ihm kurz zu erklären, was vorgefallen war. Doch Janette war auch erst vor zehn Minuten eingetroffen. Die Ermittlungen habe bis jetzt Mike Hanke geleitet, der hier irgendwo herumstehe. Janette wusste nur, dass jemand auf dem Riederstein erschossen worden war. Vermutlich aus großer Entfernung. Man suche gerade die Stelle, von der aus geschossen wurde. Anhand des Schusswinkels lasse sich das einigermaßen einkreisen. Es handele sich aber immer noch um ein sehr großes Gebiet, das fast vollständig mit Gebirgswald bestanden sei. Die Suche konzentriere sich im Augenblick auf die wenigen Lichtungen. Janette deutete auf farbig markierte Stellen der Landkarte. Wallner nickte und fragte, wo es Kaffee gebe. Janette sagte, sie werde ihm einen holen.
    Wallner sah sich um und suchte nach Mike, fand ihn aber nicht, weil ihm schwindlig wurde und er sich setzen musste. Morgens hatte er oft mit einem widerspenstigen Kreislauf zu kämpfen. Außerdem war es eisig kalt. Dreizehn, höchstens fünfzehn Grad, schätzte Wallner und zog den Reißverschluss seiner Daunenjacke hoch. Das Wirtshaus lag immer noch im Schatten des Riedersteins. Warum die meisten hier kurzärmelige Hemden oder T-Shirts anhatten, war Wallner unbegreiflich. Grundsätzlich fror Wallner mehr als andere Menschen. Genauer gesagt, mehr als andere Männer. Frauen gestand man die Friererei ja ohne weiteres zu. Für einen Mann hingegen war es eher peinlich. Unmännlich, mädchenhaft. Seit Wallner allerdings eine Stellung hatte, in der er bestimmen konnte, ob Fenster aufgemacht wurden oder nicht, ging er erheblich offensiver mit seiner inneren Kälte um. Woher sie kam, blieb ihm aber weiterhin ein Rätsel. Janette stellte eine Tasse Kaffee auf den Tisch. Wallner bedankte sich, trank ein paar Schlucke und beugte sich mit dem Gesicht über die Tasse, damit der Kaffeedampf ihm das Gesicht wärmte.
    »Dahinten steht er«, sagte Janette und deutete zu dem Forstweg, auf dem Wallner hochgekommen war. Dort stand Mike und redete mit einer etwa dreißigjährigen Frau. Das Gespräch schien unterhaltsam zu sein. Denn die Frau und Mike lachten immer wieder.
    »Wer ist die Frau?«, wollte Wallner
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