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Schabernack mit zwei Gespenstern

Schabernack mit zwei Gespenstern

Titel: Schabernack mit zwei Gespenstern
Autoren: M. Potthoff
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sie
plötzlich aus und zeigte das Bild eines Jungen.
    „Der sieht Nik ähnlich.“
    „Tatsächlich!“ Uli riß die Augen auf.
    „Das ist aber komisch“, meinte Nik.
    „Es kommt vor, daß Menschen sich
ähnlich sehen, ohne daß sie verwandt sind“, sagte die Mutter.
    „Warum steht sein Bild in der
Zeitung?“ fragte Uli.
    „Weil er seit vorgestern verschwunden
ist“, antwortete die Mutter. „Mit dieser Suchanzeige bittet die Polizei alle
Leute, ihr zu helfen, den Jungen wiederzufinden. Er lebte in einem Kinderheim
in Remburg.“
    Remburg lag etwa fünfzig Kilometer von
Ballheim entfernt. Dort hatte früher auch Familie Lehmann gewohnt.
    „Es ist durchaus möglich, daß der
Junge hier auftaucht“, fuhr die Mutter fort. „Ihr könnt ja auf der Straße mal
die Augen offenhalten. Er heißt Norbert, ist zehn Jahre alt, genauso groß wie
Nik, hat rotes Haar und graue Augen. Er trägt eine braune Kordhose und ein
gelbes Hemd.“
    „Norbert ist wohl ausgerissen, weil es
ihm in dem Heim nicht gefiel“, sagte Nik. „Ob er keine Eltern hat?“
    „Davon steht hier nichts“, erwiderte
die Mutter. „Du kannst es dir ja selbst noch einmal durchlesen. Warte!“ Sie
schnitt den kleinen Artikel mit dem Bild aus.
    „Danke schön!“ Nik legte den
Ausschnitt in sein Lesebuch. Im Laufe des Tages holte er ihn jedoch immer
wieder hervor und dachte darüber nach, warum Norbert wohl aus dem Kinderheim
fortgelaufen war.
    Auch am nächsten Morgen in der Schule
beschäftigte sich Nik in Gedanken ständig mit Norbert. Die Gespenster! schoß es
ihm da auf einmal durch den Kopf. Vielleicht können sie ihn finden.
    Als Nik nach Hause kam, lief er sofort
auf den Dachboden. Er weckte die Gespenster, erzählte ihnen von Norbert und bat
sie um Hilfe.
    „Nein, nein“, sagte Nono, „das ist zo
schwierig für ons.“
    „Ja, ja, zo schwierig!“ Sisi wackelte
mit dem Kopf. „Wir können nor ein bißchen Hokospokos machen.“
    „Schade!“ brummte Nik und verstaute
den Zeitungsausschnitt wieder in seiner Schultasche. Dabei entdeckte er eine
halbe Tafel Schokolade. Er überredete die Gespenster, davon zu probieren.
Zögernd nahmen die zwei ein Stückchen.
    „Mmmmm!“ machten sie dann und wedelten
entzückt. „Das schmeckt ja gespenstisch! Geisterhaft! Gib ons noch mehr!“
    „Bitte sehr!“ Lachend hielt Nik die
Schokolade hin. Ein kurzes Schmatzen erklang — und schon war das Papier leer.
„Mehr! Mehr!“ riefen Sisi und Nono.
    „Na, so was!“ sagte Nik erstaunt. Dann
nahm er seine Schultasche. „Ich muß jetzt leider gehen. Wenn ich mal wieder
Schokolade habe, kriegt ihr was ab.“
    „Aber vergiß es nicht!“ mahnten die
Gespensterzwillinge. Mit einem besonders gräßlichen Quietschen ließen sie die
Tür hinter Nik ins Schloß fallen.
    „Um Himmels willen!“ rief die Mutter
von unten herauf. „Die muß aber unbedingt geölt werden. Da läuft einem ja eine
Gänsehaut über den Rücken.“
    „Das war doch nicht die Tür“,
antwortete Nik ohne zu überlegen und sprang die Stufen hinab.
    „Nein?“ fragte die Mutter schnell.
    Nik erschrak. Zu blöd! Jetzt hab ich
mich verplappert, dachte er und versuchte, seinen Fehler wiedergutzumachen.
    „Natürlich war’s die Tür“, sprudelte
er hervor. „Ich hab Spaß gemacht.“
    „Wo soll denn da der Witz sein?“ sagte
die Mutter. Gleich darauf stieß sie einen Schrei aus, denn die Dachbodentür
öffnete sich ganz langsam und schaurig ächzend. Die Mutter spähte nach oben.
„Ist da noch jemand?“ flüsterte sie. „Uli vielleicht?“
    „Nein“, erwiderte Nik. „Das war wohl
der Wind.“
    „Unsinn! Alle Fenster und Türen stehen
offen. Es rührt sich kein Lüftchen.“ Die Mutter fuhr sich mit allen zehn
Fingern durchs Haar. „Ich werde noch verrückt in diesem Haus. Wir müssen
unbedingt raus hier.“
    „Aber Mami!“ Lachend umarmte Nik die
Mutter. „Du willst doch wohl nicht ausziehen, nur weil eine Tür quietscht.“
    „Ach, dauernd sind da irgendwelche
merkwürdigen Geräusche...“
    „In alten Häusern ist das nun mal so.
Der Papi hat es dir doch erklärt“, sagte Nik. „Das Holz dehnt sich und zieht
sich zusammen ...“
    „Ja, ja, schon gut!“ Die Mutter
seufzte ein bißchen. „Trotzdem — ich werde das Gefühl nicht los, daß hier
irgendwas oder irgendwer umhergeistert.“

    Da klang ein hauchdünnes Kichern von
oben. „Sie sind eine seehr kloge Frau“, raunte es, und dann wurde die Tür zum
Dachboden geschlossen, ganz weich und leise.
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