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Saron

Saron

Titel: Saron
Autoren: Alexa Kim
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geteilt? Haben wir es überhaupt jemals getan? In diesem Augenblick wird mir langsam aber sicher klar, dass ich auch in der Beziehung zu Daniel dazu übergangen bin, mir ein Gemälde zu erschaffen, das nicht der Realität entspricht.
    „ Danke“, flüstere ich, während sein Duft und seine warme Umarmung mich umschließen und schläfrig machen.
    „ Ich danke dir … Jessy … denn manchmal sind auch Götter nur Narren mit menschlichen Wünschen und Bedürfnissen“, höre ich ihn antworten, bevor mir die Augen zufallen.

    Als ich aufwache, leuchtet mir der alte Parkwächter mit seiner Taschenlampe direkt ins Gesicht.
    „ Miss? Alles ok bei ihnen? Brauchen sie einen Krankenwagen? Geht es Ihnen gut?“
    Ich blinzele und schrecke hoch, sehe mich um. Ich bin wieder im Park – in meinem Park! Gegenüber von mir wirft das Licht der Parklaterne einen warmen gelben Kreis, und vor meinen Füßen fliegen die Blätter. Es geht ein kühler Wind. Es ist Herbst.
    „ Wie … wie spät ist es?“, frage ich den Parkwächter, dessen Gesichtsausdruck immer besorgter wird.
    „ Nach Mitternacht … Soll ich ein Taxi rufen?“
    Ich schüttele den Kopf und versuche mein optimistischstes Lächeln, damit er ja nicht auf den Gedanken kommt, ich sei verwirrt, gestört oder sonst irgendwie irre. „Danke, nein. Ich hatte einen harten Tag an der Uni und bin hier eingeschlafen.
    Er nickt, ist aber nicht ganz überzeugt. „Besser ich bringe Sie zum Ausgang. Ist nicht gut, wenn man als Frau alleine nachts im Park ist.“
    Ich lächele ihn an, krampfhaft darum bemüht, meine Verwirrung zu verbergen. Ich bin also auf der Parkbank eingeschlafen … aber es war alles so real. Die Erkenntnis ist wie ein Stich ins Herz. Wieder nur ein Luftschloss … Daniel hat vielleicht doch recht. Ich stehe nicht mit beiden Beinen auf der Erde. Ich bin verrückt … eine durchgedrehte Kunststudentin, die sich langsam aber sicher in ihren Gemälden und Traumwelten verliert.
    Als ich aufstehe, fällt etwas von meinem Schoß. Der Parkwächter bückt sich danach und meint dann verdutzt: „Wo kommst die denn her? Lilien blühen doch um diese Jahreszeit gar nicht mehr.“
    Er reicht mir die orangefarbene Blüte, und ich nehme sie mit zitternden Fingern entgegen.
    „ Ein Geschenk von einem Verehrer, vermutete ich“, lacht er gutmütig.
    Ich zwinge mich dazu, zu lächeln. „Ja … ein Geschenk“, gelingt es mir zu sagen, bevor ich mich vorsichtig umsehe. Doch alles ist dunkel, kein leuchtender Busch oder etwas anderes Ungewöhnliches.
    Als wir uns auf den Weg zum Ausgang machen, höre ich sie plötzlich: Eine leise Melodie … wehmütig … lockend … leise zwischen dem Wind.
    Ich schaue zum Parkwächter, doch er scheint nichts zu hören. Plötzlich muss ich lächeln. Die Blüte in meiner Hand verströmt einen betörenden Duft. Kurz denke ich an Daniel und seine SMS. In meinem Bauch breitet sich wohlige Wärme aus. Daniel? Wer ist Daniel?

    Ende

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