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Saron

Saron

Titel: Saron
Autoren: Alexa Kim
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Blätter wogen im lauen Wind, wie in einer milden Sommernacht. Außerdem … wo bin ich eigentlich? Der Park kommt mir plötzlich vollkommen unbekannt vor. Wo ist die Bank, die Laterne, der Weg? Stattdessen stehe ich auf einer Wiese zwischen Bäumen und Sträuchern, und überall gibt es kleine felsige Nischen, die mit Moos überwachsen sind. Felsen? In meinem Park? Seit wann denn das?
    Ich ziehe meine Schuhe aus, weil das Gras so weich ist, dass die Absätze darin versinken. Barfuß gehe ich weiter, und die Sache wird mir immer unheimlicher. Es ist dunkel, und trotzdem sehe ich gut. Ein irisierendes Leuchten kommt aus den Baumkronen. Als ich näher gehe, um mir das anzusehen, sehe ich Myriaden von Glühwürmchen im Laubwerk tanzen. Warum ist mir das früher noch nicht aufgefallen? Dieses Naturschauspiel ist wunderschön. Tatsächlich wie in einem Gemälde. Am liebsten würde ich mich jetzt ins Gras setzen und ein Bild davon malen.
    Und dann ist sie plötzlich da! Ich kann sie hören wie an dem Tag, als ich mit Daniel auf der Parkbank gesessen habe. Irgendwo spielt jemand die traurige Melodie auf der Panflöte!
    Angestrengt lausche ich. Die Melodie kommt von dem alten knorrigen Baum mit den tief hängenden Ästen – keine fünfzig Meter vor mir. Ist das ein übler Scherz? Ich beginne zu laufen, direkt auf den Baum zu.
    Dann bleibe ich stehen und traue meinen Augen nicht.
    „ Schön, dass du meinem Ruf gefolgt bist, Jessy.“
    Spätestens jetzt wäre es an der Zeit, sich umzudrehen und schnellstmöglich abzuhauen. Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich verrückt werde. Entweder das oder irgendjemand spielt mir einen bösen Streich. Vor mir, auf dem tief hängenden Ast des Baumes, liegt ein Mann – und zwar halb nackt … in lasziv entspannter Haltung!
    „ Ok … ich bin wahnsinnig“, sage ich mehr zu mir selbst als zu ihm und sehe mich panisch um.
    „ Bist du nicht“, antwortet er lächelnd und springt federnd von seinem Ast.
    Er ist groß und gut gebaut, mit dunkelbraunem leicht lockigem Haar, das ihm bis auf den Rücken fällt. Um die Hüften trägt er einen Schurz aus Fell, der kaum das Nötigste bedeckt. Ansonsten ist er nackt! Keine Schuhe, keine Uhr, kein Schmuck … einfach nur nackt.
    Doch er bewegt sich geschmeidig, als wäre dies alles ein vollkommen normaler Zustand für ihn.
    Ich weiche zurück, bleibe dann jedoch stehen, als mein Blick seine Augen trifft. Habe ich jemals solch grüne Augen gesehen? Als spiegele sich der Park darin oder als seien seine Augen ein tiefer geheimnisvoller Wald. Ich bleibe stehen. „Wer … bist du?“
    Er lächelt verführerisch. Sein Gesicht ist glatt und gut geschnitten. „Ich bin Pan“, antwortet er ohne den Hauch eines Zweifels.
    In diesem Moment bin ich restlos davon überzeugt, dass ich einem Verrückten über den Weg gelaufen bin. „Pan … du meinst, der Gott Pan, der wollüstig Mädchen und Nymphen verfolgt? Der mit den Bockshörnern und den Ziegenfüßen?“ Oh Gott … ich muss unbedingt machen, dass ich hier wegkomme. Leider schätze ich meine Chancen dafür schlecht ein. Er ist größer, kräftiger und sportlicher als ich. Wenn er nicht verrückt wäre, könnte er glatt mein Typ sein.
    Er steht vor mir und duftet nach Wald und einem frischen Regenschauer. Ich könnte ihm fast glauben, wenn es nicht so absurd wäre.
    „ Ah, du hast in deinem Kunststudium aufgepasst“, antwortet er, jedoch mit leicht beleidigtem Unterton. „Dieses Image des ziegenbeinigen gehörnten Scheusals wurde mir von den Vätern und Ehemännern verpasst, die Angst um ihre Töchter und Frauen hatten.“
    „ Dann … dann stimmen die Geschichten über dich also gar nicht?“ Ich versuche, ihn einfach in ein Gespräch zu verwickeln. Vielleicht verschafft mir das etwas Zeit.
    „ Nun, einige Dinge sind wahr“, lässt er mich wissen, und ehe ich weiß, wie mir geschieht, spüre ich seine Lippen auf meinen. Sie schmecken süß und verheißungsvoll. Sofort fühle ich ein Ziehen im Unterleib.
    „ Ich habe dich beobachtet, Jessy. Vom ersten Tag an, als du mit deinem Freund auf der Parkbank gesessen hast. Und ich habe für dich auf der Panflöte gespielt. Weil ich es so gerne gewesen wäre, der neben dir sitzt und dich verführt.“ In seinen Augen blitzt es grün und leidenschaftlich. „Und als ich dich heute so unglücklich gesehen habe, konnte ich nicht widerstehen, dich zu mir zu holen.“
    Ich schlucke. Plötzlich ist meine Kehle ganz trocken. Ich fange an, ihm zu glauben, so irre
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