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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau
Autoren: Kerstin Gier
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»Siehst du, das ist genau, was ich meine. Gwendolyn, diese Leute haben vor, ein Geheimnis zu zerstören, das über Hunderte von Jahren gehütet wurde. Sie wollen etwas für sich, das ihnen nicht zusteht. Und dafür brauchen sie nur noch unser Blut. Ich glaube nicht, dass sie vor irgendetwas zurückscheuen würden, um es zu bekommen.« Er strich sich eine braun gelockte Haarsträhne aus der Stirn und ich hielt unwillkürlich die Luft an.
    Gott, er sah so gut aus! Diese grünen Augen, die schön geschwungenen Linien seiner Lippen, die blasse Haut - alles an ihm war einfach perfekt. Außerdem roch er so gut, dass ich für eine Sekunde mit dem Gedanken spielte, einfach meinen Kopf an seine Brust sinken zu lassen. Aber natürlich tat ich das nicht.
    »Vielleicht hast du es vergessen, dass wir auch ihr Blut wollten. Und du hast Lucy eine Pistole an den Kopf gehalten und nicht umgekehrt«, sagte ich. »Sie hatte keine Waffe.«
    Zwischen Gideons Augenbrauen erschien eine Zornesfalte. »Gwendolyn, jetzt sei bitte nicht so naiv. Wir sind - wie auch immer - in einen Hinterhalt gelockt worden. Lucy und Paul hatten bewaffnete Verstärkung, das waren mindestens vier gegen einen!«
    »Zwei!«, rief ich aus. »Ich war auch noch da!«
    »Fünf, wenn man Lady Tilney mitzählt. Ohne meine Pistole wären wir jetzt möglicherweise tot. Zumindest hätten sie uns mit Gewalt Blut abnehmen können, denn genau deshalb waren sie da. Und du wolltest mit ihnen
reden?«
    Ich biss mir auf die Lippe.
    »Hallo?«, sagte der Wasserspeier. »Denkt vielleicht auch mal jemand an mich? Ich blicke hier nämlich überhaupt nicht durch!«
    »Ich verstehe, dass du verwirrt bist«, sagte Gideon jetzt viel sanfter, aber mit unverkennbarer Überheblichkeit in der Stimme. »Du hast in den vergangenen Tagen einfach zu viel erlebt und erfahren. Du bist vollkommen unvorbereitet gewesen. Wie solltest du auch verstehen, worum es hier geht? Du gehörst nach Hause ins Bett. Also, lass uns das jetzt schnell hinter uns bringen.« Er griff wieder nach meinem Arm und zog mich vorwärts. »Ich werde reden und du wirst meine Geschichte bestätigen, okay?«
    »Ja, das hast du jetzt mindestens zwanzig Mal gesagt!«, erwiderte ich gereizt und stemmte meine Beine vor einem Messingschild mit der Aufschrift
Ladys
in den Boden. »Ihr könnt schon mal ohne mich anfangen, ich muss nämlich schon seit Juni 1912 auf die Toilette.«
    Gideon ließ mich los. »Findest du den Weg allein nach oben?«
    »Natürlich«, sagte ich, obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob ich mich auf meinen Orientierungssinn verlassen konnte. Dieses Haus hatte zu viele Gänge, Treppen, Winkel und Türen.
    »Sehr gut! Den Ziegenpeter sind wir schon mal los«, sagte der Wasserspeier. »Jetzt kannst du mir in Ruhe erklären, worum es hier eigentlich geht!«
    Ich wartete, bis Gideon um die nächste Ecke gebogen war, dann öffnete ich die Toilettentür und schnauzte den Wasserspeier an: »Na los, komm hier rein!«
    »Wie bitte?« Der Wasserspeier guckte beleidigt. »Ins Klo? Also, das finde ich jetzt irgendwie . . .«
    »Mir egal, wie du das findest. Es gibt nicht viele Orte, an denen man sich in Ruhe mit Dämonen unterhalten kann, und ich will nicht riskieren, dass uns jemand hört! Los jetzt.«
    Der Wasserspeier hielt sich die Nase zu und folgte mir widerwillig in die Toilette. Hier roch es lediglich schwach nach Desinfektionsmittel und Zitrone. Ich warf einen kurzen Blick in die Kabine. Niemand da. »So. Jetzt hörst du mir mal zu: Ich weiß, dass ich dich vermutlich so schnell nicht loswerde, aber wenn du bei mir bleiben willst, dann musst du dich an ein paar Regeln halten, ist das klar?«
    »Nicht in der Nase bohren, keine unanständigen Wörter benutzen, keine Hunde erschrecken ...«, leierte der Wasserspeier.
    »Was? Nein, was ich möchte, ist, dass du meine Privatsphäre akzeptierst. Ich möchte nachts und im Badezimmer allein sein und falls mich noch mal jemand küsst« - an dieser Stelle musste ich schlucken - »dann möchte ich dabei keinen Zuschauer haben, ist das klar?«
    »Tss«, machte der Wasserspeier. »Und das aus dem Mund von jemandem, der mich in ein
Klo
gezerrt hat!«
    »Also, wir sind uns einig? Du wirst meine Privatsphäre akzeptieren?«
    »Auf keinen Fall will ich dir beim Duschen oder - igitt, bewahre mich! - Küssen zusehen«, sagte der Wasserspeier mit Nachdruck. »Davor brauchst du nun wirklich keine Angst zu haben. Und in der Regel finde ich es auch eher langweilig, Menschen beim
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