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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau
Autoren: Kerstin Gier
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Schritt halten zu können. Dafür strahlte er mich schon von Weitem an.
    Ich richtete mich auf und strich mein Kleid glatt.
    »Gwendolyn, Gott sei Dank«, sagte Mr George, während er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn tupfte. »Alles in Ordnung mit dir, mein Mädchen?«
    »Das Dickerchen ist aber ganz schön aus der Puste«, sagte der Wasserspeier.
    »Alles bestens, Mr George. Wir hatten nur ein paar äh Probleme.«
    Gideon, der dem Taxifahrer einige Pfundnoten gab, sah mich über das Autodach warnend an.
    »... mit dem Timing«, murmelte ich und schaute dem Taxifahrer hinterher, der kopfschüttelnd aus der Parklücke steuerte und davonfuhr.
    »Ja, Gideon sagte bereits, dass es Komplikationen gegeben hat. Es ist nicht zu fassen, da ist irgendwo eine Lücke im System, wir müssen das gründlich analysieren. Und möglicherweise umdenken. Aber Hauptsache, euch beiden ist nichts passiert.« Mr George bot mir seinen Arm an, was ein bisschen merkwürdig aussah, weil er fast einen halben Kopf kleiner war als ich. »Komm, mein Mädchen, es gibt noch einiges zu tun.«
    »Ich wollte eigentlich so schnell wie möglich nach Hause«, sagte ich. Der Wasserspeier turnte ein Fallrohr hinauf und hangelte sich über uns an der Dachrinne entlang, wobei er lauthals
Friends will be friends
sang.
    »Oh, ja, sicher«, sagte Mr George. »Aber du hast heute erst drei Stunden in der Vergangenheit verbracht. Um bis morgen Nachmittag auf Nummer sicher zu gehen, musst du jetzt noch ein paar Stunden elapsieren. Keine Sorge, nichts Anstrengendes. In einen gemütlichen Kellerraum, wo du deine Hausaufgaben machen kannst.«
    »Aber - meine Mum wartet sicher schon und macht sich Sorgen!« Außerdem war heute Mittwoch und das war zu Hause unser Grillhähnchen-und-Pommes-Tag. Abgesehen davon, dass dort eine Badewanne und mein Bett warteten!
    Mich in so einer Lage auch noch mit Hausaufgaben zu behelligen, war eigentlich eine Unverschämtheit. Jemand sollte mir einfach eine Entschuldigung schreiben.
Da Gwendolyn neuerdings täglich auf wichtigen Zeitreise-Missionen ist, muss sie von den Hausaufgaben in Zukunft befreit werden.
    Der Wasserspeier grölte weiter oben vom Dach und es kostete mich einiges an Überwindung, ihn nicht zu verbessern. Dank Singstar und den Karaokenachmittagen bei meiner Freundin Leslie zu Hause war ich nämlich selbst bei Queen ausgesprochen textfest und wusste genau, dass in diesem Lied keine Gurke vorkam.
    »Zwei Stunden werden genügen«, sagte Gideon, der wieder so große Schritte machte, dass Mr George und ich kaum hinterherkamen. »Dann kann sie nach Hause und sich ausschlafen.«
    Ich hasste es, wenn er in meiner Gegenwart von mir in der dritten Person sprach. »Ja, und darauf freut sie sich schon«, sagte ich. »Denn sie ist wirklich sehr müde.«
    »Wir werden deine Mutter anrufen und erklären, dass du um spätestens zehn Uhr nach Hause gebracht wirst«, sagte Mr George.
    Zehn Uhr? Ade, ihr Brathähnchen. Jede Wette, dass meins lange vorher meinem verfressenen kleinen Bruder zum Opfer fallen würde.
    »When you're through with life and all hope is lost«, sang der Wasserspeier und ließ sich halb fliegend, halb kletternd an der Ziegelwand hinuntergleiten, um anmutig neben mir auf dem Pflaster zu landen.
    »Wir werden behaupten, dass du noch Unterricht hast«, sagte Mr George, mehr zu sich selber als zu mir. »Von deinem Ausflug ins Jahr 1912 solltest du ihr vielleicht nichts erzählen, sie war ja der Meinung, dass du zum Elapsieren ins Jahr 1956 geschickt wurdest.«
    Wir waren vor dem Hauptquartier der Wächter angekommen. Von hier aus wurden seit Jahrhunderten die Zeitreisen kontrolliert. Die Familie de Villiers stammte angeblich direkt vom Grafen von Saint Germain ab, einem der berühmtesten Zeitreisenden in der männlichen Linie. Wir Montroses dagegen waren die weibliche Linie, was für die de Villiers vorwiegend zu heißen schien, dass wir nicht wirklich zählten.
    Der Graf von Saint Germain war es gewesen, der die kontrollierten Zeitreisen mithilfe des Chronografen erfunden hatte, und er hatte auch die bekloppte Order gegeben, dass alle zwölf Zeitreisenden unbedingt in den Chronografen eingelesen werden mussten.
    Inzwischen fehlten nur noch Lucy, Paul, Lady Tilney und eine weitere Tussi, eine Hofdame, deren Namen ich mir nie merken konnte. Denen sollten wir noch ein paar Milliliter Blut abluchsen.
    Die ultimative Frage war nur: Was genau passierte, wenn alle zwölf Zeitreisenden tatsächlich einmal
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