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Sanft wie der Abendwind

Sanft wie der Abendwind

Titel: Sanft wie der Abendwind
Autoren: Catherine Spencer
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losfahren, bevor der Stoßverkehr einsetzt.“
    Lily überlegte rasch. Sie hatte Hugos Vornamen nicht genannt, trotzdem kannte Sebastian Caine den, außerdem wusste er, wer sie war. Und er wirkte absolut gediegen: der Anzug, die Armbanduhr, ja sogar der Haarschnitt waren sichtlich teuer. Nein, Sebastian Caine sah nicht nach einem Kidnapper aus, doch der Schein konnte trügen, wie eine bittere Erfahrung sie erst vor Kurzem gelehrt hatte.
    „Ich fahre nur mit Ihnen, wenn mein Vater Ihre Identität bestätigt, Mr. Caine“, verkündete sie schließlich.
    Seinem finsteren Gesicht nach hielt er es für unverschämt, dass sie Hugo als Vater bezeichnete. Rasch zog er ein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. „Hier, bitte, bedienen Sie sich!“
    Argwöhnisch nahm Lily das Gerät und stellte fest, dass auf dem Display Hugos Name und seine Telefonnummer zu lesen waren.
    „Nun telefonieren Sie doch endlich“, forderte Sebastian Caine sie ungehalten auf, als er ihr Zögern bemerkte. „Es ist nur ein Handy, keine Bombe.“
    Hugo hob nach dem dritten Klingeln ab. „Ich bin so froh, dass du anrufst, Lily. Ich musste meine Pläne leider ändern, denn mein Rücken plagt mich mal wieder. Mein Stiefsohn Sebastian holt dich ab und bringt dich hierher. Er ist ungefähr einen Meter neunzig groß, hat dunkles Haar und sieht gut aus, wie mir Frauen immer wieder versichern.“
    Wenn man unhöflich, arrogant und herablassend hinzufügt, ist die Beschreibung perfekt, dachte Lily. „Wir haben uns bereits getroffen. Er steht direkt vor mir.“
    „Wunderbar! Frag ihn, ob wir mit dem Abendessen auf euch warten sollen.“
    Sie tat es, und Sebastian nahm ihr das Handy ab. Beim Reden wandte er ihr den Rücken zu, ganz so, als wollte er höchst vertrauliche Informationen von nationaler Bedeutung übermitteln. Die Stimme senkte er jedoch nicht. „Hugo? Wartet lieber nicht auf uns. Die Sitzung hat länger gedauert, und ich muss noch jemand besuchen, bevor ich nach Stentonbridge fahren kann.“
    Hugo schien etwas zu fragen, woraufhin Sebastian sie, Lily, missbilligend betrachtete. „Na ja, das ist Geschmackssache“, meinte er schließlich. „Familienähnlichkeit besteht jedenfalls keine. Sie könnte irgendwer von irgendwo sein.“
    Er klang, als hielte er sie für das Letzte! Leider habe ich nicht mehr Orientierungssinn als eine betrunkene Feldmaus, sonst würde ich ein Auto mieten und Sebastian Caine sagen, er könne sich sein Angebot an den Hut stecken, dachte Lily. So aber bezwang sie ihren Stolz und ließ sich von Sebastian zum Parkplatz bringen, wobei sie beinah laufen musste, um mit ihm Schritt zu halten.
    „Wie lange dauert die Fahrt nach Stentonbridge?“, erkundigte sie sich.
    „Unter normalen Bedingungen ungefähr drei Stunden, aber bei dem scheußlichen Wetter eher vier oder fünf.“ Er klang gereizt.
    „Tut mir leid, dass Sie sich meinetwegen solche Umstände machen müssen. Ich hätte nichts dagegen, mit dem Zug oder Bus weiterzureisen.“
    „Nach Stentonbridge fahren keine öffentlichen Verkehrsmittel, außerdem würde Hugo davon nichts wissen wollen. Sie sind sozusagen die verlorene Tochter, die mit allem Pomp empfangen werden soll“, erklärte er spöttisch.
    „Sie scheinen Hugos Begeisterung nicht zu teilen.“ „Weshalb sollte ich? Auch wenn Sie die sind, die Sie zu sein behaupten, dann …“ „Da gibt es kein ‚wenn‘“, unterbrach Lily ihn. „Ich kann es anhand von Dokumenten beweisen.“
    „Deren Echtheit noch überprüft werden muss.“ Sebastian stellte den Kofferkuli hinter einem schnittigen Sportwagen ab und verstaute das Gepäck im Kofferraum. „Brauchen Sie eine der Taschen?“
    „Nein.“
    „Dann steigen Sie ein! Ich hab’s eilig.“
    „Ach, ich dachte, Sie seien so gerannt, weil Sie für einen Zehnkampf trainieren“, erwiderte sie honigsüß.
    „Treiben Sie es nicht zu weit, Miss Talbot! Sie haben meine Geduld bereits auf eine harte Probe gestellt.“
    „Wie das, Sebastian?“
    Seine Miene verriet ihr, was er von der vertraulichen Anrede hielt. „Sie sind hier. Das genügt, oder?“
    „Ich bin aber nicht hier, um Sie zu sehen. Auch auf die Gefahr hin, Sie zu kränken, muss ich Ihnen sagen, dass ich bis vor zehn Minuten nichts von Ihrer Existenz wusste.“
    Er schloss den Kofferraum und half ihr eher ungeduldig als höflich ins Auto, bevor er ebenfalls einstieg. „Warum möchten Sie Hugo so plötzlich kennenlernen?“
    „Er ist mein Vater. Gibt es einen besseren
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