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Sanft kommt der Tod

Sanft kommt der Tod

Titel: Sanft kommt der Tod
Autoren: Nora Roberts J.D. Robb
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noch etwas anderes.« Eve tütete den Becher ein. »Die Farbe des Erbrochenen, die Hinweise auf einen Krampf und große Schmerzen. Ja, ich denke an Gift. Aber genau wissen wir es natürlich erst nach der Obduktion. Wir brauchen die Erlaubnis seiner nächsten Angehörigen, seine Krankenakte einzusehen. Arbeiten Sie weiter hier. Ich werde noch mal mit Mosebly sprechen und knöpfe mir danach die Zeugen vor.«
    Arnette Mosebly stapfte, einen kleinen Handcomputer in der Hand, unruhig vor dem Zimmer auf und ab.
    »Ms Mosebly? Ich muss Sie bitten, niemanden zu kontaktieren und mit niemandem zu sprechen.«
    »Oh ... ich ... Ich habe nur ...« Sie drehte den Computer so, dass Eve den Minibildschirm sah. »Ein Wortspiel. Etwas, um mich abzulenken. Lieutenant, ich mache mir Sorgen um Lissette. Craigs Frau. Jemand muss es ihr sagen.«
    »Das werden wir. Aber erst mal würde ich mich gern mit Ihnen unterhalten, möglichst an einem ungestörten Ort. Und dann muss ich mit den Schülerinnen sprechen, die den Toten gefunden haben.«
    »Rayleen Straffo und Melodie Branch. Der Beamte, der als Erster kam, meinte, sie dürften das Gebäude nicht verlassen und auch nicht zusammen warten.« Ihre plötzlich schmalen Lippen drückten überdeutlich aus, was sie davon hielt. »Diese Mädchen sind traumatisiert, Lieutenant. Sie waren vollkommen hysterisch, wie man es von Kindern unter derartigen Umständen nicht anders erwarten kann. Ich habe Rayleen zu unserem Psychologen und Melodie zu unserer Krankenschwester geschickt. Inzwischen dürften die Eltern der beiden bei ihnen sein.«
    »Sie haben ihre Eltern angerufen?«
    »Sie haben Ihre Vorschriften, Lieutenant, und ich habe meine.« Sie bedachte Eve mit dem herablassenden Nicken, das man sicher bei der Ausbildung zur Schulleiterin beigebracht bekam. »Mir geht es in erster Linie um die Gesundheit und die Sicherheit von meinen Schülerinnen. Diese Mädchen sind gerade mal zehn Jahre alt und haben dieses Szenario gesehen.« Sie nickte in Richtung der Tür, hinter der der tote Lehrer lag. »Gott weiß, was für einen emotionalen Schaden das bei ihnen angerichtet hat.«
    »Craig Foster fühlt sich ebenfalls bestimmt nicht allzu wohl.«
    »Ich muss alles Erforderliche tun, um meine Schülerinnen zu beschützen. Meine Schule ...«
    »Momentan ist dies nicht Ihre Schule, sondern ein Ort, an dem ein Verbrechen geschehen ist.«
    »Ein Verbrechen?« Die Rektorin wurde kreidebleich. »Was wollen Sie damit sagen? Was für ein Verbrechen?«
    »Das werde ich noch herausfinden. Ich möchte, dass Sie mir die beiden Zeuginnen nacheinander bringen. Wahrscheinlich ist Ihr Büro der beste Ort für die Vernehmungen. Während des Gesprächs ist ein Elternteil oder Betreuer pro Kind erlaubt.«
    »Also gut, dann ... Kommen Sie mit.«
    »Officer?« Eve blickte über ihre Schulter auf den Polizisten, der noch immer vor der Tür des Klassenzimmers Wache stand. »Sagen Sie Detective Peabody, dass ich ins Büro der Schulleiterin gehe.«
    Obwohl seine Mundwinkel unmerklich zuckten, nickte er. »Zu Befehl, Madam.«
     
    Es war etwas völlig anderes, merkte Eve, wenn man plötzlich die Chefin war und nicht das arme Wesen auf dem heißen Stuhl. Nicht, dass sie während ihrer Schulzeit allzu große Probleme mit der Disziplin gehabt hätte, erinnerte sie sich. Sie hatte größtenteils versucht, möglichst unsichtbar zu sein, alles einfach irgendwie zu überstehen und den Knast, als den sie die Schule angesehen hatte, an dem Tag zu verlassen, an dem es ihr von Rechts wegen gestattet war.
    Nur, dass ihr das nicht immer gelungen war. Ihre vorlaute Art und ihre negative Einstellung zum Unterricht hatten ihr des Öfteren einen Besuch beim Rektor eingebracht.
    Sie hatte Dankbarkeit empfinden sollen, weil ihr als Mündel des Staats nicht nur ein Dach über dem Kopf und genug zu essen, sondern auch noch eine Ausbildung zuteil geworden war. Hatte Dankbarkeit empfinden sollen für die Kleider, die sie trug, auch wenn keines davon jemals neu gewesen war. Hatte danach streben sollen, sich beständig zu verbessern, was nicht gerade leicht gewesen war, denn sie hatte nicht genau gewusst, woher sie kam, das hieß, welches ihre Ausgangsposition gewesen war.
    Woran sie sich vor allem erinnerte, waren die selbstgefälligen Vorträge und das enttäuschte Stirnrunzeln der Lehrer, die sie deutlich hatten spüren lassen, dass jemand wie sie ein Niemand war.
    Und die endlose, alles durchdringende, tödliche Langeweile während beinahe des gesamten
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