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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum
Autoren: Markus Heitz
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nieder, kehrte murrend in den Käfig zurück und stürzte sich sofort auf das Fleisch.
    »Bleiben Sie stehen und rühren Sie sich nicht«, befahl Isis Eric und den Tierschützern mit fester Stimme, streckte die Arme mit den übrigen Rippenstücken aus und zeigte sie dem Panter und dem Löwen. Dann bewegte sie sich vorwärts und verschwand zwischen den Wagen. Ohne die anderen Menschen eines Blickes zu würdigen, lief ihr die Löwin hinterher. Nur der Panter verharrte noch einen Moment auf dem Wagen und warf Eric einen langen Blick zu. Dann sprang auch er vom Dach herunter und verschwand.
    Bald darauf hörte Eric das Geräusch von sich schließenden Eisengittern und das leise Fauchen der Tiere.
    Schließlich kehrte Isis zurück. Ihr Gesicht war blass.
    »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte er gebannt.
    »Ich kenne sie lange genug – und vor allem kennen sie mich. Meinen Geruch, meine Stimme«, gab Isis zurück und schloss die Tür hinter dem Eisbären, der sich in die hinterste Ecke zurückzog und sich zum Fressen auf den Boden kauerte. Seine wachen Augen aber blieben auch weiterhin auf Eric gerichtet.
    Isis ersetzte die zerstörte Verriegelung durch einen Schraubenzieher, den sie aus der Werkzeugkiste unter dem Käfig nahm. »Ich habe einige von ihnen aufgezogen. Ich weiß, wie man mit ihnen umgehen muss.« Sie sah vorwurfsvoll auf die Halbautomatik. Eric verstaute sie rasch und drehte sich zu dem Mann mit der Kamera um. »Was war das für eine Aktion?« Er nahm ihm das Gerät mit einer raschen Bewegung weg, schaltete es aus und öffnete das Kassettenfach.
    »Hey, das gehört mir!«, protestierte der Mann schwach in schlechtem Englisch und musste dennoch zusehen, wie Eric die Kassette herausnahm und einsteckte.
    »Tierschützer, schätze ich.« Isis sagte es sehr verächtlich.
    »Ganz genau!« Der Mann sah sie empört an. »Man kann es wohl kaum als artgerecht bezeichnen, wie Sie Ihre Tiere halten! Sie machen Profit und lassen die stolzen Geschöpfe leiden. Das ist unsere Art, gegen die verachtungswürdige Haltung zu protestieren.«
    »Indem Sie sie freilassen? Sie zu Tode erschrecken? Was für eine Scheiße!«, gab Isis wütend zurück und ging mit erhobenen Fäusten auf den Mann zu. »Sie haben keine Ahnung, wie viel Mühe wir uns mit unseren Schützlingen geben!«
    Eric hielt sie zurück. »Lassen Sie das die Polizei machen, sonst bekommen Sie nur eine Anzeige wegen Körperverletzung«, riet er ihr und warf dem schon wieder ziemlich verängstigen Mann die Kamera zu. »Und Ihnen sage ich nur eins: Recht am eigenen Bild. Deswegen konfisziere ich die Aufnahme, die ohne mein Einverständnis gemacht wurden.«
    Die Tonfrau hatte ihre Schreckstarre nun endlich abgeschüttelt und griff nach der Hand des Mannes. »Los, weg hier!« Die beiden liefen los und ließen ihre bewusstlosen Kollegen zurück.
    Jetzt erschien mehr Flughafenpersonal, auch Zirkusleute rannten herbei und hielten diejenigen Eindringlinge fest, die es nicht mehr rechtzeitig geschafft hatten zu flüchten.
    Isis sah zu dem Eisbären und schüttelte den Kopf. »Unverantwortlich, diese Aktion. Die Tiere hätten getötet werden können.« Sie entdeckte den Taser auf dem Boden. »Wie bescheuert ist das denn? Die quälen unsere Tiere, nicht wir.« Isis sah Eric an. »Danke, dass Sie eingegriffen haben. Auch wenn Sie sich merken sollten, dass Sie mit einer so kleinen Waffe bei unseren Schützlingen nicht besonders weit gekommen wären.«
    »Ich schätze mal, ich war keine besonders große Hilfe.« Er drehte den Mann, der bewusstlos am Boden lag, mit dem Fuß um.
    »Sie verschafften mir die Zeit, die ich brauchte, um das Schlimmste zu verhindern.« Sie reichte ihm die Hand. »Ich nehme an, mein Vater möchte sich bei Ihnen bedanken. Hätten Sie Zeit?«
    Eric sah auf die Uhr. »Nein, entschuldigen Sie. Meine Maschine geht bald, und wenn ich meinen Flug nach Triest verpasse, werden einige Menschen sehr sauer auf mich sein.« Er lächelte schief. »Dagegen wäre Ihr Eisbär harmlos.«
    »Dann bleibt mir nur, mich bei Ihnen zu bedanken.« Isis griff in ihre Jackentasche, zog eine Freikarte für den Circus Fratini hervor und schrieb ihre Handynummer darauf. »Wenn Sie mal in der Nähe unseres Zirkus sind, rufen Sie an.«
    Er nahm das Geschenk, hob zum Abschied die Hand und machte sich mit seinem Handgepäck eilig auf den Weg zum Terminal. Kurz vor dem Eingang reinigte er die Pistole von Fingerabdrücken und warf sie in ein leeres Ölfass voller alter Putzlappen.
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