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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum
Autoren: Markus Heitz
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Tätigkeit als Schutzengel der Menschheit unmöglich werden.
    Nein, es waren keine guten Zeiten. Besser gesagt: Es war die schlechteste aller bescheidenen Zeiten, die er im Augenblick ertragen musste. Er fühlte sich jeglicher Kontrolle beraubt, als Spielball von verschiedenen Organisationen, von der Schwesternschaft bis zu den Lycaoniten. Jeder wollte ihn für seine eigenen Ziele in seine Gewalt bringen.
    »Scheiße«, fluchte er halblaut und leerte seine Kaffeetasse. Wie sehr er es doch verabscheute, nur reagieren statt agieren zu können! Es wurde für ihn jede Sekunde deutlicher, dass sein bisheriges Leben nicht mehr in der Art funktionierte, wie es das in den vergangenen Jahren getan hatte. Zu viele Menschen wussten von ihm und von dem, was er tat. Und wie er es tat.
    Eric musste lachen. Das bedeutet, dass ich entweder sehr viele Menschen umbringen oder ganz offiziell sterben muss, um in Ruhe gelassen zu werden.
    Die beiden Frauen kehrten zurück, schüttelten sich den Schnee von der Kleidung und pellten sich aus den vielen Lagen von Jacken und Pullovern, die sie gegen die Kälte vor der Tür geschützt hatten. Isis trug ein enges blaues Hemd und eine passgenaue schwarze Hose. Eric registrierte ihren sehr trainierten Körper, der die rundliche Flughafenmitarbeiterin plump aussehen ließ.
    »Entweder Trapezkünstlerin oder Bodenturnerin«, sagte er anerkennend.
    »Tierpflegerin … aber ich muss auch wie alle anderen beim Aufbau mit anpacken«, erklärte Isis belustigt. »Nebenbei kümmere ich mich noch ein bisschen um die Küche, aber mit den Artisten habe ich nichts zu schaffen. Ich bin nicht beweglich genug, und meinen Tieren macht das nichts aus.« Sie verzichtete auf den Kaffee, den ihr die Frau anbot, und sprach kurz mit ihr. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich halte mich an einen Tee. Noch ein Kaffee und mein Herz setzt aus.«
    Eric wollte eben etwas erwidern, da vernahmen sie deutliches Motorenbrummen. Zwei trübe Kreise leuchteten plötzlich im grauen Himmel auf und schwebten dicht nebeneinander zur Erde herab. Die Flughafenmitarbeiterin starrte aus dem großen Fenster, dann packte sie das Funkgerät und schrie in das Mikrofon.
    »Sie sagte, dass er keine Landeerlaubnis hat«, übersetzte Isis, »woraufhin er meinte, dass sie sich ihre Anweisungen irgendwohin schieben soll. Er müsse landen, geräumte Piste oder nicht.«
    Das Dröhnen wurde lauter. Die Maschine tauchte aus den Schneeflocken auf, rauschte über die Piste, zog weiße Schleier hinter sich her und schien nicht zu bändigen zu sein. Ein unerfahrener Pilot hätte sicherlich einen Crash verursacht, aber der Mann im Cockpit verstand sein Handwerk. Das Flugzeug beschrieb einen Bogen und kam endlich vor dem Hangar zum Stehen.
    »Das war eine ziemliche Meisterleistung«, sagte Isis. »Ich habe gedacht, dass er über die Landebahn schießt und sich in den Schnee bohrt.«
    Sie verfolgten, wie der Pilot ausstieg und auf das Gebäude zukam, ein schwarzes Köfferchen in der rechten Hand. Er hatte kaum die Tür geöffnet, da bekam er von der Mitarbeiterin eine Flut von Beschimpfungen an den Kopf, die er mit einem Lachen und einer Handbewegung abtat. Er nahm sich einen Kaffee, gab ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange und setzte sich lässig hinter den Schreibtisch.
    Eric grinste. »Da soll mal einer sagen, die Abenteurer unter den Männern seien ausgestorben.«
    Die Flughafendame beruhigte sich. Sie versetzte dem Mann einen spielerischen Schlag gegen den Oberarm, dann lachte auch sie. Während die beiden sich angeregt unterhielten, bearbeitete sie seine Papiere, die er ihr aus dem Köfferchen reichte. Als sie damit fertig war, sprach sie Isis an.
    »Sie sagt, wir können schon mal zur Maschine gehen. Unser Held der Lüfte wird noch tanken und die Ladung verstauen. In einer halben Stunde heben wir ab.« Sie streifte Pullover und Jacke über, nahm ihr Handgepäck und schlenderte zur Tür. Eric folgte ihr.
    Sie stapften durch den Schnee zur zweipropellrigen Maschine, einer ziemlich mitgenommenen Dornier 328. Sie stiegen durch die schmale Luke ins Innere und machten es sich auf den abgewetzten Sitzen bequem.
    Anscheinend hatte die Dornier einige Umbauten über sich ergehen lassen müssen. Eric kannte den Typus Maschine, der in Deutschland für Kurzstreckenflüge eingesetzt wurde. Keine Maschine hatte so ausgesehen wie diese hier. Die Anzahl der Sitze war auf zwanzig reduziert worden, die Decke war niedriger, dafür befand sich eine türlose
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