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Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)

Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)

Titel: Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
Autoren: Bradford Chris
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ließ ein wenig nach. Das Schiff konnte jeden Moment ablegen.
    »Noch sind wir nicht in Sicherheit«, warnte Miyuki und blickte zum Kai zurück.
    Soeben hatte eine Samuraipatrouille die Brauerei betreten.
    »Warum fahren wir nicht los?«, fragte Saburo ungeduldig.
    Das Schiff war voll besetzt, doch der Kapitän schien es nicht eilig zu haben.
    Miyuki zuckte die Schultern. »Vielleicht ist der Wind zu schwach?«
    Jack schüttelte den Kopf. »Davon haben wir mehr als genug.«
    Yori wandte sich an einen gutmütig aussehenden Mann, der neben ihnen saß, das Meer betrachtete und vor sich hin murmelte. »Entschuldigung«, sagte Yori, »warum fahren wir nicht?«
    Der Mann sah ihn verwirrt an, wie aus einer tiefen Trance erwacht, dann lächelte er freundlich und antwortete leise:
    »Halbrund des Hafens,
    Im Wechsel der Gezeiten
    fließt mein Leben ein und aus.«
    Jack, der die unverständliche Antwort hörte, überlegte, ob der Mann vielleicht nicht ganz richtig im Kopf war.
    Der Mann sah Yori erwartungsvoll an. Um seine Lippen spielte ein unsicheres Lächeln. »Also … was meint Ihr dazu?«
    Yori überlegte erst eine Weile, bevor er antwortete. »Euer Haiku ist so tief und bewegend wie das Meer.«
    Der Mann begann angesichts dieses elegant formulierten Lobs zu strahlen. »Ihr seid auch ein Dichter!«, rief er.
    Yori verneigte sich bescheiden.
    »Es wäre mir eine Ehre, ein Haiku von Euch hören zu dürfen«, fuhr der Dichter erwartungsvoll fort.
    »Natürlich«, antwortete Yori, bemüht, angesichts der drohenden Entdeckung durch die Samurai die Ruhe zu bewahren. »Aber wir haben uns eben gefragt, warum das Schiff noch nicht ausgelaufen ist.«
    Die Frage schien den Dichter zu überraschen. »Wir warten auf den Gezeitenwechsel.«
    »Und wann genau findet der statt?«, wollte Saburo wissen, während Jack wieder verstohlen in Richtung der Brauerei blickte. Die Samurai waren noch nicht wieder aufgetaucht, aber sicher hatten sie die bewusstlosen Pilger inzwischen gefunden.
    »Wenn es an der Zeit ist«, erklärte der Dichter. »Wenn das Wasser steigt, fließen Gezeitenströme von Ost und West in Richtung Land und stoßen unmittelbar vor der Küste von Tomo aufeinander. Fällt das Wasser dagegen, fließen sie wieder in beide Richtungen ab – und nehmen uns und alle Passagiere dieses Schiffes mit. Tomo ist nicht nur die Zwischenstation einer Reise, sondern ein Ort, an dem man darauf wartet, dass das Leben eine Wende nimmt.«
    In diesem Augenblick stürzten die Samurai aus der Brauerei und begannen, die am Kai entlangwandernden Pilger zu kontrollieren. Andere liefen ins Dorf zurück, wieder andere kamen auf die Anlegestelle zu. Jack und seine Freunde konnten, da sie ja keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollten, nur still dasitzen und zusehen, wie die Samurai näher kamen. Jack wusste, dass sein Leben an einem Wendepunkt angelangt war. Entweder sie konnten fliehen oder sie mussten sterben. Ihr Schicksal hing jetzt offenbar von der Anziehungskraft des Mondes ab.
    Zwei Samurai hatten bereits das erste Schiff in der Reihe betreten, da gab ihr Kapitän den Befehl, das Segel zu hissen und abzulegen. Jack spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Stumm betete er, der Kapitän möge den Aufruhr an der Anlegestelle nicht bemerken.
    Die Samurai eilten den Anlegesteg entlang, um zu verhindern, dass die Schiffe ablegten. Jack wechselte einen besorgten Blick mit Miyuki. Wie konnten sie jetzt noch hoffen, ihnen zu entkommen? Die Soldaten hatten schon die Mitte des Stegs erreicht, als ihr Schiff sich langsam in Bewegung setzte und ein Windstoß das Segel blähte.
    Doch hatten Jack und seine Freunde das Gefühl, dass sie nur quälend langsam vorankamen. Die Samurai schrien dem Kapitän etwas zu und rannten den Steg entlang, so schnell sie konnten, um das Schiff noch einzuholen. Zum Glück übertönte das im Wind knatternde Segel ihr Geschrei, und der Kapitän war ganz darauf konzentriert, das Schiff durch die enge Mündung des Hafens zu steuern. Und dann nahmen sie plötzlich Fahrt auf. Die zurückweichende Flut hatte sie erfasst und trug sie hinaus auf das Binnenmeer. Sie waren gerettet.
    Zum ersten Mal seit über einem Jahr fiel jede Anspannung von Jack ab. Sie waren den Samurai entkommen und er war auf das Meer zurückgekehrt. Saburo schlief fest und schnarchte, sein Pilgerhut schützte sein Gesicht vor der hellen Frühlingssonne. Yori tauschte mit dem Dichter Haikus aus, während die stets wachsame Miyuki über das Meer blickte, um zu
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